Sobald irgendwo in der Nähe einer Burg Windräder aufgebaut werden sollen, gibt es häufig Ärger (z.B. hier, hier und hier). Denkmalpfleger in Hessen verlangen nun eine fünf-Kilometer-Schutzzone um alte Gemäuer. Vorgeschrieben sind indes mindestens 1000 Meter Abstand zu den Ortsrändern.
Konkret geht es um einen Windpark in Sichtweite der Burg Braunfels in Mittelhessen.
Die zwischen den Orten Altenkirchen und Philippstein geplanten Anlagen würden innerhalb der fünf-Kilometer- aber außerhalb der ein-Kilometer-Zone liegen. Nun ist es an den Behörden, eine Abwägung zu treffen. Mal wieder heißt es: Denkmalschutz kontra Energiewende.
Der örtliche, parteilose Bürgermeister würde die Flächen gerne an den Windpark-Betreiber verpachten. Von Braunfels aus seien sie ja kaum zu sehen.
Er weist darauf hin, dass dann rund 70 Prozent des lokalen Energiebedarfs durch Windkraft gedeckt werden könnten.
Das ist natürlich eine Milchmädchenrechnung, da die Betreiber selbstverständlich ins Netz einspeisen, um hohe Vergütungen zu kassieren, statt mit ihrem Strom die Laternen des nächsten Dorfs am Leuchten zu halten…
Die Bürgerinitiative „Windkraft mit Vernunft“ kritisiert u.a., dass die drei Windräder auf einer Anhöhe stehen sollen, wo sie Schloss Braunfels überragen würden. Ein Flyer mit den Argumenten der Initiative findet sich hier als PDF.
Das Regierungspräsidium Mittelhessen als Genehmigungsbehörde scheint es sich leicht machen zu wollen: Erst wenn „erhebliche optische Beeinträchtigung“ vorlägen, sei die Anlage nicht zulässig, teilte eine Sprecherin auf Anfrage von Mittelhessen.de mit.
Wann die Beeinträchtigung „erheblich“ ist, entscheidet die Behörde dabei selbst – und wenn sie es für richtig hält, darf sie das Genehmigungsverfahren nichtöffentlich abwickeln. Das Ergebnis in einem solchen Fall ist ja vorhersagbar…
Ich habe im Gegensatz zur Bürgerinitiative eher wenig gegen Windräder in Burgennähe einzuwenden. Das Opfer muss man für die Energiewende eben bringen.
Was mich stört, sind übertrieben hohe Subventionen für Ökostrom und intransparente „nichtöffentliche“ Genehmigungsverfahren.
Gegen Behörden und Räte, die sich so verhalten, helfen eigentlich nur Bürgerbegehren.
Mehr zum konkreten Fall in einem Artikel von Sabine Preisler bei Mittelhessen.de: „Stören Windräder Schloss?“ (nicht mehr online verfügbar)
Schloss Brunfels (1246 erstmals urkundlich erwähnt) hat eine interessante Geschichte: Seit 1280 wohnen hier die Grafen von Solms, seit 1384 die Grafen von Solms-Braunfels. Und zwar bis heute. Das ist schon eine Leistung.
Mehrfach zerstört, wurde das Schloss immer wieder neu aufgebaut. Im 19. Jahrhundert waren die Grafen stark von der Rheinromantik angesteckt und bauten das Schloss zu einer Art idealer Fantasie-Ritterburg mit allerlei Türmchen im Stil des Historismus aus.
Das Vorbild war die Burg Rheinstein.
Der mittelalterlicher Kern und die barocken Anbauten bleiben allerdings noch zu erkennen. Eine Besichtigung der Burg im Rahmen von Führungen ist ebenso möglich wie eine Schloss-Hochzeit. Mehr dazu auf der Schloss-Website.
Wenn mal eine fremde Armee in Hessen einmarschiert, sollten ihre Kanoniere tunlichst einen Bogen um Schloss Braunfels machen, denn dieses ist durch die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut geschützt. Ein Angriff auf das Denkmal wäre ein Kriegsverbrechen…
Schloss Braunfels als Drehort
Das „romantisch-mittelalterliche“ Ambiente von schliss Braunfels zieht auch Filmteams an.
Im Spätsommer 2023 wurde auf dem Schloss der Kinder-Detektivfilm „Max und die Wilde 7 – Die Geister-Oma“ gedreht, der im Mai 2024 in die Kinos kam. Mit dabei unter anderem: Uschi Glas.
Noch weitere Windräder in der Nähe des Schloss Braunfels zu bauen, würde der Würde des Schlosses abträglich sein. Mit jedem Windrad wird die Landschaft verschandelt.
Auf der Haut-Koenigsbourg gibt es sogar ein eigenes Windrad ;)
Generell stellt sich hier die Frage, ob das Umfeld eines Denkmales auch zu schützen ist. Und ob das dann so „historisch korrekt“ wie möglich zu gestalten ist. Dann müsste man aber auch die Wälder rund um die Burgen abholzen…
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