Zum Inhalt springen
Röntgenbild der Eisernen Hand. Finger sind zu erkennen. Foto: BLfD,
Startseite » Freising: Skelett mit Eisenhand ausgegraben

Freising: Skelett mit Eisenhand ausgegraben

Bei Ausgrabungen in Freising sind Archäologen auf ein Skelett mit einer eisernen Handprothese gestoßen. Die Knochen stammen aus der Zeit zwischen 1450 und 1620. Das meldet das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD).

Ein seltener Fund: Insgesamt sind europaweit nur etwa 50 Prothesen aus dieser Zeit erhalten – von einfachen Prothesen zu ausgefeilten Konstruktionen aus Metall und Leder. Am bekanntesten ist freilich die Eiserne Hand des Ritters Götz von Berlichingen. Es existieren übrigens noch zwei der „Götzhände“, gefertigt um 1504 und 1530.

Es wäre also denkbar, dass der lange verblichene Mensch aus Freising ein Zeitgenosse des rauflustigen Ritters vom Neckar gewesen sein könnte…

Fundort der Freisinger Hand ist ein Grab nahe der Stadtpfarrkirche St. Georg. Diese befindet sich nur wenige Minuten Fußweg entfernt von der einstigen fürstbischöflichen Residenz, von wo aus die Freisinger Erzbischöfe das Ländchen regierten.


Die Eiserne Hand von Freising. Das Röntgenbild oben zeigt, wo die Finger aus Metall an der Prothese waren. Fotos: BLfD

Amputation noch zu Lebzeiten

Bei dem im Zusammenhang mit Leitungsarbeiten gefundenen Skelett eines etwa 1,70 Meter großen Mannes fehlen Teile der Finger der linken Hand. Sie wurden wahrscheinlich zu Lebzeiten amputiert.

Die hohle Handprothese der linken Hand ergänzte vier Finger. Zeige-, Mittel-, Ring- und Kleinfinger sind einzeln aus Blech geformt und unbeweglich. Die Fingernachbildungen liegen leicht gekrümmt parallel nebeneinander“, sagt Dr. Walter Irlinger, Abteilungsleiter beim BLfD.

Daumen war noch nutzbar

Der Daumenknochen ist noch vorhanden, er sei „an der Innenseite der Prothese festkorrodiert“.

Das bedeutet, dass der Mann seinen Daumen noch einsetzen konnte und die Prothesen-Finger als eine Art Widerlager dienten, um die Hand wieder einigermaßen zum Greifen nutzen zu können.

Die starre Eisenhand hat zur Zeit ihrer Nutzung vermutlich nicht wie ein martialisches Teil einer schimmernden Rüstung ausgesehen, sondern war mit Leder überzogen. Sie wurde vermutlich mit Riemen an den Stumpf der Hand geschnallt.

Damit sie beim Tragen nicht scheuerte, war sie mit einem mullbindenartigen Textil gepolstert, von dem sich Reste erhalten haben.

Das ungefähre Sterbejahr des Unbekannten mit der geschmiedeten Eisernen Hand konnte mit der Radiokarbonmethode (C14) auf die Zeit zwischen 1450 und 1620 eingegrenzt werden. Seine Todesursache ließ sich bislang nicht ermitteln.

Freigelegtes Skelett, an der linken Hand ist als Klumpen die Handprothese zu erkennen. Bestimmung: Franziska Schreil M.A. / Foto: Archäologisches Büro Anzenberger & Leicht

Kriegerische Zeiten im Reich

Der Prothesenträgers lebte in „interessanten Zeiten“. Im Flickenteppich des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation flammten militärische Konflike unter dem Deckmantel des Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten auf. Verletzungen durch Hieb- oder Feuerwaffen bis hin zu großen Belagerungskanonen waren entsprechend häufig.

Ausgefeilte, meist von Harnischmachern auf Maß gefertigte Prothesen aus Metall konnten sich allerdings nur wenige Begüterte leisten.

Jüngere Eiserne Hand des Ritters Götz von Berlichingen, um 1530, Museum der Burg Jagsthausen. Glasnegativ von Wilhelm Kratt (1887–1968) / Foto: Wikipedia / Landesarchiv Baden-Württemberg / CC-BY-SA 3.0

Ritter Götz von Berlichingen, der Herr von Burg Hornberg, verlor seine rechte Hand 1504 bei der Belagerung Landshuts übrigens durch einen Kanonenschuss. Im Gegensatz zu der Freisinger Eisenhand waren seine Prothesen beweglich und technisch außergewöhnlich komplex.

Eiserne Hand im Wappen

Die Stadt Jagsthausen, in deren Gebiet die Burg liegt, auf der von Berlichingen aufwuchs, hat Götz‘ Eiserne Hand übrigens in ihr Wappen aufgenommen. In Freising können sie sich das jetzt ja mal überlegen.

Das Wappen von Jagsthausen / gemeinfrei

Weiterlesen:

Der Bayerische Rundfunk hat einen Filmbeitrag zur Eisernen Hand online gestellt.

Eine Liste mit erhaltenen, historischen Eisernen Händen gibt es dankenswerterweise in der Wikipedia.

Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des BLfD: „Faszinierender Fund: Mittelalterliches Skelett mit Handprothese entdeckt“ (Link zum Artikel)

Danke an den Zeitspringer-Blog fürs Aufmerksam machen.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert