Der 8. Juni 793 war ein folgenreiches Datum. Mit dem blutigen (und ziemlich erfolgreichen) Überfall auf das reiche Kloster auf der Insel Lindisfarne läutete ein Trupp Skandinavier die „Wikingerzeit“ ein.
Wer heute die windige Insel vor der nordenglischen Küste besucht, sieht noch die fotogenen Klosteruinen. Als ob die Nordmänner gerade erst durchgezogen wären. Einige hundert Meter entfernt überblickt Castle Lindisfarne von einem Felsen aus die Nordsee.
Hätten sich die Mönche retten können?
Dabei stellt sich die Frage, ob sich die Mönche nicht relativ einfach hätten in Sicherheit bringen können.
Hätten die Gottesmänner nicht mit ihren wichtigsten Reliquien auf die wenige hundert Meter entfernte Burg auf dem steilen Beblowe Crag flüchten können?
Dort hätten sie sich doch locker betend hinter dicken Mauern verbarrikadieren können, während die Wikinger das Kloster plünderten, oder?
Die Antwort heißt Nein.
Erstmal waren selbst verteidigte kleinere Befestigungen für die kampferprobten Nordmänner kein Hindernis.
Und zweitens war der heutige Burgfelsen im Jahr des überraschenden Wikingerüberfalls höchstwahrscheinlich nicht einmal minimal befestigt.
Wer dort hin flüchtete, saß zwischen Klippen und Meer in der Falle.
Die Geschichte von Lindisfarne Castle beginnt erst mehrere Jahrhunderte nach der Wikingerzeit. Sie hat aber auch mit einem kriegerischen Gegner aus dem Norden zu tun – und ein bisschen mit den Ehefrauen Heinrichs VIII.
Ärger mit dem Papst: Heinrich VIII. lässt das Kloster schließen
Eine Folge des Bruchs von König Heinrich VIII. mit dem Papst in Folge des Streits um seine geplante Hochzeit mit Anne Boleyn war die Auflösung der verbliebenen englischen Klöster.
Die Abtei Lindisfarne auf der Holy Isle, die nach Ende der Wikingerzeit 1069 wieder von Geistlichen bewohnt wurde, ereilte der Befehl zur Schließung im Jahr 1536. 1541 waren die Benediktinermönche fort. Ihre Gebäude inklusive der Abteikirche blieben zunächst stehen.
Doch die Region war erneut von Überfällen bedroht. Diesmal steckten schottische Clans dahinter.
König Heinrich VIII. befahl daher die Befestigung der Insel.
Das lief zwischen 1542 und 1549 auf den Bau einer Kanonenplattform mit einigen der damals üblichen Feldschlangen auf dem heutigen Burgberg hinaus.
Die Feuerrohre schützten den kleinen Hafen, in dem wohl einige Schuppen mit Material zur Unterstützung englischer Kriegsschiffe errichtet wurden.
Als Baumaterial dienten Steine des nahen Klosters. Dass sich dieses heute als Ruine präsentiert, hat also nichts mit den zerstörerischen Wikingern und umso mehr mit den königlichen Ingenieuren und dem Zahn der Zeit zu tun.
Königin Elisabeth I. ließ 1570 und 1571 die Befestigungen verstärken und weitere Geschützplattformen für am Ende 21 Kanonen anlegen.
Als 1588 Schiffe der Spanischen Armada um England und Schottland herum flüchteten, führte ihr Kurs mit weitem Abstand um die englische Küste mit ihren Untiefen und Kanonen herum.
Konflikte um Castle Lindisfarne
Zu kriegerischen Auseinandersetzungen um die Burg kam es nur zwei Mal: 1646, im englischen Bürgerkrieg, forderten Royalisten die dem Parlament treue Besatzung auf, die Festung zu räumen. Die Parlamentstruppen konnten sich jedoch halten.
1715 übernahmen jakobitischen Rebellen unter Launcelot Errington kurzzeitig die Burg. Die königliche Seite konnte die Befestigung aber schnell zurückerobern
Seit 1707, mit der Vereinigung von England und Schottland, war eine Burg so nahe an der früheren Grenze eigentlich militärisch sinnlos geworden. Außer eben gegen Putschversuche aus dem Norden…
Erst 1893, nach Ende der napoleonischen Kriege, zogen die Soldaten ab, und die Burg wurde zum Wachtposten der Küstenwache.
Ihren heutigen Zustand erhielt die Burg durch den Zeitungsverleger Edward Hudson (1854–1936), der sie 1901 gekauft hatte. Durch den Architekten Sir Edwin Lutyens ließ Hudson die Anlage für Wohnzwecke im Sommer umbauen.
Er war Gründer und Besitzer des Magazins Country Life, einer Art britischer „Landlust“. Vor dem Ersten Weltkrieg entstand auch ein ausgedehnter Landschaftsgarten. Nach dem Ersten Weltkrieg verkaufte der Verleger die Immobilie.
Heute gehört die Burg dem National Trust und kann besichtigt werden. Der Eintritt beträgt 8,50 Britische Pfund für Erwachsene und 4,25 Pfund für Kinder. Der Landschaftsgarten wurde in den Jahren 2002 und 2006 restauriert.
Drehort Burg Lindisfarne
Die Burg mit ihrer malerischen Lage taucht auch immer wieder als Drehort in Filmen auf. Roman Polanskis Drama „Wenn Katelbach kommt…“ wurde komplett in der Burg und der Region gedreht.
Hier einige YouTube-Bilder von Lindisfarne Castle:
Wo liegt Lindisfarne?
Die Gezeiteninsel Lindisfarne liegt an der Nordostküste Northumberlands in England. Das ist ungefähr auf halbem Weg zwischen Edinburgh und Newcastle/Tyne.
In der Nähe verläuft die Autobahn A1. Der nächste Bahnhof ist Berwick/Tweed.
Es gibt einen Damm mit einer Straße zur Insel. Aber Vorsicht, diese etwa 4,5 Kilometer lange Strecke wird bei Flut teilweise überspült.
Es landen immer wieder Autos in der Nordsee.
Am Damm steht daher sogar eine Rettungshütte auf Stelzen. Infos auf der Seite des Holy Island Guesthouse.
Weiterlesen:
Website von Castle Lindisfarne mit ausführlichen Informationen zur Geschichte der Burg
Für das Magazin „Spiegel Geschichte“ hat Angelika Franz über Lindisfarne und die Wikinger geschrieben unter dem Titel „Gesalbt und gekrönt“. Ihr Artikel ist als PDF online verfügbar.
Der Deutschlandfunk brachte 2018 zum Jahrestag einen Beitrag: „Vor 1225 Jahren: Wikingerüberfall auf Kloster Lindisfarne“ (Link zum Artikel)
Der Blog „Miss Jones“ klärt die interessante Frage auf: „Woher kamen die Wikinger“ (Link zum Artikel)
Bei der Einordnung hilft auch ein kurzer Artikel von Prof. Dr. Martin Kaufhold bei „Damals.de“: „Die Züge der Wikinger
Das grimmige Antlitz des Aufbruchs“ (Link zum Artikel)
Weitere Infos zum Castle und den diversen dort gedrehten Filmen stehen auf der Seite nordengland-info.de
Guten Abend!
Diese Art von Sendungen sind eine sehr interessante Art&Weise
sie zu benutzen, nicht nur als privat Lektüre sondern auch als
Material für Deutsch als Fremdsprache Kurse oder Lesekreis.
Dankeschön
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