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Werner Siemens‘ Kampf um die Festung Friedrichsort im Jahr 1848




Info-Tafel vor den Resten der Festung Friedrichsort / Foto: gemeinfrei
Info-Tafel vor den Resten der Festung Friedrichsort / Foto: gemeinfrei / Bild oben: Kasematten der Festung / Foto: Wikipedia / Matthias Süßen / CC-BY-SA 4.0
April 1848: Die Herzogtümer Schleswig und Holstein sind Teil des Königreichs Dänemark. Noch.

Denn zwischen Nord- und Ostsee gärt es gewaltig. Die Forderung nach einer freiheitlichen Verfassung wird laut.

Im März hat eine provisorische Regierung die Macht an sich gerissen und die Festung Rendsburg überrumpelt. Kopenhagen, damals noch durchaus kampfeslustige mittlere Militärmacht, droht mit Vergeltung.

Der dänischen Marine haben die aufrührerischen Nordlichter nichts entgegenzusetzen. Die königlichen Kanonenboote brauchen eigentlich nichts anderes zu tun als die Kieler Förde hinaufzudampfen, vor der dänischen Seefestung Friedrichsort festzumachen und ihre Mündungen auf das ungeschützte Kiel zu richten.

Mangels eigner Marine hätten da auch die deutschen Staaten nicht helfen können.


Gemälde von August Deusser (1917): Ausrufung der Provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, 24. März 1848. Wikipedia / Ws-KuLa / CC-BY-SA 3.0
Gemälde von August Deusser (1917): Ausrufung der Provisorischen Regierung von Schleswig-Holstein, 24. März 1848. Wikipedia / Ws-KuLa / CC-BY-SA 3.0

Der bürgerliche Aufstand an der Waterkant wäre wohl innerhalb von Minuten zusammengebrochen, und die dänische Regierung hätte sich auf demütigende Entschuldigungsschreiben und Treueschwüre aus Kiel einstellen können.

Es musste also schnell etwas passieren. Der rettende Plan kam von einem preußischen Leutnant, der ansonsten für seine Elektrotüfteleien bekannt war: Werner Siemens.

Siemens verlangte von der Armeeführung die schnelle Besetzung der Seefestung Friedrichsort, die die schmalste Stelle der Kieler Förde kontrolliert.

Die fünfeckige Festung – von den Dänen im Dreißigjährigen Krieg zum Schutz vor den Schweden gebaut – lag auf einer schmalen Landzunge. Sie wurde durch Wälle, Schanzen und zwei Wassergräben geschützt.

Wie so eine Festung ausgesehen hat, kann man heute noch im niederländischen Bourtange sehen.

Die Armee sah sich nicht in der Lage, Truppen dafür bereitzustellen. Man erlaubte dem rührigen Siemens aber, sich an die Kieler Landwehr zu wenden, eine Bürgermiliz.

200 Mann gegen die Dänen

Den Kielern war die militärische Notwendigkeit schnell klar – schließlich konnte die Festung jederzeit verstärkt werden und ihre Stadt bedrohen. Sie erklärten sich bereit 200 Mann in Marsch zu setzen, wenn Siemens die Aktion leiten würde.

Der preußische Leutnant Werner Siemens, Daguerreotypie von 1842 / gemeinfrei
Der preußische Leutnant Werner Siemens, Daguerreotypie von 1842 / gemeinfrei
Um Mitternacht begann einer der unblutigsten Überfälle der Kriegsgeschichte.

Die mit Flinten bewaffneten Kieler schlichen auf die Festung zu, wo sie zu ihrer Verblüffung die Wassergräben trocken, die Zugbrücke heruntergelassen und keinerlei Wachen vorfanden.

Unter großem „Hurra“-Geschrei wurde die Anlage daraufhin gestürmt und besetzt.

„Ein Widerstand irgendwelcher Art machte sich leider nicht bemerklich“, bedauert Siemens in seinen Lebenserinnerungen (S. 38 ff, bezahlter Link zu Amazon).

Die gesamte dänische Besatzung der Festung bestand aus „sechs alten Sergeanten und Feuerwerkern“ – Einheimischen in dänischen Diensten -, die die Bürgerwehr voller Stolz als „erste Kriegsgefangene“ nach Kiel schickte.

Nun saß Siemens im Kommandantenhaus unter einer riesigen schwarz-rot-goldenen Fahne. Aber die Dänen beherrschten weiter die See. Ein Blockadeschiff war meist in Sichtweite.

Drei rostige Kanonen

Der frischgebackene Festungsbefehlshaber ließ erstmal die heruntergekommenen Mauern ausbessern und die vorhandenen drei rostigen Kanonen entmotten.

Wichtig war ihm der Bau eines Ofens. Dieser war allerdings weniger zum Heizen oder Kaninchenbraten gedacht als dafür, Kanonenkugeln bis zum Glühen zu erhitzen, um auf den Holzschiffen der Dänen größtmöglichen Schaden anzurichten.



Die Reste der Festung Friedrichsort / Foto: Wikipedia / Genet / CC-BY-SA 3.0
Die Reste der Festung Friedrichsort / Foto: Wikipedia / Genet / CC-BY-SA 3.0
Zu seinem Ärger schmolz die Landwehr-Besatzung der Festung immer mehr zusammen, da die Männer „unaufschiebbare Aufgaben“ in Kiel geltend machten.

Es lag auf der Hand, dass die Festung einen entschlossenen Angriff dänischer Truppen nicht überstanden hätte. Siemens kam daraufhin auf eine innovative Idee: Ferngesteuerte See- und Landminen.

Er ließ daraufhin speziell abgedichtete, fünf Zentner Schwarzpulver-Fässer in der Förde versenken (Pulver hatte man seit der Einnahme der Festung Rendsburg genug). Ein Fass ließ er in einer Bastion der Festung verbuddeln, um die Landseite von Friedrichsort zu schützen.

Wer hat’s erfunden? Siemens!

Siemens war sehr stolz auf seine Erfindung und noch Jahrzehnte später beleidigt, nicht als Erfinder der Seemine zu gelten.

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Dummerweise war die elektrische Zündung fehleranfällig. Es gab keine Sicherung: Sollten sich die Zünddrähte ungewollt berühren, löste der Mechanismus aus. Und genau das passierte vor der Festung mit desaströsen Folgen.

Hinterher einigte man sich auf die Version „ein Windstoß“ sei schuld gewesen: Jedenfalls kam es irgendwie zum Kontakt der Zünddrähte für die Mine direkt vor der Festung. Sie explodierte in einem weithin sichtbaren Feuerball und demolierte Teile der Befestigungen.

Auch auf die Dänen hatte die Panne eine Wirkung: Statt die qualmende Festung zu stürmen, zogen sie ab. In Kopenhagener Zeitungen stand hinterher zu lesen, der Kieler Hafen sei mit Seeminen gepflastert.

Eine davon sei explodiert und habe die Festung Friedrichsort zerstört.

Während der Auseinandersetzungen um Schleswig-Holstein hat daraufhin nie ein dänisches Kriegsschiff versucht, den Kieler Hafen zu attackieren.

Verein will Festung erhalten

Die Festung wurde nach dem Ersten Weltkrieg entfestigt. Heute sind noch Wälle, Gräben und Gewölbe übrig. Der 2004 gegründete Verein der Freunde der Festung Friedrichsort möchte das Denkmal „in seine jetzigen Zustand erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar machen„. Siehe dazu auch diesen Artikel von Oktober 2014 aus dem Flensburger Tageblatt: „Aus dem Dornröschenschlaf erwecken„.

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Mehr zu Burgen und Schlössern in Schleswig-Holstein steht hier im Blog.

Blick auf die Reste der Festung Friedrichsort heute:



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