Nun hat auch Kärnten eine mittelalterliche Burgen-Baustelle, wie im französischen Guédelon. Am 2. Mai 2009 wurde die Baustelle auf einem Hügel im Süden der Stadt feierlich eröffnet. Das meldet die Friesach-Homepage (Artikel inzwischen offline).
Auf einem 6,5 Hektar großen Bauplatz soll innerhalb der nächsten 30 Jahre eine neue „alte“ Burg entstehen. Grund für das Schneckentempo: Gebaut wird einzig mit Handwerkstechniken aus dem Mittelalter.
Wichtigste Einzelprojekte sind ein Turm, die Ringmauer, Toranlagen, ein Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäude, der Brunnen und die Kapelle. Detailgetreu soll alles vom Grundstein bis zum Dachziegel wie vor 800 Jahren hergestellt und verbaut werden.
Die Steine werden vor Ort gebrochen und zugehauen. Kalk wird in Öfen gebrannt. Ochsen- und Pferdekarren transportieren schwere Teile. Für das Essen sorgt die Feldküche.
Im zweiten Schritt treten dann Steinbrecher und Maurer in den Bau ein. Deren Aufgabe ist es, das Herzstück der mittelalterlichen Burg – den Bergfried – zu errichten. Die nötigen Vermessungsarbeiten führen die Handwerker mit der zeitgenössischen Zwölfknotenschnur und der Setzwaage (Vorläufer der Wasserwage) aus.
Spätestens, wenn der Arbeitsschutz die Baustelle unter die Lupe nimmt, werden die Österreicher übrigens merken, dass das so alles nicht geht. Kräne, die nur mit Hanfseilen bestückt sind, entsprechen nicht den EU-Normen.
In Guédelon behilft man sich mit kleinen Tricks, zum Beispiel eingewebten Stahlseilen. Baufachleute und Historiker planen den Burgbau in Zusammenarbeit mit der Landesinnung Bau Kärnten und der Uni Klagenfurt. Die große Vision der Planer: „Friesach wird Zentrum für altes Handwerk, Restaurierung und Forschung, nachhaltige strukturelle Veränderungen für die gesamte Region“.
50 Arbeitsplätze sind geplant. Bewerbungen – speziell für Leute, die alte Handwerke erlernen möchten – werden in Kürze per Mail angenommen. Ursprünglich war mal, die Rede davon, das ganze als Arbeitsbe-schaffungsmaßnahme für 40 Langzeitarbeitslose einzusetzen. Aber davon hat man sich offenbar verabschiedet.
Die Baustelle soll, wie Guédelon, ein überregionaler Tourismusmagnet werden (und trotz aller Beteuerungen über „historische Forschung“ scheint mir das der eigentliche Grund des ganzen Projekts zu sein). Besuche sollen von März bis Oktober möglich sein. Die Gemeinde kalkuliert mit 100.000 Besuchern(!) pro Jahr.
Dahinter steht eine eigens gegründete Burg Friesach Errichtungs-GmbH. Im Zeichensaal im historischen Fürstenhof im Zentrum von Friesach wurden die Pläne erstellt. Dort wird auch der Baufortschritt dokumentiert.
Zur Finanzierung des sechs-Millionen-Euro-Projekt finden sich weder in dem PR-Text noch auf der Friesach-Homepage ein Wort. Doch gerade das hätte mich schon interessiert, schließlich wird zum allergrößten Teil mit Steuergeld gebaut.
Ich hatte den Plan ja schon im Dezember 2007 kritisch betrachtet. Denn in der Burgenstadt Friesach gibt es bereits mehrere Burgen (u.a. Schauplatz der Friesacher Burghofspiele), denen durch so ein Prestigeprojekt möglicherweise das knappe Geld für nötige Sanierungen abgegraben wird.
Der später tödlich verunglückte Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte sich hinter das Projekt gestellt und eine Drittelfinanzierung durch EU, Land Kärnten und Gemeinde geplant.
Link: Homepage der Burg Friesach
Die neue Homepage ist heute am 11.07.2012 anscheinend online: http://www.burgbau.at/
Die Burg Errichtungs GmbH in Friesach hat sich im Streit von 2 der Initiatorinnen getrennt. Es kriselt ziemlich in dem Projekt. Am 06.07.2012 wurde die Homepage abgedreht. Es gibt die Info, das die Marketingabteilung von Friesach eine neue Homepage plant oder schon hat, aber keine genauerern Infos.
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