Burgen tauchen gerne als Paare auf.
Zum Beispiel die „feindlichen Brüder“ am Rhein oder die Drei Gleichen in Thüringen. Südlich von Koblenz findet sich auch so ein Paar: Burg Lahneck und Schloss/Burg Stolzenfels. Beide sind Grenzburgen.
Nachdem der Mainzer Erzbischof die rechtsrheinsche Burg Lahneck (an der Nordgrenze seines Territoriums) hatte bauen lassen, folgte sein Trierer Amtsbruder Arnulf II. von Isenburg Mitte des 13. Jahrhunderts in Sichtweite mit der linksrheinischen Burg Stolzenfels.
Kurtrier erreichte am Rhein seine östlichste Ausdehnung, stieß hier auf Kurmainz, Kurköln und die Pfalz.
Der 22 Meter hohe, fünfseitige Bergfried hat sich aus dieser Zeit noch erhalten (er sollte so Geschossen weniger Angriffsfläche bieten und sie möglichst abgleiten lassen).
Zwischen 1388 und 1418 fügten die bischöflichen Landesherren mit einem Wohnturm und einem Palas an der Rheinseite den dringend nötigen Wohnkomfort hinzu.
Burg für den abgesetzen Bischof
Zumindest als Sitz eines Ex-Bischofs wurde Stolzenfels in dieser Zeit für würdig befunden.
Dem im Bistumsstreit abgesetzten Ulrich von Manderscheid wurde von einem Schiedsgericht Burg Stolzenfels als Wohnsitz zugewiesen.
Im Dreißigjährigen Krieg machten es sich hier erst die Schweden (1632), dann die Franzosen gemütlich. Letzteren gefiel es so gut, dass sie 1634 und 1646 jeweils gleich zwei Jahre blieben.
Der erneute Einfall der Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg brachte der Burg dann 1689 die Zerstörung – wie so vielen anderen Anlagen in der Nähe der damaligen Grenze.
Die nächsten 150 Jahre gab es hier nur noch Ruinen zu besichtigen. Die französische Besatzung übergab diese Anfang des 19. Jahrhunderts an die Stadt Koblenz.
Dass es mit der napoleonischen Ära zu Ende ging, merkte man auf Burg Stolzenfels hautnah. In der Neujahrsnacht 1814 überquerten hier russische Truppen unter General Graf de St. Priest den Rhein: Auf dem Weg nach Paris.
Blick von Burg Lahneck hinüber nach Stolzenfels
1815 kam das gerade an Preußen gefallene Koblenz auf die geniale Idee, die Ruine dem preußischen Kronprinzen (und späteren König) Friedrich Wilhelm zu schenken, einem bekennenden Architektur-Fan.
Der bauverrückte Hohenzoller ließ die Burg zwischen 1826 und 1842 durch Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler als Schloss neu aufbauen. Der Monarch wünschte hier am Rhein eine Sommerresidenz.
Von „Rekonstruktion“ kann keine Rede sein, da der König sich auf den mittelalterlichen Fundamenten ein zinnenbekränztes, neogotisches Prachtschlösschen (Eigenwerbung: „Kronjuwel der Rheinromantik“) mit ockergelbem Anstrich auf den Berg setzen ließ, das mit dem wehrhaften Vorgängerbau nun kaum mehr etwas zu tun hatte.
Den Rittersaal gestaltete Schinkel nach dem Vorbild des Rempters der westpreußischen Marienburg (Fotografieren ist im Inneren leider verboten).
Natürlich ließ die sammelfreudige Majestät das Schloss mit Ritterrüstungen und historischen Blankwaffen vollstopfen.
Queen Victoria kam auch
1842, beim feierlichen Einzug, musste das Personal dann in mittelalterlichen Gewandungen auflaufen.
Der Mummenschanz kam beim europäischen Hochadel so gut an, dass Queen Victoria Stolzenfels 1845 einen Besuch abstattete. Der stolze König öffnete das Schloss auch für Besucher.
Seit 2000 gibt es einen Förderverein. Und seit 2002 ist das Schloss Unesco-Weltkulturerbestätte (als Teil der Welterbestätte Oberes Mittelrheintal).
Übrigens: Im Sommer 2023 war Schloss Stolzenfels einer der Drehorte für das ARD-Weihnachtsmärchen „Das Märchen von der Zauberflöte“ mit Jessica Schwarz aus der Reihe „Sechs auf einen Streich“.
Links: Grundlegende Infos hat der Wikipedia-Eintrag. Mehr zur Baugeschichte steht in der Ebidat-Datenbank.
Lage: Schloss Stolzenfels, Rhenser Straße 33, 56075 Koblenz-Kapellen
Fotos: Meine (zum Vergrößern anklicken)