Sie feuerten verzweifelt auf die immer wieder vordringenden Sowjets. Für die NS-Ideologie war der Platz ungemein wichtig.
Ein TV-Team des Propagandaministeriums kam vorbei, filmte Soldaten, russische Panzerwracks und Schäden am westpreußischen Gemäuer für einen Filmbeitrag der NS-Wochenschau vom 17. März 1945.
Die vorrückenden Sowjets beeindruckte das wenig. Sie zerhämmerten die Widerstandsnester in der Burg mit schwerem Artilleriefeuer. Am Ende waren 60 Prozent der Ordensfeste zerstört und die Räume von den abziehenden Deutschen geplündert.
Von der Burg blieb eine staubige Ruinenlandschaft – freigegeben zur erneuten Plünderung für die neuen Besatzer.
Dass an einem Nebenfluss der Weichsel, 60 Kilometer südöstlich von Danzig, überhaupt eine so große Burganlage steht, ist einem Nahostkonflikt zu verdanken. Zumindest indirekt:
Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Deutschordensritter im Heiligen Land buchstäblich kein Bein mehr auf die Erde bekommen. 1291 war Akko gefallen, die letzte Kreuzfahrer-Festung im Gebiet des heutigen Israel.
Daher brauchten die adeligen Mönchskrieger mit den flatterigen Kreuz-Umhängen ein neues Betätigungsfeld.
Womit hätte man sonst die ausgedehnten Besitzungen rechtfertigen sollen? Wie etwa die vielen Deutschordens-Kommenden, die den Rittern reichlich Steuereinnahmen bescherten?
Und der spätere polnische König brauchte dringend bewaffneten Beistand (er sollte diese Einladung an die teutonischen Schwertträger später bitter bereuen).
Um 1270 begannen daher die Bauarbeiten am Stützpunkt Marienburg. 1280 war der Nordflügel des Hochschlosses mit Kapelle und Kapitelsaal (sogar mit Fußbodenheizung) fertiggestellt.
Vom Mittelmeer an die Ostsee
1309 war die Zeit einer beschaulichen Provinzburg vorbei: Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen verlegte den Sitz des Ordens aus dem venezianische Exil auf die Marienburg (der Papst hat ihn dafür übrigens exkommuniziert). Weg vom Mittelmeer, hin zur Ostsee.
Auf der Marienburg wurden nun repräsentative Bauten nötig: Es entstand der berühmte Hochmeisterpalast mit Sälen, die zu den eindrucksvollsten Räumen des Mittelalters zählen.
1410, nach der Niederlage bei Tannenberg, zogen sich die geschlagenen Reste des Ordensheeres auf die Marienburg zurück und überstanden die folgende Belagerung.
Das war ein kompliziertes Mauer-Graben-Zwinger-System mit teilweise vierfachem Mauerring. Alles aus Ziegeln, Holz und (für die dicken Pfeiler) Granit.
1455 passierte auf der Burg Ungeheures: Rebellierende Söldner des Ordens verkauften die Anlage kurzerhand an den polnischen König. Der beleidigte Hochmeister zog nach Königsberg in die dortige Ordensburg ab.
Zum Königreich Preußen kam die Marienburg erst 1772 durch die erste polnische Teilung.
Die Preußen nutzten sie als Kaserne. Die Militärs wollten das Hochschloss gleich abreißen und durch niedrigere, besser geschützte Gebäude ersetzen.
1804 verbot König Friedrich Wilhelm III. auf öffentlichen Druck hin weitere Abrissarbeiten. Nach den Befreiungskriegen ordnete der Monarch Restaurierungsarbeiten an.
Wilhelm II. war von der gotischen Deutschordens-Symbolik fasziniert und ließ die Burg von 1896 bis 1918 sanieren. Als Gegenstück entstand an der westlichen Grenze des Reichs die Haut-Koenigsburg, des Kaisers steingewordener Traum vom „deutschen Mittelalter“.
Die Marienburg war Vorbild vieler öffentlicher Bauten dieser Zeit, zum Beispiel für die burgartige Marineschule in Flensburg-Mürwick.
Statt dessen fanden Bauarbeiter bei einer Ausschachtung nahe der Burg 2008 ein Massengrab mit 2116 größtenteils zivilen deutschen Opfern aus den letzten Kriegstagen.
Der Wiederaufbau geht übrigens weiter. Im April 2014 wurde mit dem Neuen Tor (Brama Nowa) ein alter Eingang neu eröffnet. Es war ab dem 15. Jahrhundert Hauptzugang der Burg und wurde 1945 weitgehend zerstört.
Der Wiederaufbau des Tors ab 2011 kostete rund 5,5 Millionen Euro.
Eine halbe Stunde mit Videobildern zur Burg Malbork auf YouTube:
Die Marienburg aus der Sicht von Google Maps:
ALTE ANSICHTSKARTE VOM HOSCHLOß
MARIENBURG -WESTPREUßEN
HEIDI REITEL
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