Hör mal, wer da hämmert wie im Mittelalter. Wir schreiben das Jahr 1243. Während Frankreichs König Ludwig Numero Neun („Der Heilige“) darüber grübelt, wie er möglichst schnell möglichst viele Ungläubige ins Jenseits befördern kann, wird im friedlichen Burgund eifrig an neuen Burgen gewerkelt.
Die Herner Motte / Foto: Burgerbe.deAls Höhepunkt der Ausstellung „Aufruhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“ hatte das LWL-Museum für Archäologie in Herne Geschichte begehbar gemacht. Auf einer Wiese neben dem Museum erhob sich seit Ende März 2010 „die erste Motte des 21. Jahrhunderts“ (Eigenwerbung im Museums-Film*). Immerhin das mit Abstand ansehnlichste Gebäude im von 70er/80er-Jahre-Tristesse geprägten Kern der Revierstadt.
Ein Schloss Neuschwanstein hätten vielen Städte gern (Foto:Wikipedia/Softeis)
Burgen bringen Geld, Image und Touristen. Und was im Mittelrheintal und in Neuschwanstein klappt, muss doch auch anderswo funktionieren, sagen sich immer mehr findige Bürgermeister und PR-affine Heimatfreunde. Zurzeit erleben Burgen-Nachbauten einen wahren Boom. Diverse Städte wollen plötzlich „auch eine Burg haben“. Politiker sehen das leuchtende Beispiel Guédelon in Frankreich, wittern das Riesengeschäft (und die Wiederwahl der Bürgermeisters). Eitler Burgenbau-Boom in verschuldeten Städten weiterlesen →
Screenshot der Friesacher Burgen-SeiteNun hat auch Kärnten eine mittelalterliche Burgen-Baustelle, wie im französischen Guédelon. Am 2. Mai 2009 wurde die Baustelle auf einem Hügel im Süden der Stadt feierlich eröffnet. Das meldet die Friesach-Homepage (Artikel inzwischen offline).
Auf einem 6,5 Hektar großen Bauplatz soll innerhalb der nächsten 30 Jahre eine neue „alte“ Burg entstehen. Grund für das Schneckentempo: Gebaut wird einzig mit Handwerkstechniken aus dem Mittelalter. Burgenbau in Friesach begann im Mai 2009 weiterlesen →
Seit 1997 wird in Guédelon, 140 Kilometer südwestlich von Paris, mit mittelalterlichen Methoden eine Burg errichtet. Vorbilder sind französische Anlagen des 13. Jahrhunderts. Das Ganze hat sich mittlerweile zum Besuchermagneten entwickelt. Ich habe die Burgbaustelle im Herbst 2012 besucht.
Auch ein Team von Deutsche Welle-TV (Journal Reporter) war da, hat einen ganz interessanten Neunminüter gedreht und diesen anschließend bei YouTube hochgeladen.Titel: „Bauen wie im Mittelalter“
Dabei erfährt man auch, dass nicht alles auf der Baustelle mittelalterlich ist. In die Hanfseile, mit denen hunderte Kilo schwere bebauene Steinblöcke bewegt werden, mussten beispielsweise Stahlseile eingewebt werden – eine Konzession an den modernen Arbeitsschutz.
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