Der Schweriner Landtag hat entschieden, das geschichtsträchtige Schloss Karlsburg in Vorpommern deutlich unter Wert zu verkaufen. Die barocke Anlage soll 250.000 Euro kosten.
Käufer ist Helmuth Freiherr von Maltzahn (72). Er möchte hier eine Ausbildungsstätte für medizinische Berufe einrichten. Außerdem sollen Wohnräume, speziell für Ältere und Pflegebedürftige entstehen.
Auch für touristische Veranstaltungen soll das Schloss genutzt werden können. Das geht aus dem Landtagsbeschluss hervor.
Verkauft wird ein Ensemble aus dem Schloss, drei mehrstöckigen Büro- und Laborgebäuden und dem denkmalgeschützen Park. Das Areal gehört aktuell noch dem Land.
Käufer kennt sich aus mit Schlössern
Für den Erhalt des Schlosses ist das eine gute Nachricht. Denn der potentielle Käufer ist ein tatkräftiger Experte, wenn es um die erfolgreiche Entwicklung von Schlössern geht.
Von Maltzahn hat nach der Wende Schloss Ulrichshusen an der Mecklenburgischen Seenplatte gekauft, das zuvor jahrhundertelang im Familienbesitz war.
Zusammen mit seiner Frau konnte er es mit Hilfe von Landes- und Stiftungsmitteln sanieren. Heute ist das Schloss Herzstück eines Hotels und zentrale Spielstätte der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.
Denkmalpreis für Schloss-Sanierung
In den 1980er Jahren hatte von Maltzahn bereits das hessische Rokoko-Schloss Braunshardt saniert, wofür er den hessische Denkmalschutzpreis erhielt. 2005 verkaufte er das „hessische Sanscoussi“ an die Stadt Weiterstadt, die es nun betreibt.
2020 kaufte von Maltzahn das ruinöse Schlosses Tützpatz an der Mecklenburgischen Seenplatte, das er seitdem saniert. Der Nordkurier berichtete darüber 2023 anerkennend unter der Überschrift: „Ein Schloss auf dem langen Weg zurück zur alten Herrlichkeit“.
Wert von einer Million Euro?
Mit den Kaufpreisen für historische Schloss-Immobilien ist das so eine Sache. 2019 hatten Sachverständige in einem Gutachen für Schloss Karlsburg einen Wert von einer Million Euro ermittelt.
Bei einem Bieterverfahren lag das höchste Gebot dann jedoch bei „nur“ 200.000 Euro – und wurde wieder zurückgezogen. Käufer, die umbauen wollen, müssen sich zunächst mit den Denkmalschützern auseinandersetzen.
Und das kann die Kosten noch deutlich nach oben treiben.
Im Fall von Schloss Karlsburg ist zum Beispiel noch unklar, ob es Bodenverunreinigungen gibt, die der neue Eigentümer möglicherweise beseitigen lassen müsste.
Die Geschichte von Schloss Karlsburg
Der Bau des Schlosses startete gleich zwei Mal. Der gerade 26-jährige Carl Heinrich Behrend von Bohlen ließ 1731 mit den Arbeiten beginnen. Die Gegend gehörte zu diesem Zeitpunkt noch zu Schwedisch-Pommern.
Die Familie von Bohlen mit Wurzeln auf Rügen ist übrigens weder verwandt mit den von Bohlen und Halbach noch mit Pop-Titan Dieter Bohlen.
Im 18. Jahrhindert verfügten die von Bohlens über Güter auf Rügen und bei Greifswald. Was noch fehlte, war ein modernes Schloss auf Gut Gnatzkow (stilistisch letzter Schrei war gerade der Barock).
Im folgenden Jahr, im August 1732, zerstörte jedoch ein Brand den Rohbau und das benachbarte Dorf Gnatzkow.
Erst im zweiten Anlauf blieb der Bau unversehrt stehen. 1739 waren wesentliche Teile fertig. Durch das Hin und Her war das Ensemble nun asymetrisch. Aber egal. Carl wurde wenige Jahre später in den Reichsgrafenstand befördert.
Schwedens Hof feiert mit Prinzen-Braut
Der schwedische König, der zu dieser Zeit auch als Herzog von Pommern über die Region herrschte, brauchte natürlich repräsentative Bauten für Festivitäten in seinem deutschen Vorposten.
Und da kam ihm das neue Schloss Gnatzkow, praktisch gelegen auf dem Weg zwischen den diversen deutschen Territorien und der Ostsee, gerade recht.
Der schwedische Hof gab am 30. Juli 1744 in den Barocksälen ein Fest für Luise Ulrike von Preußen (24), Schwester des preußischen Königs Friedrich II.
Prinzessin feiert, Kronprinz wartet
Die Prinzessin war gerade auf dem Weg nach Schloss Drottningholm, wo sie im August den schwedischen Kronprinzen und späteren König Adolf Friedrich heiraten sollte.
Carl investierte weiter im Schloss. Er ließ einen Park mit Teich und künstlicher Insel im französischen Stil anlegen und hätte auch gern noch einen Westflügel angebaut. Doch der Reichsgraf hatte sich mit dem Schlossbau finanziell völlig überhoben. 1757 starb er.
Sein Sohn Carl Julius Bernhard kaufte das immer noch unfertige Schloss Gnatzkow aus der Konkursmasse.
Künftiger König feiert im Barocksaal
Auch er war Gastgeber für ein Mitglied der schwedischen Königsfamilie. 1771 machte der künftige König Gustav III. (ein Sohn von Luise Ulrike) im Schloss Station.
Sein Vater war gerade gestorben und für Gustav, der eigentlich in Paris das Leben genießen wollte, stand nun die Krönung an.
Zur Erinnerung an diesen Besuch und zur Ehre des Gastgebers wurde Schloss Gnatzkow in Schloss Carlsburg (später Karlsburg) umbenannt. Erst 1773 waren die Arbeiten am Schloss endlich beendet.
Die Reichsgraf von Bohlen hatten in den Folgejahren immer wieder Schwierigkeiten, das Schloss zu unterhalten.
Mit dem Wiener Kongress war die Zeit der Schweden in Pommern endgültig vorbei.
Waterloo-Veteran wird Schlossherr
Die Schlosserbin Caroline Gräfin von Bohlen heiratete 1816 einen schneidigen und vielversprechenden preußischen Offizier, der auch bei Waterloo gekämpft hatte: Theodor Alexander von Bismarck (26). Mit ihm begann die Zeit der Grafen von Bismarck-Bohlen.
Nach der Ermordung ihres Vater Friedrich Ludwig, des letzten Grafen von Bohlen, 1828 auf dem Weg zwischen Stralsund und Gatzkow trat der Erbfall ein und Theodor Alexander wurde (nebst Gattin natürlich) neuer Herr auf Carlsburg. Fast 120 Jahre lang sollten die Bismarck-Bohlen nun auf dem Schloss das Sagen haben.
Theodor Alexander war übrigens ein Vetter Otto von Bismarcks, der 1838/39 in Greifswald stationiert war und gerne vorbeikam.
Mindestens zwei Mal war der preußische König Friedrich Wilhelm IV. auf Schloss Carlsburg zu Gast.
Beim Besuch 1843 hatten Majestät auch den Universalgelehrten Alexander von Humboldt dabei.
Fritz Ulrich von Bismarck-Bohlen (1884–1945) ließ kurz vor dem Ersten Weltkrieg noch am Schloss bauen. In seinem Auftrag wurde der Verbindungstrakt zwischen den beiden Schlossteilen um ein Stockwerk erhöht.
Auch das erhaltene eiserne Rosentor von 1896 erinnert an diese letzten Jahre der Kaiserzeit. Der Entwurf stammt von einer der Gräfinnen.
Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 zog sich von Bismarck-Bohlen, der später der Bekennenden Kirche nahestand, auf seine Güter zurück.
Im Krieg Kunstlager und Klinik
1942 lqgerte die Universität Greifswald ihre Kunstschätze auf dem Schloss ein. 1943 zog eine Tuberkulose-Station der Kinderklinik der Universität in den westlichen Schlossflügel ein.
Der Schlossherr beging kurz vor Kriegsende Suizid. Seine beiden Söhne starben im Krieg und in sowjetischer Gefangenschaft. Die restliche Familie flüchtete nach Westen.
Die sowjetische Besatzungsmacht enteignete Gut und Schloss. Das Schloss wurde zunächst zum Umsiederlager und Seuchenkrankenhaus.
In den ersten Nachkriegsjahren zog eine kleine Diabetiker-Klinik mit 15 Betten und einem Labor ins Schloss, bald kam eine Entbindungsstation hinzu.
Daraus wurde mit den Jahren das DDR-Zentralinstitut für Diabetes. Dafür wurden neue Bettenhäuser und Labore errichtet, die Häuser A und B, wesentlich später kam noch Haus C hin zu.
Ein YouTube-Video aus dem Schlosspark von Schloss Karlsburg:
Weltgrößte Diabetes-Forschungsklinik
Ende der 1980er Jahre waren in dem Komplex mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Sie kümmerten sich pro Jahr um rund 40.000 Patienten. Damit war das Zentralinstitut die weltweit größte Einrichtung zur Erforschung und Behandlung des Diabetes mellitus.
Nach der Wende wurde das Zentralinstitut in mehrere Forschungseinrichtungen aufgeteilt. Aus medizinischen Einrichtungen neben dem Schloss wurde das Klinikum Karlsburg. Es ist heute Teil der Klinikgruppe Dr. Guth (nicht vom Verkauf betroffen).
Das Schloss ging in den Besitz des Landes Mecklenburg-Vorpommern über. Der Komplex hat aktuell weit über 100 Räume. Für die neue Nutzung ist also viel Platz.
Das Schloss selbst wird weiter vom Zentralinstitut für Diabetes „Gerhard Kasch“ genutzt. In den Barocksälen haben sich Porträts der Grafenfamilie erhalten. Seit 1985 ist auch die gräfliche Bibliothek wieder im Schloss (nicht öffentlich zugänglich).
Ich wünsche dem „Schlossretter“ Herrn von Maltzahn, dass er auch Schloss Karlsburg auf den Weg „zurück zur alten Herrlichkeit“ bringt. Eigentlich könnte sich ja auch der schwedische Hof mit ein paar Euro an der Sanierung beteiligen…
Weiterlesen:
Der Bewchluss des Landtags ist online verfügbar: „Antrag zur zur Revitalisierung des Schlossensembles Karlsburg“ (Link zum Antrag)
Hier ein Bericht des NDR: „Landtag MV stimmt Verkauf des Schlossensembles Karlsburg zu“ (Link zum Artikel)
Es gibt viele Karlsburgen
Schloss Karlsburg in Vorpommern ist, was den Namen angeht, nicht einzigartig. Repräsentative Gebäude mit ähnlichem Namen gab/gibt es:
– die Ruine der Karlsburg. Die Burgruine steht auf einem breiten Felssporn am linken Ufer des Mains gegenüber von Karlstadt, 25 km nordwestlich von Würzburg. Die Burg wurde 1525 im Bauernkrieg zerstört.
– die Karlsburg im Karlsruher Stadtteil Durlach. Sie diente den Markgrafen von Baden-Durlach als Residenz.
– das Schloss Karlsburg (Herrenhaus Carlsburg) in der Gemeinde Winnemark in Schleswig-Holstein. Es gehörte als Teil des Gut Gereby die zeitweise den Herzögen von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg.
– Carlsburg heißt auch das Herrenhaus eines früheren Ritterguts in Nordhausen.
Hierzu bedanke ich mich herzlich an Herrn Von Maltzahn, denn die gestrigen Ruinen sind für die jüngere Generationen des Deutschen Nachkommens ein neuer Weg und Zumutung, dass man durch Studium und professionelle Bearbeitung für die Menschheit einen Sinn fürs eigenen Leben immer finden kann.
Gratulation und Gruss