Der Deutschland-Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte so seine Tücken. Ein Treffen von Erdogan mit dem damaligen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf Schloss Wahn in Köln fiel im letzten Moment aus.
Die Eigentümerfamilie wehrte sich vor Gericht erfolgreich gegen die Visite von Erdogan im Schloss.
Die Universität Köln, die Räume des Schlosses nutzt, habe die Eigentümer nicht über den Besuch informiert, argumentierten die Besitzer. Laut Spiegel-Online lehnte die Eigentümerfamilie den Empfang Erdogans aus politischer Überzeugung ab.
Das ist insofern interessant, da ein prominentes Familienmitglied, das auf Schloss Wahn begraben liegt, Erfahrung damit hat, gegenüber autoritären Herrschern Rückgrat zu bewahren…
Für die einen ist es ein Affront, für die anderen ein Zeichen von bürgerlicher Zivilcourage. Welcher Schlossbesitzer erlaubt sich so etwas?
Nun, das Schloss in Köln-Porz gehört seit fast 200 Jahren der Familie von Eltz-Rübenach. Zuständig ist heute die Freiherr von Eltz’sche Verwaltung.
Seit 1947 ist die Universität Köln Mieter des Schlosses. Die Hochschule beherbergt hier unter anderem ihre reichhaltige Theaterwissenschaftliche Sammlung.
Im Schloss liegen rund 100.000 Bände Literatur zum Thema Theater und unter anderem die Nachlässe von Karl Valentin und des Kölner Volksschauspielers Willy Millowitsch.
Das Schloss entstand in den Jahren 1753 bis 1757 aus den Resten einer alten Wasserburg. Graf von Schall ließ daraus eine repräsentative spätbarocke Dreiflügelanlage machen.
Die ursprüngliche Wahner Wasserburg war bereits 1588 durch ein Söldnerheer zerstört worden.
Seit 1820 gehört das Schloss den Freiherrn von Eltz-Rübenach. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Ensemble stark beschädigt. Die Reparaturen und die Renovierung dauerte bis in die 1960er Jahre. Die Eltz-Rübenach sind übrigens auch Mitbesitzer der bekannten Burg Eltz nahe der Mosel.
Erwähnenswert ist Freiherr Paul von Eltz-Rübenach: Der stark im Katholizismus verwurzelte Adelige amtierte seit 1932 als Reichspost- und Verkehrsminister. Der im Januar 1933 ernannte Reichskanzler Hitler übernahm den parteilosen Politiker zunächst in sein (noch von rechtsnational-großbürgerlichen Politikern dominiertes) Kabinett.
Am 30. Januar 1937 wollte der „Führer“ dann allen Ministern das Goldene Parteiabzeichen überreichen und auch die nach der Auflösung ihrer Parteien parteilosen Funktionsträger in die NSDAP aufnehmen. Die Kabinettssitzung lief dann allerdings anders, als sich Hitler das gedacht hatte.
Von Eltz-Rübenach lehnte das Parteiabzeichen ab.Dann kritisierte er auch noch – in Anwesenheit von Hitler – die Nationalsozialisten für die Verfolgung der katholischen Kirche.
Der Reichsbahn-Experte wollte nur in die NSDAP eintreten, wenn er diese Parteilinie nicht mittragen müsse.
Der „Führer“ soll die Sitzung wütend verlassen haben. Eltz-Rübenach musste umgehend sein Ministeramt niederlegen. Die Nazis überwachten ihn für den Rest seines Lebens, ließen den Adeligen aber ansonsten in Ruhe. Er starb 1943.
Dass seine Nachfahren nun erneut Rückgrat gegenüber einem autoritären Präsidenten zeigen, hätte den Alten sicher gefreut. Die in Köln erwarteten 25.000 Erdogan-Fans dürfte es eher aufbringen.
Die Ministerialbürokratie von Armin Laschet verlegte das Treffen derweil in das Empfangsgebäude des militärischen Teils des Flughafens Köln-Bonn. Hier droht zumindest kein Ärger mit dem Eigentümer..
Mehr zur Theatersammlung auf Schloss Wahn (WDR-Lokalzeit):
Weiterlesen:
Spiegel-Online schreibt zur Schloss Wahn/Erdogan-Geschichte: „Eigentümer verhindern Erdogan-Empfang auf Schloss Wahn“
Eine Meldung findet sich auch bei FAZ-Online: „Erdogan-Treffen im Schloss am Eigentümer gescheitert“