Schloss Possenhofen ist auch bekannt als „Sissi-Schloss“. Hier tollte die spätere Kaiserin Elisabeth von Österreich als bayerische Prinzessin im Kinderzimmer mit ihren Geschwistern herum.
Sissi-Fans müssen jetzt ganz stark sein. Das Schloss sieht in der Realität ganz anders aus als im schmalzigen Kinofilm von 1955.
„Sissi“-Regisseur Ernst Marischka hatte sich das Schloss am Starnberger See durchaus angesehen.
Was er gedacht haben mag, kann man sich heute noch gut vorstellen. Denn der Bau mit seinen vier Zinnentürmen wirkt eher wehrhaft als romantisch.
Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten war er zudem arg heruntergekommen.
Marischka, auf der Suche nach der passenden Filmkulisse für den ersten Teil der Heimatschnulze, sagte Nein zu Schloss Possenhofen als Sissi-Drehort.
Nun musste Ersatz her…
Schloss Fuschl statt Possenhofen
Daraufhin doubelte eben Schloss Fuschl am Fuschlsee im Salzkammergut fürs Kinopublikum Schloss Possenhofen.
Den ca. 20 bis 25 Millionen Zuschauern war’s eh egal. Hauptsache ein Schloss am See als Drehort mit einer jungen Prinzessin und ihrer urig-bayerischen Adelsverwandtschaft.
Quasi als Kontrast zu den schneidigen Österreichern mit ihrem steifen Habsburger Hofzeremoniell.
Schloss Possenhofen: Die Geschichte
Bauherr von Schloss Possenhofen war der einflussreiche bayerische Landschaftskanzler Jakob Rosenbusch im Jahr 1536. Es ersetzte ein erst wenige Jahre altes hölzernes Herrenhaus (das er ebenfalls in Auftrag gegeben hatte).
In den Folgejahren wurde das Schloss um einen dreiflügeligen, hufeisenförmigen Bau ergänzt, der deutlich mehr Platz bot.
Nach diversen Besitzerwechseln fiel das Schloss 1834 an Herzog Max Joseph in Bayern. Drei Jahre später kam seine Tochter Elisabeth Amalie Eugenie – genannt Sisi – zur Welt.
Für die herzoglichen Geschwister muss das Schloss mit seinem großen Außengelände ein hervorragender Spielplatz gewesen zu sein.
Als Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, die sie nach der Hochzeit mit Kaiser Franz-Joseph seit 1854 war, hatte „Sissi“/“Sisi“ nur noch selten Zeit für Heimatbesuche.
1869 kam sie nochmal aufs Schloss ihrer Kindheit. Sie reiste im eigenen Salonwagen an und genoss noch einmal den Blick auf den Starnberger See.
Sissi-Gemälde zur Verlobung
Zur Verlobung 1853 hatte die Herzogsfamilie dem Bräutigam in spe ein Gemälde geschenkt, das Elisabeth als 15-Jährige im Damensattel mit Kleid beim Ausritt vor Schloss Possenhofen zeigte.
Das Bild der minderjährigen Prinzessin hing die nächsten 60 Jahre über dem Bett des langlebigen Kaisers in der Wiener Hofburg.
2017 wurde es aus Habsburger Besitz für 1,54 Millionen Euro an einen anonymen Telefonbieter versteigert.
Die herzogliche Familie hatte das Schloss 1940 an die NS-Volkswohlfahrt verkauft. Es war während des Zweiten Weltkriegs intensiv zweckentfremdet worden (als Lazarett, Fabrik für Fahrrad-Hilfsmotoren und am Ende sogar als Schafstall). Die Folge war, dass es danach im Film ohnehin bestenfalls für Außenaufnahmen hätte dienen können.
Der Starnberger Landrat (ausnahmsweise ein FDP-Mann) dachte noch Anfang der 1980er Jahre laut darüber nach, das Schandfleck-Schloss demnächst abreissen und dort statt dessen eines der damals zeitgemäßen Betonhotels hinklotzen zu lassen. Das würde ja auch Steuern bringen.
1981 kaufte der Kunstschaffende Prof. Franz Eckehard Schilke das heruntergekommene Schloss mit dem Ziel, es denkmalgerecht zu sanieren und dort luxuriöse Wohnungen einzurichten, ein sogenanntes Kondominium.
1980 hatte er bereits das oberbayerische Wasserschloss Schwindegg zu diesem Zweck erworben.
Schloss Possenhofen erwies sich nach 40 Jahren Vernachlässigung als schwieriger Sanierungsfall. Zum Teil bestand Einsturzgefahr. In großen Teilen der Mauern steckte der Schwamm.
Höchstpreise pro qm im Schloss
Doch es lohnte sich. Schilke konnte die neuentstandenen Wohnungen zu Preisen von ca. 10.000 Mark pro Quadratmeter verkaufen. Bei Flächen von ca. 200 Quadratmeter Wohnraum kamen so Preise um die zwei Millionen Mark pro Wohnung zusammen.
Schilkes Söhne vermuten, dass Schloss Possenhofen dadurch zur teuersten Kondominium-Wohnanlage der Welt geworden sei.
Zugunsten der Käufer wurde auch die Straße verlegt.
Im Gegenzug verpflichtete sich Prof. Schilke, ab 1985 ein zwei Hektar große Seegrundstück des Schlossparks für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Insofern kann man „Sissis Spielplatz“ im Schlosspark also durchaus noch sehen. Die teils prominenten Käufer der Schloss-Appartements wollen freilich ihre Ruhe haben. Eine Besichtigung des „Sissi-Schlosses“ von Innen ist daher nicht möglich.
Filmfans müssen sich mit einem Rundgang ums Schlossgrundstück und Fotos der sanierten Schlossanlage Possenhofen von außen begnügen.
Wenige Minuten vom Schloss entfernt, im historischen Bahnhof Possenhofen, gibt es dann ersatzweise das Kaiserin-Elisabeth-Museum. Seine vier Räume voller „Sissi“-Devotionalien haben jährlich vom 1. Mai bis 21. Oktober geöffnet.
Weiterlesen:
Mehr zu den „Sissi“-Drehorten hier im Blog: „Das Schloss der Kaiserin. Oder auch nicht“
von Rüdiger und Alexander Schilke erinnern in einem Artikel zum 70. Geburtstag ihres Vaters Prof. Franz Eckehard Schilke unter anderem an die schwierige Sanierung von Schloss Possenhofen.
Informationen zum Schloss auf der Seite „Starnberger-See.info“
Seite des Kaiserin-Elisabeth-Museums in Pöcking
Zum „Sissi“-Verlobungsbild schreibt Spiegel-Online: „Bild von Kaiserin Sisi für mehr als 1,5 Mio Euro versteigert“
Im Frühjahr 2024 ist die Beletage („Sisi-Appartment“) der Wohnanlage Schloss Possenhofen zu verkaufen. Das ist der Bereich, wo Sissis Kinderzimmer gelegen haben soll. Also falls es ein solches gegeben hat.
Dazu schreibt die Berliner Morgenpost: „Sisi-Wohnung in Schloss steht zum Verkauf – zu diesem Preis“ (Link zum Artikel)
Kinowerbung für den Sissi-Film
Gut 25 Millionen Menschen sahen die Sissi-Trilogie. Hier mal zeitgenössische Kinowerbung für „Sissi: Die junge Kaiserin“:
Und hier der Trailer zu „Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin“ von 1957:
Wo liegt Schloss Possenhofen?
Die Adresse lautet:
Karl-Theodor-Straße 14C, 82343 Pöcking