Es gibt noch klangvolle Adelstitel in Deutschland: Heinrich XIX. Prinz Reuss hat das seit 17 Jahren leer stehende Schloss Ebersdorf in Thüringen gekauft.
Der adelige Käufer ist bitte nicht zu verwechseln mit dem am 7. Dezember 2022 als mutmaßlichen Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung verhafteten Heinrich Prinz Reuss dem 13.
Verkäufer von Schloss Ebersdorf ist der Saale-Orla-Kreis. Der Kreistag hatte zuvor in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, den Kaufpreis für die einstige reuss’sche Residenz mit ihrem Park und 120 Zimmern auf einen eher symbolischen Preis von 100.000 Euro festzusetzen.
Der Notarvertrag zwischen Prinz und Kreis wurde kurz vor Weihnachten 2017 unterzeichnet.
Der Verkauf und der Kaufpreis wurden erst durch Recherchen der Ostthüringer Zeitung bekannt. Der Kreistag behandelte das Thema unter Geheimhaltung, da es sich um „eine Immobilienangelegenheit“ handele.
Laut OTZ plant der Prinz, das Residenzschloss der Fürstenfamilie Reuss zu sanieren, es wieder zu beleben und dort mit seiner Frau Abigail einzuziehen.
Das Schloss entstand an Stelle einer Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert. 1682 hatte Graf Heinrich I. von Reuß-Schleiz das Rittergut gekauft.
Ein Barockschloss für die Mini-Grafschaft
Von 1690 bis 1693 entstand hier das barocke Residenzschloss für die Herrscher der kleinen Grafschaft Reuß-Ebersdorf: Eine unregelmäßige Vierflügel-Anlage um einen zentralen Innenhof.
Der Westflügel wurde zwischen 1788 und 1792 klassizistisch umgebaut. 1843 war hier die Tänzerin Lola Montez zu Gast bei Graf Heinrich LXXII. Reuß (jüngere Linie).
Die Tänzerin soll sich derart unmöglich benommen haben, dass der Graf sie aus seinem Mini-Staat ausweisen ließ.
Graf Heinrich LXXII. regierte noch, als 1848 aufgebrachte Bürger mit Forderungen an die Schlosstür pochten (Pressefreiheit, Volksvertretung und unabhängige Rechtsprechung). Der Graf hatte dafür zwar grundsätzlich Verständnis, dankte angesichts der Demonstration allerdings ab und verschwand nach Sachsen.
Nach Niederschlagung der bürgerlichen Revolution übernahm ein anderer Zweig der reuss’schen Linie die Macht.
1945 wurde die Fürstenfamilie durch die sowjetische Besatzungsmacht enteignet. Das Schloss wurde zu DDR-Zeiten zum Pflegeheim umgebaut. Das Heim arbeitete bis ins Jahr 2000 und stand seitdem leer.
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Nach der Einheit klagten die Erben der Fürstenfamilie auf Rückübertragung der Denkmalimmobilie und blockierten somit Lösungen. Inzwischen ist das Problem geklärt, was den Weg für einen neue Besitzer frei machte (wer sich für die Hintergründe interessiert, es ist ziemlich kompliziert).
Das Schloss ist sanierungsbedürftig. Der Hausschwamm hat sich ausgebreitet. Für die prinzliche Familie gibt es also viel zu tun…
Weiterlesen:
Hier geht es zum Artikel der Ostthüringer Zeitung: „Ebersdorfer Schloss nach 17 Jahren Leerstand an neuen Eigentümer verkauft“
Umfangreiche Informationen zur Schlossgeschichte bietet die Seite „Reussische Fürstenstraße“ an.
Nachtrag: Der Schlosskäufer Prinz Reuss (Heinrich XIX.) ist bitte nicht zu verwechseln mit dem Prinzen Reuss, der im Zuge der Ermittlungen gegen ein mutmaßliches Reichsbürger-Netzwerk am 7. Dezember 2022 vorläufig festgenommen worden ist.