Heute kommen häufig Glas und Stahl zum Einsatz, um einen deutlich erkennbaren Kontrapunkt zum Mauerwerk zu setzen.
Auf Burg Hengebach ging man in den 1970er Jahren einen aus meiner Sicht ziemlich hässlichen dritten Weg: Man baute die Ruine im Stil einer verklinkerten Hochsicherheits-Reihenhaussiedlung (kleine Fenster, hohe Fassaden) wieder auf und hielt sich nur farblich und im Grundriss an den erhaltenen Rest der Burg.
Das davorgesetzte Burgtor mit Fallgatter macht einen beinahe mittelalterlichen Eindruck, was den Kontrast um so schlimmer ausfallen lässt.
Verantwortlich für die Bausünde waren Beamte des Kreises Düren. Heute gehört die Burg der Stadt Heimbach und ist Sitz der „Internationalen Kunstakademie Heimbach„, eine Art hochpreisige Volkshochschule für Kunstinteressierte.
Interessant sind die Ausstellungen – auch Tigerenten-Maler Janosch zeigte auf Burg Hengebach schon seit Werk (das war 2013).
Außerdem gibt es das Burgrestaurant Kochkunst – seit Neuestem auch mit Trauzimmer.
Aber zurück zur Burg auf einem Felsrücken aus Grauwacke über dem Eifel-Flüsschen Rur. Die Burg entstand wohl kurz vor dem Jahr 1000. Seit Mitte des 13. Jahrhunderts bis zur napoleonischen Zeit gehörte die Burg den Grafen, später den Herzogen von Jülich.
Seit einem Brand im Jahr 1687 war die Nordeifel-Burg eine Ruine und diente als Steinbruch. 1904 sollte sie wegen Einsturzgefahr sogar komplett abgerissen werden.
Ein „Verein zur Erhaltung der Burgruine Heimbach“ aus Dürener Bürgern wusste dies damals zu verhindern.
1935 kaufte der Kreis Schleiden die Burg in der feste Absicht sie zu restaurieren. Doch der Krieg kam dazwischen, und danach gab es drängendere Aufgaben.
Der Kreis verpachtete die Burg daraufhin 1952 an eine Düsseldorfer Brauerei, die die Anlage soweit wieder herrichtete, dass dort ein Restaurant mit reichlich Bier-Ausschank an durstige Touristen einziehen konnte.
1969 kündige der Kreis das Pachtverhältnis und begann – aller Kritik zum Trotz – mit dem „modernen“ Wiederaufbau.
Die Scheußlichkeiten aus den 1970er Jahren im Burghof und die wieder hergestellten Wehrgänge kann man sich das ganze Jahr über kostenlos ansehen.
So bleibt Burg Hengebach zumindest eine Mahnung an künftige Generationen, nie wieder eine Burgruine derart zu verunstalten. Man sollte den Besuch zum Pflichtprogramm für Architekturstudenten machen.
Und hier ein paar Youtube-Bilder der Burg von Rhein-Eifel-TV:
hmmm…
ich kannte x einen Architekturstudenten,
der hatte ein lieb‘ Omilein in Rothenburg o.d. Tauber.
Er fand diesen Ort gänzlich übel und ganz furchtbar.
Damals dachte ich mir nichts dabei.
Mittlerweile gewinne ich mehr und mehr den Eindruck,
dass den Architekturstudenten an unseren Unis – spätestens seit den 70igern – das Gehirrrn gründlichst mit Stahl, Glas und reichlich Beton gewaschen wird.
Traurige G’schicht
So eine Art Aufbau ist doch heute noch immer Programm des Denkmalschutzes. Ohne Bezug auf Neuzeit wird doch gar nichts mehr genehmigt. Selbst mit alten Plänen nicht. Siehe die neuen Dächer der Burg Oberstein in Idar-Oberstein/Pfalz. Sie wurden nur genehmigt weil sie jetzt aussehen wie ein Kaufhausdach der Fußgängerzone obwohl Bilder des letzten Zustandes existierten!
Der Tendenz dieses Artikels über Hengebach widerspreche ich einmal auf einer allgemeinen Ebene: jede Zeit hat das Recht, nach ihrem Stil und nach ihrem Geschmack zu bauen. Das ist ein Postulat, das eigentlich ganz selbstverständlich sein sollte, nachdem sich besonders in den 1950er Jahren ein wütendes Geschrei über den Historismus. Ausgerechnet über den! Das war der Höhepunkt an architektonischer Qualität der Neuzeit in Europa!
Zum anderen, auf der speziellen Ebene dieses Wiederaufbaus: Die Betonteile in den Fassaden zeigen deutlich, dass hier keine Kopie beabsichtigt war, ist also ehrlich.
FwR 7. 1. 16
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