Neue Nutzung für Schloss Erbach: Das Land Hessen will die einstmals gräfliche Residenz im Odenwald-Städtchen bis zum Frühjahr 2016 zum Deutschen Elfenbeinmuseum machen.
Die damalige Regierung unter Ministerpräsident Roland Koch hatte das Schloss 2005 für üppige 13,3 Millionen Euro vom Grafen zu Erbach-Erbach gekauft, um den Tourismus in der Region anzukurbeln.
Für den Grafen war das ein prima Geschäft, für das Land ein vorhersehbares Desaster. Statt der erwarteten 100.000 Touristen kamen 2014 gerade mal 14.000.
Aber jetzt Elfenbein? Ist der Handel mit dem Weißen Gold nicht streng verboten? Prinzipiell schon, aber bei den 400 Exponaten handelt es sich um historische Stücke, die ohnehin im seit 1962 bestehenden Erbacher Deutschen Elfenbeinmuseum gezeigt werden.
Es ist das einzige Museum für Elfenbeinschnitzereien weltweit und lag zuvor seit 40 Jahren in einem eigenen Gebäude an der Otto-Glenz-Straße 1 in Erbach.
Die Sammlung, aus der das spätere Museum hervorgegangen ist, war schon 1937 bis 1945 im Schloss beheimatet.
Im Schloss werden zurzeit historische Möbel, Jagdtrophähen, Büsten und Kunsthandwerk ausgestellt – halt alle Pretiosen, die die sammelwütigen Erbacher Grafen in circa 200 Jahren heranschaffen konnten. Diese gräflichen Sammlungen waren 2005 in den Besitz des Landes übergegangen.
Gelegentlich wurden im Schloss auch Sonderausstellungen gezeigt, wie 2013 über die Wittelsbacher.
Mit dem Zusammenschluss der Museen für gräflichen Tinnef und Elfenbein im Schloss hofft man beim Land auf Synergieeffekte und mehr Publikumsinteresse. Die Stadt Erbach soll sich finanziell am Betrieb beteiligen, ihr gehört die Elfenbein-Sammlung.
Schloss Erbach ist auch architektonisch interessant: Der mächtige, runde Bergfried aus Buckelquadern stammt noch aus der Stauferzeit, als das Schloss eine wehrhafte Wasserburg der Herren von Erbach war. Der gotische Turmhelm wurde ihm gegen Ende des 15. Jahrhunderts aufgesetzt.
Das heutige Schloss ließ Graf Georg Wilhelm zu Erbach-Erbach in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf den Grundmauern der früheren Burg erbauen und erweitern. Seine neobarocken Stilelemente erhielt das Schloss erst 1902.
Das Elfenbeinmuseum im Schloss wird übrigens auch immer mal wieder adelige Nachbarn haben: Neben den 13,3 Millionen Euro erhielten die (männlichen) Nachkommen des Grafen vom Land Hessen kostenloses Wohnrecht in Räumen im zweiten Stock zugesichert.
Auch heute noch sind Elfenbeinwerkstätten in Erbach aktiv. Wegen des (erst 1989 erlassenen) Welthandelsverbot für Elefantenstoßzähne wird dort nur noch mit fossilem Elfenbein und alternativen Werkstoffe gearbeitet.
Weiterlesen:
Hier geht es zu einem ausführlichen Artikel von Hans-Dieter Schmidt auf Echo-Online: „Elfenbeinmuseum kommt ins Schloss“ (leider nicht mehr online verfügbar)
Thomas Maier schreibt für die dpa über das Schlossmuseum: „Weniger Besucher im Schloss Erbach“
Die Pressemitteilung des hessischen Wissenschaftsministeriums trug den hochtrabenden Titel „Landesregierung rettet Deutsches Elfenbeinmuseum“ und ist nicht mehr online
Ein paar Videobilder aus dem Deutschen Elfenbeinmuseum, noch am alten Standort: