Immer nur schicke Neubauten hochziehen, ist für einen Architekten auf die Dauer auch langeilig und schreit nach einem Ausgleich. So ging es auch Hubert Petschnigg vom Büro HPP (Hentrich-Petschnigg & Partner), einem der arriviertesten Bauplaner im Nachkriegsdeutschland.
Aus seiner Feder stammen die Entwürfe für die Ruhr-Universität Bochum, das NRW-Innenministerium und das Thyssen-Haus (beides in Düsseldorf). Doch wenn Petschnigg nicht über Wirtschaftswunder-Bauten brütete, zog es ihn ins bautechnische Mittelalter.
Architekten als Burg-Sanierer
1963 kaufte er die verfallene Burg Pyrmont in der südlichen Eifel. Petschnigg und Kollege Helmut Hentrich begannen eine jahrelange Sanierung der Mauern – und starteten den allmählichen Wiederaufbau der Kernburg und der Vorburg. 1990 öffneten sie das Areal für Besucher. In die Vorburg zog ein Restaurant.
Auch Genscher, der langjährige sowjetische Außenminister Andrei Gromyko und Henry Kissinger ließen sich hier den Wein schmecken.
Hubert Petschnigg richtete die Räume standesgemäß ein und verbrachte seinen Lebensabend hier. Als er 1997 starb, trat Sohn Udo Petschnigg das Erbe an, der nun mit seiner Frau Martha hier wohnt.
Die beiden haben sich auf die Vermietung der Burgräume für traumhafte Hochzeiten spezialisiert. Der größte Festsäle bietet Platz für immerhin bis zu 140 Gäste.
Die Miete des ca. 200 Quadratmeter großen Fahnensaals an einem Samstag kostet 1700 Euro (Stand 2015). Übernachten kann man in der Oberburg, im Torhaus, im Kutscherhaus und im Westturm.
Burgbesichtigungen allein und ohne Führung sind vom 1. Mai bis 5. Oktober sonntags von 11.30 bis 13.30 Uhr möglich. Dabei kann man auch vom 25 Meter hohen Bergfried über die Eifel schauen.
Die Geschichte der Burg reicht bis ins ausklingende 12. Jahrhundert zurück, als der belgische Adelige Kuno von Beaumont/Schönburg sie errichten ließ. Zwischendurch gehörte die Burg auf dem Petrusberg auch mal den Herren von Eltz, deren imposante Burg Eltz nicht allzuweit entfernt lag (und immer noch liegt).
1710 hatte die Familie Waldbott von Bassenheim alle durch Erbschaften an verschiedene Besitzer gefallenen Anteile an der Burg aufgekauft. Die Bassenheims bauten die Festung ab in ein wohnliches Schloss um. Sie stockten das Palas um drei Stockwerke auf – und bauen Fenster ein. Sogar der Burgturm verschwand unter der Dachkonstruktion.
Als französische Truppen in den Jahren nach 1789 das linksrheinische Gebiet besetzten, flohen die Bassenheims. Sie wurden enteignet, die Burg vom französischen Staat als Steinbruch verkauft, das Mobiliar ausgeschlachtet.
1818 kaufte die Familie die Ruine zwar wieder zurück, aber ein Wiederaufbau erwies sich als zu aufwendig.
Bei Wikipedia ist zum weiteren Schicksal der Burg zu lesen: „Erst die Familie des Architekten Franz Krause, der unter anderem als Zeichner für „Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ tätig war, machte ab 1912 einen Teil der heruntergekommenen Anlage wieder bewohnbar“.
Aber erst die HPP-Architekten hatten in den 1960er Jahren die Mittel, den Wiederaufbau entscheidend voranzubringen…
Weiterlesen:
Mehr Artikel zu Burgen der Eifel hier im Blog.
Burg Pyrmont in der Reihe „Burg und Schlossgeschichten“ des Südwestfunk/SWR:
Die Lage von Burg Pyrmont auf Google Maps: