Manche Falltür würde am liebsten geschlossen bleiben. Mit dem Exemplar im Boden des Barocksaals hat Museumsleiter Dr. Christoph Reichmann so seine liebe Not. Erst der Einsatz von Werkzeug gibt den Blick auf den darunterliegenden, ca. 1,50 Meter hohen Raum frei.
Besucher der geschichtsträchtigen Burg Linn in Krefeld ahnen meist nicht, dass unter ihren Füßen noch eine zweite Ebene existiert.
Bei einer Presseführung lud Dr. Reichmann jetzt zu einem Blick in die „geheimen Räume“ der gut erhaltenen niederrheinischen Backstein-Burg ein: Bereiche, die normalerweise unzugänglich sind.
Hintergrund: Das Niveau der heutigen Holzböden ist neuzeitlich. Der Fußboden der mittelalterlichen Burg lag in großen Teilen der Anlage deutlich tiefer.
Teile dieses Untergeschosses wurden nach dem Krieg mit Schutt verfüllt, an manchen Stellen ist die mittelalterliche Ebene mit ihren gut erreichbaren Schießscharten aber noch sichtbar.
Ohne eine Falltür nutzen zu müssen, kommt man ins „kurfürstliche Schlafzimmer“. Es ist jedoch nur für Führungen geöffnet. Museumsleiter Albert Steeger hat hier Repliken von allerlei Harnischen, Hieb- und Stichwaffen zusammengetragen.
Wer sich für die Unterschiede zwischen deutschen, französischen und burgundischen Rüstungen interessiert, wird hier fündig.
Bis zum Brand im verhängnisvollen Jahr 1584 beherbergte der Raum das Archiv der Burg. Der kurkölnische Amtmann bewahrte in großen Schränken seine Unterlagen auf. „Hier lagen die Akten, die uns heute fehlen“, seufzt Dr. Reichmann.
In diesen Akten hätte man auch nachlesen können, wer so alles im Burggefängnis schmachten musste. Besonders schwere Jungs, oder solche, die dafür gehalten wurden, wurden in den ca. fünf Meter tiefen Kerker unter dem Burgturm hinabgelassen.
Dort saßen sie für die Dauer des Prozesses: so eine Art U-Haft also. Die Verpflegung bestand wohl aus dem buchstäblichen Wasser und Brot. Wer Glück hatte, dem ließen Angehörige Zusatzrationen per Seil hinunter (erfahrungsgemäß wollten die Wachen zuvor geschmiert werden).
Die Spuren der Seile am Einlass des Versorgungsschachts sind heute noch sichtbar. Das Burggefängnis war bis zur französischen Besetzung des Rheinlands im Einsatz.
Einige Gefangene sind wohl trotzdem nie wieder ans Tageslicht gekommen: Bei Grabungen im tiefen Verlies in den 1920er Jahren sollen Menschenknochen gefunden worden sein.
Der Eingang zum Kerker ist heute mit einer Eisengittertür verschlossen. Wer hinuntersehen will, sollte tunlichst eine Lampe dabeihaben: Die Beleuchtung ist nach einem Blitzschlag defekt.
Das Museum Burg Linn bietet eine Reihe von Themenführungen an. Hier gibt es eine Übersicht über die beliebten Sonntagsführungen.
Weiterlesen:
Mehr zur Geschichte der Burg hier im Blog: „Burg Linn: Der große Traum von Kreuzfahrer Otto“