Die Kreuzzüge waren nicht nur eine ziemlich blutige Angelegenheit, sondern sorgten auch für einen intensiven Austausch von neuen Ideen.
Das kann man an Burg Linn in Krefeld sehen, einer der größten Wasserburgen des Niederrheins.
Schon um das Jahr 1000 stand an dieser Stelle ein von Wasser und Holzpalisaden umgebener Wehrturm aus Holz, der hundert Jahre später durch einen Turm aus Stein ersetzt wurde…
Otto von Linn verkaufte die Anlage 1186 an den Kölner Erzbischof und erhielt sie als Lehen zurück. Mit dem Erlös finanzierte er seine Teilnahme am Dritten Kreuzzug mit Kaiser Friedrich Barbarossa. Die Burgen des Orients müssen ihn mächtig beeindruckt haben, denn er kehrte mit großen Plänen nach Linn zurück…
Otto gab der Anlage ihren heutigen Grundriss. Inspiriert von byzantinischen Burgen wurde aus der ovalen Wallanlage ein Sechseck mit Flankierungstürmen.
Die damals top-modernen, dicken Backsteinmauern ersetzten die erste Umwallung aus Tuffstein und Holzpalisaden. Das Ganze war natürlich teuer und ließ sich nur Schritt für Schritt realisieren.
Heute sind die verschiedenen Bauabschnitte noch gut zu unterscheiden. Anfangs versuchten die damaligen Bauleute auch noch Backsteine und Tuffquader zu kombinieren, was sie bald aber bleiben ließen. Dadurch sehen die unteren Stockwerke der Burg etwas gesprenkelt aus.
Im Burgmuseum steht ein schönes Modell, das den Umbau deutlich macht. Den Abschluss um 1250 erlebte Otto dann nicht mehr. Sein Sohn Gerhard ließ die Mauern noch um drei Meter erhöhen.
Für die Burg folgten stürmische Jahre. Durch die Zugehörigkeit zur Grafschaft Kleve und ab etwa 1388 zum Kurfürstentum Köln wurden Burg und Stadt immer wieder in Streitigkeiten der umliegenden Mächte hineingezogen.
Vom Dreißigjährigen Krieg blieb Burg Linn weitgehend verschont – bis im Januar 1642 Söldnerheere der mit Frankreich verbündeten Gräfin von Hessen-Kassel und des Herzogs von Weimar die Burg vier Wochen lang belagerten.
Kaiserliche Truppen zogen ihnen entgegen, wurden jedoch in der so genannten Winterschlacht an der Hückelsmay am Rand von Krefeld geschlagen. Daraufhin fiel auch Burg Linn.
Die hessischen Söldner unter ihrem Oberbefehlshaber Carl von Rabenhaupt blieben noch jahrelang am Niederrhein und verbreiteten Angst und Schrecken. Sie bauten aber auch die Befestigungen der Burg weiter aus.
Im Burgmuseum finden sich allerlei Briefe aus dieser Zeit, unter anderem ein Bericht vom Müller der nahen Geissmühle, dem die fremden Truppen arg zusetzten und ihn zeitweise in seiner Mühle belagerten.
Als marodierende Truppen versuchten, die Tür anzuzünden, löschte er sie mit Bier (was ihm aber letztlich auch nicht half)…
Noch weit schlimmer ging es dann im Spanischen Erbfolgekrieg zu. Zunächst nahmen die Franzosen die Burg ein. 1702 wurden sie von kaiserlichen Truppen belagert, die Burg sturmreif geschossen.
Es war derselbe Feldzug, der auch der wenige Kilometer entfernten Kaiserpfalz Kaiserswerth den Garaus machte. Weitere Feuer 1704 und 1715 gaben dem Linner Gemäuer den Rest.
1758, im Siebenjährigen Krieg, bei der zweiten Schlacht auf der Hückelsmay (auch Schlacht von Krefeld genannt), war die nahe Linner Burg schon Ruine.
Da war es herzlich egal, dass die Preußen ihre französischen Gegner zum Rückzug zwangen.
Nachdem die neu gegründete französische Republik den Niederrhein besetzt hatte, übernahmen die neuen Machthaber die Ruine als ehemaligen kurfürstlichen (und damit feindlichen) Besitz selbst und verkauften sie 1806 an den Seidenfabrikanten Isaak de Greiff.
Genau so verfuhren die französischen Besatzer übrigens auch mit der benachbarten kurkölnischen Landesburg Kempen, die auch ein Krefelder Seidenfabrikant kaufte.
Von de Greiffs Erben erwarb die Stadt Krefeld die Ruine der Burg Linn und das daneben stehende Jagdschloss (von 1740) schließlich 1926 für 506.000 Mark. Danach (und erneut nach dem Krieg) wurden die Anlage restauriert.
Heute gibt sie einen guten Einblick vom Aufbau einer hochmittelalterlichen Burg.
Bergfried „Butterturm“ kann erklettert werden. Durch einen Gitterrost (siehe Foto) ist auch ein Blick ins Verlies im unteren Turmgeschoss möglich.
Zu Pfingsten läuft rund um Burg Linn ein riesiger Handwerker-und Mittelaltermarkt ab, der Flachsmarkt.
Neben dem Museum in der Burg und dem im Biedermeier-Stil eingerichteten kurfürstlichen Jagdschloss gibt es noch das vor der Burg gelegene Niederrheinische Landschaftsmuseum mit vielen interessanten Fundstücken.
Unter anderem werden hier auch Skelett und Schädel des glücklich heimgekehrten Kreuzfahrers Otto aufbewahrt (siehe Foto), die Archäologen 1989 bei Ausgrabungen entdeckten. Ihre Untersuchung brachte interessante Ergebnisse.
So hat der junge Otto als Kreuzfahrer unter deutlicher Mangelernährung gelitten, die sich in seinem Knochenbau niederschlug.
Vor einigen Jahren lief im Landschaftsmuseum übrigens die sehr interessante Ausstellung „Das Geheimnis der Kelten“.
Hier mal ein Video-Blick auf die Burg:
Und noch ein Rundblick im Innenhof und ein paar Fotos:
Lage: Rheinbabenstr. 84, 47809 Krefeld
Fotos: Meine / Die vier Baustadien sind im Durchgang zum Burghof abfotografiert / Das Schädel-Foto stammt von Wikipedia/Rosebud23