Deutschland bekam 2014 eine neue Welterbestätte: Die Unesco hat dem Schloss und ehemaligen Kloster Corvey in Höxter (Weserbergland) bei ihrer Sitzung in Katar den begehrten Welterbestatus zuerkannt.
Die 39. Welterbestätte in Deutschland wird unter dem Namen „Das Karolingische Westwerk und die Civitas Corvey“ in die Welterbeliste aufgenommen.
Der bringt neue Hinweisschilder, reichlich Touristen und – rein rechtlich – den Schutz bei Kriegshandlungen (was z.B. in Syrien aber nicht funktioniert). Und wenn Investoren auf die Idee kommen, trendige Hochhäuser oder hässliche Brücken neben den Komplex zu setzen, ist Ärger mit der Unesco programmiert – bis hin zur mögliche Aberkennung des Titels wie beim Dresdner Elbtal.
Soweit dürfte es im verschlafenen Höxter aber wohl doch nicht kommen…
Wenige Jahre nachdem die Truppen Karls des Großen das Gebiet mithilfe von Massenmorden an den Sachsen „befriedet“ hatten, sollte in dem eroberten Territorium ein Kloster entstehen. Um 815 wurde Corvey gegründet.
Der Welterbeantrag konnte mit der authentischen Architektur dieser Zeit punkten: Corvey besitzt das älteste und einzige fast vollständig erhaltene karolingische Westwerk. Dieses ist ein prunkvolles, säulengeschmücktes Bauwerk, das im 9. Jahrhundert vor die Westfassade der Abteikirche gesetzt wurde.
Es gilt als eines der herausragenden Zeugnisse der sogenannten Karolingischen Reformation. Darunter versteht man die Rückbesinnung unter den Karolinger auf allerlei zivilisatorische Errungenschaften wie Rechtschreibung, Literatur, Baukunst. Natürlich nur für Adelige und Geistliche.
Durch Schenkungen der Krone und sächsischer Adeliger wurde Corvey schnell eines der reichsten Klöster im Reich – und im Hochmittelalter zu einem der bedeutendsten Zentren der christlichen Kultur in Nordwesteuropa.
Nach einer existentiellen Krise durch den Dreißigjährigen Krieg erlebte das Kloster im 17. Jahrhundert nochmal eine Blüte, wurde in barocker Pracht umgebaut und ein Zentrum der Gegenreformation.
Heute ist die ehemalige Reichsabtei im Privatbesitz von Viktor V., Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey. Glücklicherweise dürften bürgerliche Besucher den Komplex besichtigen.
Ich erinnere mich noch gut an den Besuch bei einer Wanderfahrt mit der Schule Mitte der 80er-Jahre. Damals war es ja noch üblich, pubertierende Jugendliche durch Gewaltmärsche auzupowern, damit dann in der Jugendherberge Ruhe herrschte.
Wir haben dabei natürlich auch in Corvey am Grab von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben haltgemacht, der 1841 den heutigen Erfolgshit „Einigkeit und Recht und Freiheit“ getextet hat. Fallersleben schrieb die Hymnen-Lyrics sicherheitshalber weit außerhalb von Deutschland – auf der damals britischen Insel Helgoland. Auf Corvey hatte er als Schlossbibliothekar gearbeitet.
Der Wikipedia-Eintrag zur Geschichte von Corvey ist sehr ausführlich, verfügt seltsamerweise aber über kaum Fotos.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet: „Kloster Corvey wird Weltkulturerbe“
Und hier geht’s zur Website des Welterbe Corvey
So schaut die Kloster-Schloss-Anlage aus der Luft aus: