Verlassene Schlösser, die noch im Verfall von der einstigen Pracht ihrer lange verflossenen fürstlichen Bewohner künden, erwartet man eigentlich eher auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
Im geschichtsbewussten, wohlhabenden Münsterland sollte eigentlich kein Platz für verrammelte historische Säle, blinde Scheiben und vor sich hin rottende Bausubstanz aus der Feudalzeit sein.
(Dieser Artikel über den Verfall von Schloss Senden gibt den Stand von 2014 wieder und gibt den Stand von 2014 wieder. Eine äußerst erfolgreiche Aktion zur Rettung des Schlosses läuft)
Leider gibt es ein solches Gemäuer doch: Schloss Senden im Kreis Coesfeld. Eines der vielen Wasserschlösser der Gegend, nur ein paar Kilometer vom Touristenmagneten Burg Hülshoff.
Die U-förmige Anlage liegt, umgeben von Wassergräben, in einem großzügigen Park – und wird seit Ende der 1990er Jahre nicht mehr gepflegt.
Bis zu diesem Zeitpunkt war Schloss Senden circa 15 Jahre lang ein Hotel mit Restaurant und Spielcasino gewesen.
Nun ist das damalige Besitzerehepaar tot, und das Schloss gehört einer Erbengemeinschaft. Die sucht bislang ergebnislos nach Investoren oder hofft auf Landesfördermittel.
Ein Versuch der örtlichen SPD, FDP und Grünen, eine Mehrheit zum Kauf des Schlosses durch die Gemeinde zustande zu bringen, ist inzwischen ebenso gescheitert wie ein Vorstoß der CDU, einen neutral formulierten Bürgerentscheid zum Schlosskauf zu veranstalten.
Einer der Miteigentümer des Schlosses sieht nun sogar den Abriss des stark sanierungsbedürftigen Gebäudes als einzige verbliebene Alternative. Die Mehrheitspartei CDU ist für den Schlosserhalt, aber gegen den Kauf.
Ihre Vertreter fürchten, dass sich die 20.000-Seelen-Gemeinde durch die nötige Sanierung zu hohe finanzielle Risiken aufhalsen würde.
Eine von der CDU angestrebte „salomonische Lösung“, einen Bürgerentscheid zum Schlosskauf abzuhalten, lässt sich aus rechtlichen Gründen zurzeit nicht realisieren: Die Eigentümer sind dagegen.
Und ohne ihren Willen dürfen bestimmte sensible Daten (wie etwa ein möglicher Kaufpreis) nicht veröffentlicht werden. Derweil verfällt das Schloss weiter.
Ein Teufelskreis. Ob die Abriss-Drohung auch als „heilsamer Schock“ gedacht war, um die Parteien zu einer Einigung zu bringen? Kann gut sein…
Neben den Parteien gibt es seit 2007 die recht engagierte Initiative Schloss Senden (ISS), die einen Plan für Kauf und Teilsanierung vorgelegt hat, der mit Kosten von 1,5 Millionen Euro verbunden wäre.
Konkret würde die Initiative nach einem Kauf die Sanierung von Beletage, Brücke, Tor, Innenhof, Treppe und Portal angehen. Die restlichen Räume sollen baulich gesichert werden.
Eine erste Befestigung war an dieser Stelle im 15. Jahrhundert von Ludeke Droste zu Senden errichtet worden. Die Droste zu Senden sollten mehr als 500 Jahre lang hier als Eigentümer wirken.
Ludekes Sohn Sander II. baute das heutige Herrenhaus und vervollständigte das System der Gräfte (der Wassergräben), die die Anlage schützen.
Die Droste zu Senden erwarben sich Meriten im Kampf gegen die Wiedertäufer aus Münster, was aber nicht verhindern konnte, dass Haus Senden in den 1580er Jahren von durchziehenden spanischen Truppen geplündert wurde.
1633 taten es hessische Truppen unter dem Herzog von Lüneburg ihnen nach.
Die schlimmsten Zerstörungen richteten allerdings Einquartierungen nach dem Zweiten Weltkrieg an: Die Amerikaner machten das Schloss zum Auffanglager für bis zu 2000 befreite Zwangsarbeiter, die sich durch Zerstörungen im Schloss an ihren deutschen Peinigern rächen wollten.
“Tage- und wochenlanger Hausarrest als Bestrafung für ihre Raubzüge auf die umliegenden Bauernhöfe steigerte nur ihre Zerstörungswut”, heißt es auf der Seite der Schloss-Initiative.
1957 verkaufte die Familie schließlich ihren Stammsitz an die Brüder Heinrich und Ewald Funnemann aus Münster. Die eröffneten erst ein Altenheim, dann ein Internat und schließlich das Hotel.
Heute sorgen in erster Linie die Bemühungen der Schloss-Initiative dafür, dass der Schloss-Erhalt Thema bleibt.
Der Park rund um das Schloss ist öffentlich zugänglich. Auf den Schlosshof kommt man allerdings nicht, bzw. nur zu besonderen Gelegenheiten wie dem Tag des Offenen Denkmals 2013.
Im Schlossgraben sonnen sich derweil Wasserschildkröten, die hier irgendjemand ausgesetzt hat.
Auf Vorsprüngen an der Wasserseite der Schlossfundamente wächst Gras, sogar ein Baum hat sich dort regelrecht festgekrallt. Studenten der FH Münster erfassen zurzeit Bauschäden.
Um im Untergeschoss der Anlage überhaupt die Wände begutachten zu können, haben sie vor eingen Tagen mit Helfern der Schloss-Initiative einen meterhohen Müllberg aus dem Keller geholt.
Ein Schloss, das darauf wartet, gerettet zu werden…