Endlich habe ich es an den malerischen Thunersee geschafft und will die sommerliche Aussicht auf das mächtige, die Stadt beherrschende Schloss Thun genießen. Doch Moment: Das Schloss wird überragt von einem Kran, große Teile sind eingerüstet. Was soll das?
Die Antwort: Die Schweizer bauen um. So umfassend wie seit 800 Jahren nicht mehr – und für zehn Millionen Franken. Aus alten Gerichtsstuben des Neuen Schlosses wird ein schickes Café und Restaurant mit 64 Sitzplätzen Konferenzzentrum. Das einstige Gefängnis wird zum edlen Hotel mit 18 Zimmern. Im ehemaligen Regierungsstatthalteramt entstehen zwei Wohnungen.
Nur der alte, zähringische Bergfried mit seinen vier trutzigen Rundtürmen, der eigentliche Kern des Schlosses und seit 125 Jahren Sitz des Schlossmuseums, bleibt unangetastet.
Bauherr ist die Schlossberg Thun AG, die die Grundstücke (außer dem Bergfried, dem sogenannten Alten Schloss mit dem historischen Museum) von der Kommune übernommen hat.
Die gemeinnützige Aktiengesellschaft hat das hochtrabende Ziele einen «regionalen und nationalen Begegnungsort» zu schaffen: Einen Schlossberg-Campus, der „mit Bildungs- und Gesprächsveranstaltungen Publikum anzieht“ und „zu einem Treffpunkt von Akteuren und Experten der Gesellschaft und Wirtschaft“ wird, der Debatten über die „Zukunft des Standortes Schweiz“ fördert.
Solch ein PR-Sprech dient natürlich in erster Linie dazu, Investoren anzulocken. Das ist bereits gelungen: Mit 3,25 Millionen Franken ist der Schweizer Versicherungskonzern Mobiliar eingestiegen. Sie ist nun Namensgeberin des Konferenzzentrums „Mobiliar Forum Thun“ und hat das Recht, die Räume an 120 Tagen im Jahr zu nutzen.
Um für den zu erwartenden Besucherstrom Stellplätze zur Verfügung zu stellen, plant die Parkhaus Thun AG (Mehrheitsaktionär ist die Stadt) in den Schlossberg ein Parkhaus mit ca. 300 bis 350 Plätzen hineinzugraben. Der Bau dieses Parkhauses wird mit ca. 42 Millionen Franken etwa vier Mal so teuer wie der Schloss-Umbau.
Bei einer Bürgerabstimmung gab es für das umstrittene Projekt eine knappe Zustimmung von 52,5 Prozent Ja zu 47,5 Prozent „Nein“-Stimmen. Die Stadt gibt sechs Millionen Franken fürs „Parking“. Die Inbetriebnahme ist für Herbst 2017 geplant.
Die Eröffnung der umgebauten Schlossgebäude findet vorher statt: Sie ist für den Frühling/Frühsommer 2015 anvisiert. Das sehenswerte historische Schlossmuseum Thun im Bergfried bleibt während der Bauarbeiten geöffnet. Hier sind unter anderem Stücke der sogenannten Burgunderbeute zu sehen.
Fotos: Burgerbe.de