Hambacher Schloss: Symbol der deutschen Demokratie



Die Geschichte der deutschen Demokratie begann mit dem Ärger über die Bayern. Die Regierung unter König Ludwig I. hatte 1830 gerade die Zensurschraube weiter angezogen, um ein Überschwappen der Juli-Revolution aus Frankreich in die beschauliche Rheinpfalz zu verhindern.

Doch die Erinnerungen an die liberalere Zeit als Teil der revolutionären französischen Republik/des Kaiserreichs (1801 bis 1815) waren im Südwesten noch quicklebendig. Und nicht nur da.


Gegen die scharfen Zensurbestimmungen regte sich Protest – denn sie verstießen gegen die immer noch gültigen Freiheitsrechte, die die bayerische Regierung in der Verfassung von 1818 garantiert hatte.

Die gewitzte Führung des Deutschen Preß- und Vaterlandsvereins kam daraufhin auf die Idee, statt einer Demonstration eine Volksgaudi am Hambacher Schloss anzumelden.

Im Mutterland des Oktoberfests kamen sie damit durch. Offiziell sollte übrigens der Jahrestag der Rheinpfälzer Verfassung gefeiert werden. Sogar Frauen waren dazu ausdrücklich eingeladen.

Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung

Daraufhin konnte vom 27. bis 30. Mai 1832 rund um die Ruine des Hambacher Schlosses (bei Neustadt an der Weinstraße) das Hambacher Fest stattfinden, das den bayerischen Behörden komplett aus dem Ruder lief.

Es zog rund 30.000 Besucher aus vielen deutschen Staaten, darunter viele Burschenschaftler und polnische Flüchtlinge an.

Mit den dabei erhobenen Forderungen nach deutscher Einheit, Freiheit und Demokratie war das Fest ein Höhepunkt der Aktivität der bürgerlichen Opposition vor Ausbruch der 1848er Revolution. Der Journalist Johann Georg August Wirth ließ sogar visionär „die vereinigten Freistaaten Deutschlands, das konföderierte republikanische Europa“ hochleben. Statt Blau-Weiß wehte vier Tage lang Schwarz-Rot-Gold über dem Hambacher Schloss.

Einsame Stehtische im Schlosshof
Einsame Stehtische im Schlosshof

Heute ist im Schloss neben Tagungsräumen und einem Restaurant ein Demokratie-Museum eingerichtet, das die Dauerausstellung „Hinauf, hinauf zum Schloss!“ beherbergt. Eintritt: 4,50/1,50 Euro. Fünf fiktive Festteilnehmer führen Besuchergruppen herum und erzählen ihre Geschichte.

Man kann aber auch einfach so durch die Räume laufen, die Exponate sind netterweise mit kurz gehaltenen Erklärungen versehen. Die Schau zeigt den langen und nicht sehr geraden Weg von der Französischen Revolution bis zur Bundesrepublik. Kinder können eine Trommel schlagen, eine schwarz-rot-goldene Schleife basteln oder sich unter die Kopfbedeckungen der damaligen Zeit setzen.

Ich fand es beeindruckend, dass sich eine der damaligen Fahnen im Ort erhalten hat. „Deutschlands Wiedergeburt“ steht drauf – Bei der Führung erfährt man, dass diverse Museen schon die Hände nach dem historischen Tuch ausgestreckt hatten.

Wer weiß, ob die Landesregierung es nicht gegen ein paar monetäre Zugeständnisse nach Berlin oder Nürnberg verscherbelt hätte, wenn dies denn möglich wäre.

Doch die Flagge – durchwirkt mit echten Goldfäden – ist so empfindlich, dass sie laut Museumsführerin nicht transportfähig ist (und sie befindet sich immer noch in Privatbesitz).

Glück für die Pfälzer.


Interessant auch, wie die Weimarer Republik an die Tradition des Hambacher Fests anzuknüpfen versuchte. In der Schau findet sich ein Bild von Theodor Heuss, der als junger Reichstagsabgeordneter 1932 zur 100-Jahrfeier auf dem Schloss eine Rede hielt.

Das Ganze muss ein ziemlicher Reinfall gewesen sein. Nur gut 2000 Demokraten zog es noch auf den Schlossberg. Die bayerische Landesregierung war immer noch beleidigt und lehnte eine Teilnahme ab.

Dass sich die Demokraten ausgerechnet im Schatten einer Burgruine trafen, war kein Zufall. Mit dem Bezug aufs Mittelalter versuchte man eine Traditionslinie zu einer Zeit herzustellen, als es schon einmal den deutschen Einheitsstaat gegeben hatte, der nun aber – wie die Burgen – buchstäblich in Trümmern lag. So hatte es 1817 bereits das studentische Wartburgfest gegeben, ein weiteres sollte 1848 folgen.

Auf dem Schlossberg fanden sich übrigens bereits spätrömische Spuren. In spätkarolingisch-ottonischer Zeit entstand eine erste Fliehburg. Eine klassische Burg entstand dann in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Vom Ende des 11. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts blieb die Burg im Eigentum des Hochstifts Speyer. Im Bauernkrieg wurde die Anlage geplündert. Den Dreißigjährigen Krieg überstand sie, um allerdings 1688 während des Pfälzer Erbfolgekriegs von französischen Soldaten zerstört zu werden.

Gerade wird mal wieder gebaut
Gerade (September 2010) wurde mal wieder gebaut

1844 begann die bayerische Regierung mit dem neugotischen Wiederaufbau und schaffte immerhin die Hauptfassade. Doch dann kam die 1848er Revolution dazwischen, die den Königstreuen die Lust an weiteren Bauarbeiten auf dem Gebiet der undankbaren Pfälzer gründlich verdarb.

Heute gehört das Schloss einer Stiftung aus Land, Kreis und Neustadt. Seit 2006 wird wieder kräftig renoviert. Gerade entsteht als Neubau ein Restaurant mit 100 Plätzen. Zurzeit kommt man – als Fußgänger – noch über Treppen hoch. Geplant ist als nächster Schritt der Bau eines serpentinenartigen Weges, wie es ihn zur Zeit des Hambacher Fests gegeben hat.

Ein Besuch lohnt sich!

Links: Internetseite des Hambacher Schlosses/Museums,
Hamburger Abendblatt
zu 175 Jahre Hambacher Fest.
Sehr informativ ist auch die Seite Demokratiegeschichte.eu mit diversen Downloads zu Historie und Wirkung des Fests,

Lage: Hambacher Schloss
67434 Neustadt an der Weinstraße




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