Château d’if: Wo lag die Zelle des Graf von Montechristo?


Blick auf Chateau d'If und Marseille im Hintergrund / Fotos: Burgerbe.de
Blick auf Chateau d’If und Marseille im Hintergrund / Fotos: Burgerbe.de
Marseille war im Mittelalter stark befestigt. Die schönen Stadtmauern und Türme hatten allerdings einen gewaltigen Nachteil: Sie schützten nur die Stadt, nicht den ausgedehnten natürlichen Hafen („Vieux
Port“). Invasoren konnten also gemütlich ins Hafenbecken schippern, die Stadt von See her abschneiden und ihre Belagerungsgeräte bequem per Frachtkahn nachkommen lassen.
König Franz I. muss sich darüber ziemlich geärgert haben, als er 1516 hier vorbei kam (erst seit 1481 gehörte die Stadt zu Frankreich).

Besonders erzürnte den Monarchen wohl, dass man das Problem relativ leicht hätte lösen können: Durch eine Befestigung einer der vorgelagerten Inseln des kleinen Frioul-Archipels, wie der Ile d’if. Das ordnete der Monarch auch sogleich an.

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Die Burg auf der Felseninsel
Der Befehl sorgte bei den immer noch ihrer Unabhängigkeit nachtrauernden Marseillern erstmal für Ärger. Eine königliche Festung 1 1/2 Kilometer vor ihrer Hafeneinfahrt? Da sie selbst für den Bau zuständig waren, passierte erstmal nichts. 1524 dann der Schock: Kaiser Karl V. belagerte die Stadt. Die konnte sich zwar mit Mühe und Not halten, aber jetzt war klar, dass die Burg auf der Insel lebensnotwendig für das weitere Schicksal der Stadt war.

Noch 1524 werden daraufhin die ersten Mauern auf der Insel hochgezogen. Sieben Jahre später war das Chateau d’if fertig. 200 Soldaten und 22 Kanonen waren dort stationiert. Die Artillerie war in Bastionen und auf drei Rundtürmen verteilt, der höchste 22 Meter hoch. Ein durchaus mächtiges Bollwerk.


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Innenhof mit Brunnen
Der nächste Angriff von Karl V. scheiterte 1536 prompt an der Seefestung, was die stolzen Einwohner nicht davon abhielt, sich weiter über den Fremdkörper vor ihrem Hafen zu ärgern.

Die Lage prädestinierte die Insel als Gefängnis. 1580 kam wohl der erste Häftlinge in einer der Zellen unter (und wurde sogleich umgebracht). Rund 3500 Protestanten wurden in den folgenden Jahrzehnten vor Marseille interniert.

Wer wohlhabend genug war konnte sich in der Burg übrigens eine geräumige Zelle mieten und das entsprechende Catering kommen lassen.

Für die armen Schlucker gab’s nur zusammengepferchtes Dahinvegetieren in feuchten, luft- und lichtlosen Löchern.

Festungsbaumeister Vauban verewigte sich 1702 mit einem Wachtgebäude („Caserne de Vauban“). Während der Unruhen im Zuge des Untergangs des Kaiserreichs 1870/71 und des Deutsch-Französischen Krieges wurden aufständische Republikaner hier festgesetzt. Sie wollten Marseille wieder unabhängig machen. Ihr Anführer, Gaston Crémieux, wurde 1871 erschossen.

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Die Kapelle
International bekannt wurde dieses französische Alcatraz durch Alexandre Dumas‘ Roman Der Graf von Monte Christo aus den Jahren 1844 bis 46. Darin wird die Geschichte von Edmont Dantes erzählt, der unschuldig auf der Insel eingekerkert über seine Flucht nachsinnt, um sich anschließend mit Hilfe der Reichtümer der Insel Montechristo an seinen Peinigern zu rächen.

Der Roman wurde in Frankreich und international ein gigantischer Erfolg und bis heute unter anderem zu 23 Filmen verarbeitet. Seit 1890 ist die Festung öffentlich zugänglich.

Heute kann man mit einem kleinen Ausflugsboot vom Alten Hafen aus herüberschippern und beobachten, wie die Silouette der Burg, umgeben vom tiefblauen Wasser, immer größer wird.


Die ehemaligen Zellen sind heute Ausstellungsräume zur Geschichte der Burg und zur Historie des Romans. Das ganze Gebäude macht einen umfassend restaurierten Eindruck. Der Blick vom Dach des höchsten Turms geht weit hinüber nach Marseille und auf die anderen Frioul-Inseln.

Die Gefangenen müssen es als besonders schrecklich empfunden haben, die Lichter von Marseille sehen zu können, aber die Stadt unerreichbar weit entfernt zu wissen: In Alcatraz war es ja auch so. Touristen nimmt das Boot glücklicherweise alle halbe Stunde wieder mit zurück aufs Festland.

Nachts wird die Burg angestrahlt. Ein Highlight im Meer vor der Stadt.

Link: Ausführlicher Wikipedia-Eintrag

Fotos: Burgerbe.de

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