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Burg Gleiberg: Geburtsort einer heiligen Kaiserin?



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Blick auf den 30 Meter hohen Bergfried von Burg Gleiberg (Foto: Meins)
Wer imposante Burgruinen sucht, wird rund um Gießen schnell fündig. Das weite, fruchtbare Lahntal ist mit allerlei Basaltkegeln gesprenkelt, wie geschaffen für den Burgenbau.

Schon seit dem Jahr 930 ist der Gleiberg befestigt (treffender wäre die Bezeichnung Gleihügel, aber das hören die Einheimischen nicht so gern).

Dort oben saßen die Grafen von Gleiberg. Die Herren des beschaulichen Gleiberger Landes wurden durch eine Liebesheirat urplötzlich zu bedeutenden Leuten: Salier-Kaiser Heinrich II. dachte zur Jahrtausendwende nicht an den potentiell nahenden Weltuntergang, sondern ehelichte die Schwester des Dynastiegründers Friedrich I., Kunigunde. Wahrscheinlich war die spätere Kaiserin Kundigunde von Luxemburg um das Jahr 980 auch auf Burg Gleiberg geboren worden.


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Der Merenberger Bau

Damit bekam der Kaiser reichlich neue – und ziemlich streitbare – Verwandtschaft im Westen des Reichs. Die war für den Kaiser nicht sonderlich angenehm, denn Kunigundes Brüder forderten eine Vorzugsbehandlung. Als sie sich durch den Monarchen nicht ausreichend gewürdigt fühlten, fingen sie einen Dauer-Streit mit der Krone an.

Die Brüder Propst Adalbero, der Erzbischof von Trier werden wollte, und der Gleiberger Friedrich erhoben sich 1008 sogar gegen den Kaiser. Friedrich wurde anschließend vier Jahre lang inhaftiert. Er fand aber trotz aller politischer Krisen die Zeit, mit seiner Irmtraud zehn Kinder zu zeugen…

Kaiserin Kunigunde übernahm nach dem Tod ihres Gatten 1024 sogar kurz die Regierungsgeschäfte (die Brüder halfen gerne), bevor Konrad II. ans Ruder kam.

Bei der Kirche hinterließ die sehr gläubige Monarchin einen äußerst positiven Eindruck. Im Jahr 1200 wurde sie sogar heilig gesprochen.

Keine schlechte Karriere für ein Gleiberger Mädel (eine andere Theorie verlegt ihre Geburt nach Luxemburg, aber das will ich jetzt mal übergehen).

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Blick auf die Oberburg von der Straße aus

Die Zankereien der Gleiberger mit Kaisern und Königen gingen generationenlang weiter. 1103 reichte es dem König (und späteren Kaiser) Heinrich V., und er ließ die Anlage zerstören.

Erst 50 Jahre später kam es zum Wiederaufbau. Die Burg bekam dabei einen neuen (den heutigen), 30 Meter hohen Bergfried. Der Eingang lag in 15 Metern Höhe, und genau dahinter befand sich eine Falltür, die ins Verlies führte.

Der komplette untere Teil des Turms nämlich als Aufbewahrungsort für Gefangene und leicht verderbliche Waren genutzt (er war sogar mit einem Kuppelgewölbe versehen).

Gefangene taten gut daran, schwindelfrei zu sein, denn die Falltür-Luke befand sich gut elf Meter hoch über dem Verlies-Boden. Die Mauern waren am Fuß des Turms gut vier Meter dick. Guter, mittelalterlicher Standard.



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Der zweite Bergfried hat heute einen Eingang im Erdgeschoss (im Sommer sogar offen bis 22 Uhr)
Um 1170 ging die Burg an die Herren von Merenberg, die den (im Dreißigjährigen Krieg zerstörten) Merenberger Bau errichteten. Heute stehen immerhin noch die mächtigen Giebelmauern des Gebäudes. Das nenne ich mal eine robuste Bauweise. Die Merenberger errichteten auch massive Ringmauern und machten die Burg so zur Festung.

1333 zogen die Grafen von Nassau ein, die während der nächsten fast 500 Jahre hier herrschten. Mit der Zeit als eigenständige Residenz war es nun vorbei. Die Nassauer ließen einen Amtmann die Geschäfte führen. Das Gleiberger Gebiet war nun Grenzland von Nassau.

Das Dorf, das sich zu Füßen der Burg gebildet hatte, erhielt 1331 immerhin Stadtrecht.

Man war nun zwar nicht mehr so wichtig, trotzdem wurde die Anlage in den nächsten 300 Jahren kräftig erweitert. Das Palas der Oberburg kam hinzu, ein neuer Mauerring sowie die so genannte Unterburg.

Diese bestand aus dem Albertus- und Nassauer Bau, Steingebäude mit Fachwerketagen. Es entstand ein repräsentativer (und komfortabler) Sitz für den Nassauer Amtmann. Heute befindet sich dort ein Restaurant.

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Einfahrt zur Unterburg
Den Dreißigjährigen Krieg hätte die Burg beinahe unbeschadet überstanden. Doch kurz vor Ende des Krieges, 1645, rückten protestantische Truppen der Landgrafschaft Hessen-Kassel ein und richteten starke Zerstörungen an.

Die Dachstühle der Unterburg brannten ab, die Oberburg mitsamt Merenberger Bau brannte vollständig aus. Er wurde nicht wieder hergestellt, seine Mauern dienten als Baumaterialquelle für Häuser und Straßen der Umgebung.

Die Gebäude der Unterburg bekamen jedoch schon wenige Jahre nach dem Friedensschluss wieder neue Dächer und wurden erhalten.

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Der Innenhof der Unterburg
Doch so richtig gemütlich scheinen Nassauer Beamte und die Grafen die Burg nicht mehr gefunden zu haben. Die Amtmänner residierten lieber im Ort, und die Landesherren schauten jeweils nur noch ein paar Tage vorbei, wenn ihre Jahgsausflüge sie gerade mal ins Gleiberger Land führten.

Die Unterburg wurde schließlich nur noch als Scheune für das Zehntgetreide genutzt und verfiel im 18. Jahrhundert zusehends. Auch mit der Siedlung ging es abwärts. „Erst 1970 konnte der Ort mit 420 Einwohnern wieder den Stand des Jahres 1542 erreichen„, konstatiert der Geschichtsverein.

Daran änderten auch die Preußen zunächst nichts, die die Anlage 1816 vom Herzogtum Nassau ertauschten. Besonders beliebt war die Burg zu dieser Zeit eigentlich nur bei den Gießener Studenten, die gerne hinaufpilgerten. Das kann aber auch an den umliegenden Gasthäusern gelegen haben.

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Burg Gleiberg von weitem

Vermutlich war der Bekanntheitsgrad der Burg in Akademiker-Kreise dafür ausschlaggebend, dass sich bereits 1837 ein Verein für ihren Erhalt gründete und gleich kräftig zu Werke ging. Erstmal stemmte man einen Eingang in den Bergfried, zerstörte das Kuppelgewölber im Inneren und sorgte für eine Eichenholztreppe. Bald konnte Studenten und Honoratioren sodann die Aussicht von ganz oben genießen.

Der preußische Staat merkte schnell, was er sich da für eine kostenträchtige Immobilie ertauscht hatte und schenkte die Burg 1879 an den Wetzlarer Landrat, der sie an den Gleibergverein weitergab.

Bedingung: Die Herren mögen bitte für den Erhalt des Gemäuers aufkommen. Der Verein erfüllte die Aufgabe, begann mit der Räumung von Schutt und der Sicherung der Ruine. Man konzentrierte sich auf die Unterburg.

Wohl auf Drängen der Studenten wurde in der Albertusklause 1882 eine Trinkhalle eingerichtet.

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Blick auf die Nachbarburg Vetzberg
Die NSDAP nutzt den Albertus-Bau dann als Schulungslager. Diverse NS-Organisationen wären gerne selbst Eigentümer der Burg geworden, aber der Verein konnte dies verhindern. Nach dem Krieg musste die Unterburg erneut umfassend saniert werden.

Bis heute steckte der Gleibergverein gut 1,5 Millionen Euro in die Burg, größtenteils aus Eigenmitteln. Ihre heutige Gestalt erhielt die Unterburg dann 1986.

Wirklich empfehlenswert ist übrigens das Beobachten der Sonnenuntergangs vom Bergfried aus (keine Angst, aus der knarrenden Eichentreppe ist eine moderne Betonstiege geworden, und Licht gibt’s auch). Die Sonne versinkt nämlich fast genau hinter der benachbarten Ruine von Burg Vetzberg.

Auf Burg Gleiberg kann man übrigens auch heiraten (die Miete des Trauzimmers kostet 120 Euro, der Standesbeamte 35 Euro Extra-Gebühr).

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Aussicht mit Sonnenuntergang...

Lage: Burg Gleiberg, Burgstraße 90, 35435 Wettenberg

Links: Einen ausführlichen Überblick über die Geschichte von Burg Gleiberg liefert die Seite des Gleibergvereins (ab März 2021 offline). Eher knapp ist der Wikipedia-Eintrag.



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Bilder: Meine (Anklicken zum Vergrößern)



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