Eine Burg ohne Kanonen sah bereits im späten 15. Jahrhundert ziemlich alt aus. Aber wohin mit der Artillerie? Wehrgänge und Dächer erwiesen sich da als ziemlich unpraktisch. Also ging man zum Bau von Batterien und Kanonentürmen über. Besonders
gut kann man diese Bauweise an Burg Eisenhardt im Fläming sehen, einem „einzigartigen Symbol früher sächsischer Festungsbaukunst“ (Thomas Schmöhl*)
Der Bergrücken bei Belzig war wohl schon im 5. Jahrhundert vor Christus befestigt. 997 verlieh Kaiser Otto III. das „burgwardium belizi“ dem Erzstift Magdeburg.
Die Burggrafen waren streitbare Herren. Baderich I. mischte 1157 bei der Eroberung Brandenburg von den Slawen mit. Sein Sohn mit der Nummer II. kämpfte als Kreuzfahrer im Heiligen Land. Er überlebte und schenkte 1243 einem Kloster allerlei Reliquien aus Palästina.
Die romanische Burg bestand u.a. aus dem erhaltenen, 24 Meter hohen Bergfried, einem Pallas und einer Kapelle. Der Eingang zum Bergfried lag in 12 Meter Höhe. Wegen seiner Ähnlichkeit mit einem Butterfass wurde der Bergfried auch Butterturm genannt.
Die Burg, damals „das weiße Schloss“ genannt, wechselte mehrfach zwischen den Markgrafschaften Meißen und Brandenburg und dem Erzstift Magdeburg – sie lag sozusagen an einem Mittelalterlichen Dreiländereck. 1394 und 1406 reichte es den Magdeburgern. Sie belagerten die Burg und zerstörten sie (im zweiten Anlauf) zu großen Teilen.
1423/25 konnten sich die in Meißen residierenden sächsischen Kurfürsten die Herrschaft der Burg sichern. Eine Belagerung durch Hussiten scheiterte 1429. Die Wettiner begannen in den Folgejahren damit, die Anlage den Erfordernissen des Schießpulver-Zeitalters anzupassen.
Sie sorgten für einen deutlich vergrößerten Grundriss, niedrigere aber stärkere Mauern und Schießscharten. Speziell Ernst von Sachsen tat sich nach 1467 mit dem Ausbau hervor und bestückte die Festung mit Steinbüchsen.
Besonders eindrucksvoll finde ich die damals eigens gebauten, massigen Kanonentürme. Der Nordostturm (Bild rechts) hat zum Beispiel fünf Schießscharten zum Einsatz kleinkalibriger Festungsgeschütze.
Da sich der Turm etwas aus der Burgmauer herausschiebt, konnte seine Besatzung Feinde in einem Radius von gut 270 Grad beschießen. Bei den teils restaurierten Türmen kann man auch einen Blick in deren Innenleben werfen und auf einer Treppen-Konstruktion hindurchgehen.
Die Türme sind so platziert, dass sie praktisch jeden Winkel des Burg-Vorfelds unter Artilleriefeuer nehmen konnten.
Und kein bisschen Platz wurde verschwendet: Unten im Nordostturm befindet sich eine acht Meter tiefe Grundwasserzisterne, in der heute noch das Wasser einen Meter hoch steht. Mit den Kanonentürmen bekam die frühneuzeitliche Festung auch ihren heutigen Namen: Eisenhardt. Schon damals galt: Nomen est omen.
Nach 1477 wird das ehemalige Torgebäude zu einem repräsentativen Schloss umgebaut. Im 16. Jahrhundert kam ein geräumiges Salzmagazin (damals ein äuerst wertvolles Gut) mit zwei großen Sälen im Hof der Anlage hinzu. Heute logiert dort das Burghotel mit einer netten Außengastronomie (Foto).
Dem wehrhaften Umbau folgten unruhige Zeiten. Im Schmalkaldischen Krieg wurde Belzig 1547 von kaiserlichen Truppen erobert, die Burg wird beschädigt. Noch schlimmer wüteten dann 1636 die Schweden (1632 war der in der Schlacht bei Lützen getötete Schwedenkönig noch in Belzig aufgebahrt worden). Sachsens Kurfürst Johann Georg III. ließ die Burg nach 1680 wieder instandsetzen.
1712 beherbergte die Burg einen prominenten Gast, der sogar noch lebte: Zar Peter der Große übernachtete hier.
Er war auf der Durchreise von der Hochzeit seines Sohnes. Den Siebenjährigen Krieg überstand die Festung glimpflich. Belzig musste allerdings 2000 Taler Kriegskontributionen an die Preußen zahlen.
Belzig spielte dann erst in den Befreiungskriegen wieder eine Rolle. In der Nähe fand 1813 die so genannte Landwehrschlacht bei Hagelberg statt. Sachsen stand bis zur Völkerschlacht bei Leipzig an der Seite Frankreichs.
Ein Umstand, der sich speziell für Burg Eisenhardt rächen sollte. Denn beim Wiener Kongress 1815 musste Sachsen das Amt Belzig mitsamt Burg an das siegreiche Preußen abtreten.
Für die Burg wohl ein Segen, denn der burgenverrückte Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ließ die Anlage 1849 umfangreich sanieren.
Das NS-Regime nutze die Gebäude zur Unterbringung einer „Reichsschule der technischen Nothilfe“. Im Zweiten Weltkrieg diente das Salzmagazin als Jugendherberge, Berufsschule und der Burgkeller zuweilen als Luftschutzbunker.
Belzig überstand den Krieg übrigens fast ohne Zerstörungen. Auch die DDR setzte Eisenhardt glücklicherweise nicht auf ihre Liste abzureißender Burgen und Schlösser.
Das SED-Regime erlaubte sogar, dass engagierte Bürger dort 1956 mit Objekten ihrer privaten Sammlungen eine Heimatstube (also ein Museum) einrichteten.
Bereits im Winter 1990 konnte daher mit Restaurierungsarbeiten begonnen werden. Aufgrund der Ausdehnung der Anlage eine Mammut-Aufgabe. 1999 stürzte beispielsweise die Westmauer ein (inzwischen wieder aufgebaut).
Die Mischung zwischen Wiederaufbau und Erhaltung der Ruinen hat mir gut gefallen. Sehr informativ sind auch die diversen Info-Tafeln. Das Museum besteht heute noch und zeigt u.a. ein Zinnsoldaten-Diorama der Landwehrschlacht.
Geister-Geschichte
Im Museum soll zu mitternächtlicher Stunde eine Weiße Frau spuken. Es handelt sich um eine Burggrafentochter, deren Auserwählter in voller Rüstung in den Burgteich gefallen und ertrunken war. Sie soll an Liebeskummer verschieden sein…
Das Drei-Burgen-Land
Burg Eisenhardt ist eine der Burgen des so genannten Drei-Burgen-Lands im hügeligen Hohen Fläming. Die anderen beiden Anlagen sind Schloss Wiesenburg und Burg Rabenstein. Man kann sich alle drei Anlagen übrigens bequem an einem Tag ansehen.
Literatur/Links: *Thomas Schmöhl, Burg Eisenhardt Belzig, Belzig 2001. Das 44-Seiten Heftchen mit allerlei Illustrationen gibt es für wenige Euro in der Burg. Der Wikipedia-Eintrag zur Burg ist in den vergangenen Jahren gut gewachsen.
Lage: Burg Eisenhardt, Wittenberger Straße 14, 14806 Belzig
Sehr interessanter Artikel.
Die Beziehungen der Burg Belzig und dem Vorgänger des Schlosses Wittenberg sind enger als man glauben sollte.
Auch die Befestigung um das Schloss und die Stadt an der Elbe wurden in 1450ern und den 1470ern beachtlich ausgebaut.
Während des Sächsischen Bruderkrieges lag sogar der Kurfürst mit seinem Hof mehrere Wochen im Wittenberger Schloss, zahlreiche Steinbüchsen auf den Bollwerken inbegriffen.
Leider sieht man davon in Wittenberg nur noch wenig, so dass Burg Eisenhardt ein schönen Vergleich gibt
Wenn Sie interesse haben, können Sie Kontakt zu mir aufnehmen. Dann kann ich Ihnen mitteilen, wer alles so auf der Durchreise nach Belzig war als man das Torhaus baute…
Eine sehr gute Beschreibung. Dennoch eine kleine Korrektur am Rande. Eine Jugendherberge und Teile der Berufsschule waren nicht im 2.Weltkrieg sondern in der DDR Zeit auf der Burg untergebracht. Hinzu kam noch das Standesamt und ein Jugendclub.
Nach der Wende wurde das Salzmagazin umgebaut. Hier befindet sich jetzt ein Hotel und Restaurant.
Beste Grüße
ein gebürtiger Belziger
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wie immer sehr informativ und gut gemacht. ist jedes mal ein reise in deinen blog wert.
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