Wenn so ein preußisches Linienregiment feuert, kracht es höllisch. Das ist aber noch gar nichts gegen die Artillerie.
Der Schalldruck der Kanonen sorgt bei den Zuschauern noch in 30 Meter Entfernung für Klingeln in den Ohren. Zum 250. Jahrestag der Schlacht bei Krefeld (ich hatte sie mal in einem Beitrag über Burg Linn erwähnt) kamen Darsteller diverser Regimenter ins Freilichtmuseum Dorenburg an der gleichnamigen Wasserburg bei Grefrath zu Heerlager und Manöver.
Bis eben wusste ich gar nicht, dass es neben der Mittelalterszene so große Gruppen von Entusiasten gibt, die Soldaten, Adelige und Gemeines Volk der Epoche zwischen dem Siebenjährigen Krieg und den Befreiungskriegen darstellen (das Fachwort heißt Reenactment).
Die Mühe, die auf Unformen, Accessoires und Sprache („Herhören, Kerls!“) gelegt wird, ist dabei die gleiche wie bei den Mittelalter-Leutchen. Alles muss stimmen. Nur liegt der Altersschnitt deutlich höher.
Für die Rückkehr zur Zeit von Preußens (oder Sachens oder Frankreichs) Gloria interessieren sich eher reifere Herrschaften so ab 30 aufwärts, was dem Spaß aber keinen Abbruch tut.
Ein sehr nettes Gespräch hatte ich mit den Darstellern der Gräfin Henriette Charlotte von Rogucka und ihres Feldpredigers (Foto).
Die Gräfin war Inhaberin des Churfürstlich-Sächsischen III. Kreisregiments aus Bautzen. Im Freilichtmuseum haben die Gräfin und der kleine Hofstaat ein besonders prächtiges Zelt und tragen aufwenige, selbst geschneiderte Gewandungen, was aber am bescheidenen Wetter nicht viel ändert.
Die Militär-Darsteller wollen natürlich auch etwas zeigen. Und da man mangels Masse und wohl auch aus grundsätzlichen Überlegungen heraus nicht die komplette Schlacht nachspielen wollte, verfiel man auf ein kleines Manöver.
Als „Gegner“ fungierte eine handvoll französischer Darsteller (Foto), unterstützt von Kursachen, die zwar an der Schlacht nicht teilgenommen hatten, aber zu dieser Zeit nun mal mit den Franzosen verbündet waren. Der Reenactment-Routinier sieht so etwas pragmatisch.
Dann wurde angedeutet, wie so eine Streitmacht aus Linienregimentern vorging, unterstützt von Artillerie. Die echten preußischen Grenadiere sollen ja drei Schuss pro Minute abgegeben haben. Die langen Kerls von heute sind (zumindest im Manöver) deutlich langsamer.
Auch dabei: grünberockte Jäger, eine Eliteeinheit, die in kleinen Gruppen Terrain und feindliches Heer erkundete und mit ihren Scharfschützen-Büchsen schon mal unter Feuer nahm.
Die Ulanen von Glasenapp waren in Grefrath zu Fuß unterwegs, zeigten aber, was sie mit ihren kurzen Flinten und den Reitersäbeln so alles anstellen können. Sehr schöne Uniformen haben sie (siehe Foto rechts).
Der Befehlshaber der Schlacht, der Herzog von Braunschweig, wünschte den eigenen Truppen einen tapferen Kampf, und los ging’s.
Umwogen von Pulverdampf stießen die Detachements vor. Salve folgte auf Salve. Die Kanonen ballerten, die Ulanen unternahmen einen säbelschwingenden Flankenangriff, wurden abgewehrt.
Und dann begegneten sich die Gefechtsreihen. In solchen Momenten zählte die Disziplin. Zu leicht konnte sich sonst alles im Chaos einer Mann-gegen-Mann-Schlacht enden. Schließlich wurden die Franzosen in die Defensive gedrängt.
Fairerweise zogen sich nunmehr beide Seiten ein Stück zurück und zogen ab. Der Herzog nahm’s wohlwollend zur Kenntnis. Für mich war es eine eindrucksvolle Schau, daher zeige ich hier gerne mal ein paar Fotos.
Zur Dorenburg selber erfährt man im Museum leider fast nichts. Die Geschichte der Wasserburg, eines Geldrischen Lehens, kann bis ins Jahr 1326 zurückverfolgt werden. Die heute sichtbaren Gebäude stammen aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die zweiflüglige Anlage gilt als typisches Beispiel eines niederrheinschen Adelssitzes aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg.
Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Flügel der Anlage völlig zerstört. Ab 1974 wurde die Wasserburg restauriert und ist heute Zentrum des 1973 eröffneten Heimatmuseums. Im Erdgeschoss und im ersten Stock werden Ausstellungen gezeigt, der Innenhof steht für Veranstaltungen zur Verfügung.
Kritik vom Nachbar-Bürgermeister
Ohne dabeigewesen zu sein, hat Krefelds Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) die Veranstaltung bei einer Rede anlässlich einer Kranzniederlegung zwischen den Zeilen als Spektakel kritisiert und darauf hingewiesen, dass die Schlacht kein Abenteuer gewesen sei.
Sein Amtskollege und Parteifreund aus Tönisvorst sieht das ähnlich. Ich vermute mal, dass es die beiden aber eher störte, dass das bunte Treiben auf dem Gelände der Grefrather Dorenburg und nicht in „ihren“ Städten Krefeld und Tönisvorst stattfand.
Mit der Spektakel-Kritik könnte man übrigens auch gleich allen Mittelalter-Märkten den Boden entziehen…
Link: Freilichtmuseum Dorenburg (Niederrheinisches Freilichtmuseum des Kreises Viersen)
Fotos: Burgerbe.de (Anklicken zum Vergrößern)
wow ich ache hier in der dorenburg mein praktikum sind echt klasse bilder
gunny, ich bin doch auch kein sachse… es gibt auch noch leben ausserhalb sachsens *hihi*
@GunWoman. Äh, nein ;-)
schöne seite hast du hier ;)…kommst du etwa auch aus sachsen?
ein impressum macht anscheinend viel träffik *lach*
klasse bilder :) ein bekannter macht so etwas auch. allerdings macht er bei einem schottischen highland-regiment mit.
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