Der größte Gewinner beim Lottospiel ist der Staat. Und der gibt seine Einnahmen schnell wieder aus. Zum Beispiel für die Sanierung der Spandauer Zitadelle.
In den beliebten Märchenfilm-Drehort voller Preußen-Geschiche flossen 2009 sechs Millionen Euro aus Lotto-Mitteln.
Weitere sechs Millionen kamen aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung. Ziel war es, die Gebäude für die 2011er Monumentalausstellung „Spurensuche – Deutschland und seine politischen Denkmäler“ herzurichten.
Für den Berliner Senat bedankte sich Kulturstaatssekretär André Schmitz mit Bandwurmsätzen à la:
„Mit dieser Entscheidung der Stiftung DKLB wird unterstrichen, dass der Senat die Zitadelle Spandau als Baudenkmal von europäischem Rang und das kulturtouristisch geprägte Nutzungskonzept von Bezirk und Landesdenkmalpflege unterstützt. Für die touristische Anziehungskraft Berlins sind Angebote wie das überregional bedeutsame Ausstellungsprojekt auf der Zitadelle von herausragender Bedeutung.“
Naja, der PR-Sprech wäre ja noch zu ertragen. Aber was macht das Land Berlin im Gegenzug? Bevor auch nur ein Euro geflossen ist, setzte es erstmal einen Pförtner vor die Anlage (Personalkosten: 25.000 Euro) und kassiert 4,50 Euro Eintritt. Einfach fürs Betreten des Innenhofs.
Damit kommt man zwar auch auf den 30 Meter hohen Juliusturm und ins Museum im Kommandantenhaus.
Deren Besuch kostete vorher allerdings nur 2,50 Euro, wurde also mal eben um 2 Euro teurer.
Ich finde das unglaublich, schließlich gibt es innerhalb der Festung praktisch nichts Interessantes zu sehen, was diesen Eintritt rechtfertigen würde. Mal abgesehen von Mauern, altpreußischem Kopfsteinpflaster und einer Statue von Albrecht I., „der Bär“ von Brandenburg (ein Überbleibsel der 32 Statuen der „Siegesallee“ von Wilhelm II., siehe Foto).
Die Touristen, die drauf reinfallen, werden sich schön ärgern.
Für geradezu dreist halte ich die Erklärung für den neuen Eintritt und den damit so ganz nebenbei verbundenen saftigen Zuschlag beim Museums-Ticket. Da die Zitadelle ja fast nur von Touristen besucht werde, würden die Einheimischen dadurch nicht geschädigt.
Tja, statt eine der bedeutendsten Renaissance-Festungen Europas weiter für ALLE offen zu halten, hält das Land Berlin ohne Gegenleistung erstmal die Hand auf. Damit erweist der Senat den eigenen Interessen einen Bärendienst.
Kein Wunder, wenn jetzt die Besucherzahlen zurückgehen.
Geschichte der Zitadelle Spandau
1197 wird die Burg erstmals erwähnt, die Albert „der Bär“ hier zur Sicherung seiner Herrschaft errichtete. Aus dem 13. Jahrhundert stammt der Juliusturm, das Palas aus dem 15. Jahrhundert.
Die heutige Zitadelle ließen Joachim II., Kurfürst von Brandenburg und sein Sohn Johann-Georg von 1557 bis 1594 durch italienische Architekten und 200 italienische Fachkräfte an Stelle der Burg errichtet.
Die Festung entspricht den Idealvorstellungen der Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts. Vier Bastionen (ihre Spitzen sind jeweils ca. 300 m voneinander entfernt) schützen die vollkommen von Wasser umgebene Anlage.
Spandau mit Zitadelle auf einem Merian-Stich von 1633
1631 besetzen schwedische Truppen Stadt und Zitadelle. Im Siebenjährigen Krieg hielt Friedrich II. hier den preußischen Staatsschatz und geheime Akten unter Verschluss.
Die Zitadelle war unter seinen Nachfolgern die letzte Zuflucht der preußischen Regierung. Trotzdem gelang es den napoleonischen Truppen, sie ohne einen Schuss einzunehmen.
Beschossen wurde die Festung nur ein Mal. Und zwar durch die Preußen selbst unter dem Kommando von General August von Thümen, die 1813 in den Befreiungskriegen die französische Besatzung unter Feuer nahmen.
Diese feuerten so ausdauernd, dass schließlich die komplette Anlage in Brand geriet. Das Pulvermagazin der Bastion Königin explodierte, was das Torhaus völlig demolierte. Erst nach mehrtägigen Kämpfen zogen sich die Franzosen zurück.
Spandaus Zitadelle diente immer auch als preußisches Staatsgefängnis, unter anderem saß hier 1821 „Turnvater“ Jahn ein.
Bei der Besichtigung des Juliusturms (schöne Aussicht übrigens) fällt vor allem die armdicke Stahltür auf. Kein Wunder, beherbergte der Turm doch zwischen 1974 und ca. 1913 den aus französischen Reparationen aus dem 1871er-Krieg gebildeten preußisch-deutschen Kriegsschatz.
Hier lag gemünztes Gold im Wert von 120 Millionen Mark (heute eine Milliarden-Euro-Summe).
Die sparsamen Preußen knabberten 1914 bei Kriegsausbruch übrigens nur ein kleines bisschen an diesem Schatz, der eigentlich dafür gedacht war, die Kosten der Mobilmachung zu decken.
Ca. 95 Prozent des Goldes wanderte nach dem Ersten Weltkrieg als Reparation an die Alliierten. Er landete schließlich zu großen Teilen in den Tresoren der amerikanischen Federal Reserve Bank.
Die Nazis erklärten die Zitadelle zum militärischen Sperrgebiet und errichteten hier ein „Heeres-Gasschutzlabor“. Die 300 Beschäftigten arbeiteten auch an der Weiterentwicklung chemischer Waffen.
Chemische Rückstände aus dieser Zeit finden sich heute noch im Erdreich. Das Palas wurde Offizierskasino, in den Juliusturm zog 1942 eine Luftschutzzentrale.
Volkssturm-Männer konnten die Festung Ende April 1945 noch fünf Tage lang gegen die anstürmende Rote Armee halten. Sie fiel erst am 2. Mai 1945. Nach dem Krieg zogen die Briten ein, die die Zitadelle 1948 wieder deutschen Behörden übergaben.
Die Seite „Unterwegs in Spandau“ bietet eine https://www.panoramafotografie.info/zitadelle-spandau/history/20.html„>Chronik der Geschichte der Zitadelle.
Und dann gibt’s noch den Wikipedia-Eintrag und die Zitadellen-Homepage.
Lage: Zitadelle Spandau, Am Juliusturm, 13599 Berlin
Mehr zu Schlössern und Burgen in Berlin/Brandenburg hier im Blog:
Wie miete ich ein Preußen-Schloss?
Berliner Stadtschloss: Kaiser Wilhelms vergrabene Pyramiden
Eine Kuppel fürs Berliner Stadtschloss
Potsdamer Stadtschloss soll im Dezember 2013 fertig werden
Bischofsburg Wittstock: Erinnerung an den Dreißigjährigen Krieg
Fotos:
Bild 1: Festungs-Portal (von mir)
Bild 2: Statue von Albrecht dem Bären (von mir)
Bild 3: Palas und Juliusturm (Zitadelle Spandau – FB Kultur)
Bild 4: Merian-Bild von 1633 (Wikipedia/zeno.org)
Bild 5: Plan der Festung (Wikipedia/Presse03)
Bild 6: Juliusturm (Wikipedia/sec11)
Bild 7: Zeughaus (Zitadelle Spandau – FB Kultur)
Bild 8: Luftbild (Google Earth)
die heinrich seidel grund schule geht am dienstag an die ziterdele
wir schauen uns die burg an und schauen uns die fledermäuse uns an
jeahr wir fruen uns shon
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