27 Millionen für Burg Vogelsang: NRW im Baurausch?



Alle Fotos der Burg Vogelsang stammen von Wikipedia/Hans Weingartz (veröffentlicht unter Creative Commons Lizenz
Alle Fotos der Burg Vogelsang stammen von Wikipedia/Hans Weingartz (veröffentlicht unter Creative Commons Lizenz)
Das Land NRW hat für die ehemalige NS-„Ordensburg“ Vogelsang in der Eifel hochfliegende Pläne, die schon einen leicht gigantomanischen Beigeschmack haben.

Für 27 Millionen Euro sollen am denkmalgeschützten NS-Bau die „modernste Jugendherberge Europas“, ein Waldjugendheim des Umweltministeriums sowie ein Ausstellungs- und Lernzentrum mit einer internationalen Akademie eingerichtet werden.

Hinzu kommt eine große Gaststätte und ein Besucherzentrum nebst Schwimmbad. Das meldet u.a. der Kölner Stadt-Anzeiger.

Das Geld soll aus den Kassen von Land, Bund, Landschaftsverband, Städten und Gemeinden fließen. Und wie immer, wenn es bei einem öffentlichen Projekt mit der geplanten Finanzierung nicht so recht klappen will, schielt man auf die EU-Fördertöpfe. Ach ja, „private Investoren“ dürfen natürlich auch mitmachen.

800px-vogwanha.jpgIn dem neuen Zentrum sollen dann Ausstellungen zum nahen Nationalpark und zur Geschichte des NS-Bauwerks gezeigt werden und sich tausende Touristen vergnügen.

Ein internationaler Architekten-Wettbewerb, der klären soll, wie man so viel Nutzung auf begrenztem Raum unterbringen kann, ohne die Kernburg völlig untergehen zu lassen, soll in Kürze starten.

Genau da setzen meine Befürchtungen ein. So viel moderne Ausschmückung rund um einen Nazi-Bau? Klingt in meinen Ohren nach einem typischen Bürokratenprojekt, das beim Weg durch die Behörden immer weiter aufgebläht wurde. So nach dem Motto: Das Umweltministerium will auch mitmachen? Ja gut, dann kriegt es eben ein Waldjugendheim. Geld ist ja im Moment genug da…

800px-vogthing.jpgDie Ideen der Bürokraten sind zwar gut gemeint. Und es ist klar, dass sich die Tourismus-Funktionäre dieser doch etwas abgelegenen Gegend freuen.

Aber besteht nicht das Risiko, dass man das hohl-diabolische Bild der Anlage, den verlogenen NS-Pathos völlig zubaut? Es einschließt in moderne Stahl-Glas-Architektur?

Ich bin mal gespannt wie es weitergeht und muss unbedingt mal hinfahren, bevor NRW da die größte Baustelle seit dem Krieg anfängt.

Zur Geschichte:
800px-vogtuha.jpg Aus Geldern der enteigneten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände ließen die Nazis nach 1933 umgehend drei „Schulungslager“ bauen: Sonthofen/Allgäu, Crössingsee/Pommern und eben Burg Vogelsang in der Eifel.

Die Pläne für die Anlage hoch über dem Urftsee waren gigantisch. U.a. sollten hier die größten Sportstätten Europas entstehen. 1935 waren die heute sichtbaren Gebäude fertig, und der Begriff „Ordensburg“ bürgerte sich ein.

800px-voguntku.jpg1936 rückten die ersten 500 „Junker“ ein. Sie sollten zur späteren Führungselite des NS-Staats ausgebildet werden und nach dem Abschluss „jedes Amt in Deutschland bekleiden können“, so wurde es ihnen zumindest versprochen. Zur intensiven, vor allem sportlichen Ausbildung gehörten auch Fliegen und Reiten (Schwerpunkt auf Vogelsang).



Der Unterricht war natürlich rassistisch und streng antisemitisch, ganz auf die Erzeugung des „germanischen Übermenschen“ eingestellt.

Hitler besuchte den Komplex übrigens mehrfach. Auf ihn soll die abstruse Idee zurückgehen, vor dem Eingang dorische Säulen aufzustellen, die keinerlei statische Funktion erfüllen.

800px-vogels2.jpgDiverse Skulpturen sollten den Schülern die „Überlegenheit der arischen Rasse“ täglich vor Augen führen. Ein Teil des pathetischen Nazi-Kitschs hat sich erhalten, lediglich die Hakenkreuze und SS-Runen wurden entfernt.

1939, zu Kriegsbeginn wurden die letzten Junker entlassen. Die hochliegenden Baupläne mussten erstmal gestoppt werden. Ebenso wie der geplante Aufbau weiterer Ordensburgen, z.B. auf Schloss Stettenfels. Die Wehrmacht nutzte nun die Anlage, brauchte sie aber nur vor West- und Ardennen-Offensive. 1944 wurden hier 14- und 15-Jährige auf den „Endkampf“ vorbereitet. Nach Luftangriffen blieben von mehreren Gebäuden nur noch Trümmer übrig.

Nach dem Krieg zogen die Belgier ein, die sich an eine behutsame Rekonstruktion wagten. Nach ihrem Abzug kann man das Areal seit Januar 2006 tagsüber besichtigen.

Quellen: Sehr guter Wikipedia-Eintrag. Die Burg Vogelsang hat auch eine Website.

Lage: Forum Vogelsang, 53937 Schleiden

Alle Fotos: Wikipedia/Hans Weingartz (veröffentlicht unter Creative Commons Lizenz)





Ein Gedanke zu „27 Millionen für Burg Vogelsang: NRW im Baurausch?“

  1. Die Ordensburg ist sehr beeindruckend und noch beeindruckender sind die Pläne darüber, was noch alles hätte gebaut werden sollen… Die Anlage sollte vom Kölner Dom aus sichtbar sein…
    Die geplanten Nutzungen werden – so denke ich – den Gesamteindruck der Anlage nicht schmälern. Allerdings muss dringend gehandelt werden, denn die Natur holt sich vielerorts die Anlage zurück. Meine Bilder vom Sommer d. J., die ich Dir zur Verfügung stellen wollte, zeigen eine verwilderte Anlage.

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