Schloss Wiederau: Gerettet vor den Braunkohle-Baggern



Die sanierte Fassade von Schloss Wiederau / Foto: Burgerbe.de
Die sanierte Fassade von Schloss Wiederau / Foto: Burgerbe.de
Das barocke Dresden verwandelte sich 1945 im Bombenhagel in eine qualmende Ruinenlandschaft. Doch eines der prächtigen Schlösser der Höflinge Augusts des Starken überstand den Krieg völlig unbeschädigt: Schloss Wiederau in Pegau bei Leipzig.

Die Tage des Schlosses aus der Zeit um 1700 schienen nach dem Krieg eigentlich besiegelt zu sein: Im Untergrund liegen dicke Schichten Braunkohle – für die DDR war der Abbau unverzichtbar.

Große Teile des Leipziger Südens verwandelten sich in einen riesigen Tagebau (heute entsteht dort das „Leipziger Neuseenland“).

Hätte die DDR noch ein paar Jahre länger existiert, wäre das seit 1976 leer stehende Schloss wegen Baufälligkeit entweder abgerissen worden oder Anfang der 1990er Jahre planmäßíg dem Bagger zum Opfer gefallen wie etwa Schloss Harff in NRW. Doch die Wende stoppte den Tagebau – aber nicht den Verfall.


Schloss Wiederau sieht wieder vorzeigbar aus.
Schloss Wiederau sieht wieder vorzeigbar aus.

Seit 1976 hatte der Leipziger Kulturbund immer wieder Notreparaturen vornehmen lassen und so das Schlimmste verhindert. Trotzdem musste die Orangerie 1983 abgerissen werden. Nach Ende der DDR waren endlich Gelder für eine nachhaltige Sanierung da: zwischen 1994 und 1997 wurden Dach und die jetzt wieder strahlende gelbe Fassade instand gesetzt.

2010 kaufte die Sachsenerz Bergwerks-GmbH das Schloss. Sie arbeitete weiter an der Fassade und erneuerte die Fenster. Wie das Schloss in Zukunft genutzt werden soll, ist noch nicht bekannt. Schloss Wiederau ist aktuell noch Baustelle und öffentlich nur zu besonderen Anlässen zugänglich.

Nach dem Brand ist das Schlossgelände wieder Baustelle
Nach dem Brand ist das Schlossgelände wieder Baustelle
Eine Fachwerk-Scheune des Schlosses fiel in einer Nacht Mitte März 2015 einem Brand zum Opfer (Link zur Feuerwehrmeldung). Die Flammen griffen auch auf ein Nebengebäude des Schlosses über, das beschädigt wurde. Der Besitzer schätzt den Schaden auf 200.000 Euro. Das Schloss blieb unversehrt.

Bauherr des Komplexes war der Leipziger Geheimrat David Fleischer (vom Kaiser geadelt zu David von Fletscher), der das Gut 1697 kaufte. Über dem Eingang prangt die Jahreszahl 1705. Von Fletscher Geschäfte mit Textilien liefen derart gut, dass er während der Bauarbeiten noch das Rittergut Crossen an der Elster dazukaufte.

Das Deckengemälde in Schloss Wiederau / gemeinfrei
Das Deckengemälde in Schloss Wiederau / gemeinfrei
Die Innenausstattung von Wiederau zeugte von barocker Opulenz: Im Festsaal, der sich über zwei der drei Geschosse erstreckt, finden sich Wand- und Deckengemälde des italienischen Malers Giovanni Francesco Marchini. Das Deckenbild hat sich sogar erhalten, die Farben leuchten noch immer.

Von Fletschers Sohn Thomas August galt als besonderer Günstling Augusts des Starken. Nächster Schlossbesitzer war ab 1737 ein weiterer treuer Gefolgsmann Augusts: Reichsfreiherr Johann Christian von Hennicke.



Brandschaden am Nebengebäude von Schloss Wiederau
Brandschaden am Nebengebäude von Schloss Wiederau
Dieser hatte eine Karriere gestartet, wie sie in dieser Zeit normalerweise nur königlichen Geliebten wie der Gräfin von Cosel gelang.

Der Hallenser hatte sich vom bürgerlichen Kammerdiener in Sachsen-Naumburg zum kursächsischen Konferenzminister (mit Grafentitel) emporgearbeitet. Er starb 1752 hochgeehrt auf dem Schloss.

Johann Sebastian Bach hatte zu Ehren von von Hennicke 1737, als dieser Schloss mit einem Festakt und Gut Wiederau übernahm, eigens eine Kantate komponiert. Titel: „Angenehmes Wiederau – freue dich in deinen Auen“. Und so klingt sie:

1906 erbte Konrad von Holleuffer-Kypke das Schloss. Der war zwar adelig, aber der Arbeiterbewegung verbunden und seit 1926 sogar KPD-Mitglied. Eine auch für die Weimarer Republik ziemlich seltene Mischung.

Der „rote Baron“ stellte die Nebengebäude des Schlosses der Leipziger Arbeiterjugend zur Verfügung (schreibt Heyko Dehn bei Historisches Sachsen). Durch die Bodenreform wurde Holleuffer-Kypke nach dem Krieg trotz KPD-Vergangenheit enteignet und das Schloss „Volkseigentum“. Er starb 1949.

Das Schloss wurde zunächst Notquartier für Vertriebene. Später zogen die Gemeindeverwaltung und ein Kindergarten ein. Ab 1976 stand das Schloss leer.

Heute gilt Schloss Wiederau eines der bedeutendsten Zeugnisse des sächsischen Barock. Am Schloss vorbei kommen vor allem Radlern, denn das Anwesen liegt am beliebten Elsterradweg.

Adresse:
Schloss Wiederau,
Am Schloß,
04523 Pegau

Weiterlesen:

Die Seite „Architektur-Blicklicht“ schreibt: „Schloss Wiederau bei Pegau wird saniert

Schloss Wiederau bei Google Maps: