Sächsisches Barockschloss Wölkau verfällt




Schloss Wölkau verfällt / Foto: Tnemtsoni / CC-BY-SA 3.0
Die deutsche Einheit war die Rettung für viele verwahrloste Gutshäuser und Schlösser auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.

Leider gibt es aber auch Immobilien, deren geplante Sanierung nach 1990 an eigenwilligen „Investoren“ gescheitert ist und die nun umso schneller verrotten.

Ein tragisches Beispiel für den Nach-Wende-Verfall ist das barock-klassizistische Kleinod Schloss Wölkau in Sachsen. Daran erinnert jetzt dankenswerterweise FAZ-Feuilletonredakteur Andreas Platthaus.

Der kursächsische Rittmeister und Veteran der Türkenkriege Christoph Vitzthum von Eckstädt hatte 1659 das in die Jahre gekommene Rittergut Kleinwölkau gekauft.

Aberglaube und Wiederaufbau

Die Zeit nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs war im nördlichen Sachsen geprägt von einer eigenartigen Mischung aus Wiederaufbau-Anstrengungen und finsterem Aberglauben.

Zwei „Hexen“ wanderten in diesem Jahr im Ort auf den Scheiterhaufen, zwei wurden enthauptet.

Von Eckstädt und sein Sohn beschäftigten sich da lieber mit gigantischen Bauplänen eines wohl italienischen Architekten.

Ab etwa 1670 entstand in rund 50-jähriger Bauzeit auf dem Gutsgelände ein architektonisches Schmuckstück, das in Sachsen seinesgleichen sucht: Schloss Wölkau.

Eine erstaunlich große Vierflügelanlage mit prächtigem Mitteltrakt und 15 Hektar großem Schlosspark.

Einen „Sommersitz der Extraklasse“ nennt Autor Platthaus das.

Schloss in gutem Zustand bis 1945

Die Einfahrt zu Schloss Wölkau / Foto: Tnemtsoni / Lizenz: CC-BY-SA 3.0
Erstaunlicherweise überstand das Schloss alle folgenden Kriege und Krisen weitgehend unversehrt. Es blieb bis zum Einmarsch der Roten Armee Mittelpunkt des profitablen Vitzthumschen Familiengutes.

Die Russen enteigneten die „Junker“ umgehend.

Zu DDR-Zeiten wurde das Schloss Zentrum des Volkseigenen Gutes (VEG) Wölkau.

In den Seitentrakten wohnten Arbeiter, im Mitteltrakt spielte die Kultur. 1998 folgte der Übergang der gesamten Anlage nebst 245 Hektar Ackerland in Privatbesitz für (lächerliche) 500.000 Mark.

Der damals bekannt gemachte Plan der Käufer, „100 Millionen Mark“ in Sanierung und Umbau zu stecken und hier die bekannte „Philharmonie der Nationen“ anzusiedeln, machte die Gemeinde offenbar blind.

Sie verkaufte zum Schleuderpreis, nachdem die Ansiedlung vertraglich vereinbart worden war.

Die neuen Besitzer sperrten als eine der ersten Amtshandlungen die Bürger aus und das Gelände ab.

Seitdem verfällt es. Von den versprochenen Investitionen ist nichts zu sehen, lediglich die Fassaden wurden von Wildwuchs befreit. Heute gehört das Schloss der „Kulturzentrum Schloss Schönwölkau Besitz GbR“, hinter der ein Berliner Unternehmer steht.




Schloss Wölkau im Luftbild von Google Earth. Das Dach ist arg ramponiert.
Schloss Wölkau im Luftbild von Google Earth. Das Dach ist zum Teil arg ramponiert.

Immer wieder gibt es Ärger mit dem Denkmalschutz, unter anderem wegen undichter Dächer. „Strafgelder wegen unterlassener Investitionen und Sicherungsmaßnahmen wurden verhängt, doch es tut sich nichts„, schreibt Platthaus. Der Besitzer beteuerte hingegen seine Absicht, „alles in Ordnung zu bringen“.

Einzelheiten zu dem damaligen Verkauf, für den am Ende ein bekannter Pianist offenbar ein hohes Lehrgeld zahlen musste, beschrieb der „Focus“ 2005 unter dem Titel „Moderner Besetzer“ (Artikel nicht mehr online verfügbar).

Ich will hier aus rechtlichen Gründen keine Namen nennen, der Pianist ist inzwischen aus der Haftung entlassen. Es macht wütend, die Hintergründe zu lesen.

Angesichts dieser verfahrenen Lage sollten die sächsischen Behörden mal über die Grenze nach Thüringen schauen: Im Fall Schloss Reinhardsbrunn ist die Entwicklung ähnlich: Die russischen Besitzer lassen die Sanierung schleifen. Inzwischen plant die dortige Landesregierung ihre Enteignung

Reinhardsbrunn ist ein komplizierter Fall, da nach mehreren undurchsichtigen Besitzerwechseln eine millionenschwere Hypothek auf dem Schloss lastet. Im Fall Wölkau lehnt das sächsische Innenministerium bislang Versuche zur Enteignung des Berliner Unternehmers ab.

Die FAZ/FAS macht den Verfall von Denkmalimmobilien auf Ex-DDR-Gebiet immer wieder mal zum Thema ausführlicher Artikel, natürlich verbunden mit historischen Exkursen für die bildungsbürgerliche Zielgruppe: Zuletzt gab es vor einigen Wochen einen großen Bericht über das Schicksal des sächsischen Schlosses Promnitz.


Weiterlesen:

Hier geht es zum Artikel von Andreas Platthaus in der FAZ: „Schloss Wölkau Eine andere Geschichte der Nachwendezeit

Update 2020:

Schloss Wölkau hat seit Ende 2018 einen neuen Besitzer. Zur Lage im April 2019 und der Auskunftsfreude des Investors schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (via LVZ): „Schloss Wölkau – Das große Schweigen

Die Lage von Schloss Wölkau bei Google Maps: