Kreationisten werden auf Schloss Werdringen sicher nicht glücklich. Freunde von zotteligen Mammuts mit Interesse an der Geschichte unserer frühen Vorfahren um so eher.
Das Wasserschloss im Hagener Ortsteil Vorhalle beherbergt nämlich ein Museum für Ur- und Frühgeschichte.
Die Ruhr am Äquator
Vor 400 Millionen Jahren lag die heutige Rhein-Ruhr-Region noch in Äquatornähe. Es liefen noch keine Saurier durch die teils alpine Landschaft, aber immerhin rauschten riesige Farne im feuchtwarmen Wind.
Fossilien dieser Pflanzen aus Westfalen sind im Museum zu sehen. Es sind die ältesten bislang hier gefundenen Exemplare aus der Zeit des Devon.
Ein höherer Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre und das Fehlen von Vögeln machte damals Insekten von gruseligen Ausmaßen möglich.
Vor 300 Millionen Jahren schwirrten Libellen der Art Meganeura mit einer Flügelspannweite von bis zu 70 Zentimetern über NRW.
Auch Libellen-Fossilien zeigt das Museum. Das knapp menschengroße Modell eines sauerländischen Sauriers aus der Kreidezeit darf natürlich auch nicht fehlen.
Herzstück der Ausstellung ist allerdings das lebensgroße Mammut-Modell: Solche Giganten von 3,70 Meter Höhe 6,50 Meter Länge tauchten noch beim Erscheinen des Homo Sapiens ihre Rüssel in die Ruhr.
Selfies mit dem unbeweglichen Stoßzahn-Zottel sind ausdrücklich erlaubt.
Von ersten Insekten zum Homo Sapiens
Das Museum deckt die Zeit vom Auftauchen der ersten Insekten bis zum Auftauchen des Menschen ab, vorwiegend illustriert durch Funde aus der Region. Auch der Alltag auf einer mittelalterlichen Burg im 13. Jahrhundert wird dargestellt.
Man kann auch selbst aktiv werden, etwa die Arbeit mit einem Faustkeil ausprobieren. Die Erläuterungen an den Objekten sind kurz und prägnant. Auch beim Besuch mit Kindern dürfte hier keine Langeweile aufkommen.
Mitte des 13. Jahrhunderts standen hier wohl ein von einer Mauer umgebener steinerner Wohnturm des Erzbistums Köln. Die Geschäfte führten die Herren von Volmerstein.
Doch die Kölner konnten die Region nicht halten. 1324 wurden Land und Befestigung Teil der Grafschaft Mark.
Die festen Häuser des Adelssitzes wurden 1449 bei der Soester Fehde in Brand geschossen. Beim Wiederaufbau entstand dann eine Wasserburg mit hölzerner Zugbrücke und zwei Meter hoher Ringmauer.
Aus dieser Zeit hat sich das Herrenhaus mit seinem prägnanten Stufengiebel erhalten.
Die Zugbrücke tat gut 300 Jahre lang ihren Dienst. Um 1800 wurde sie schließlich durch die heutige Steinbrücke ersetzt.
1830 kaufte die Familie von der Recke von Volmarstein die völlig heruntergekommene Anlage. Es war die Zeit der Burgenromantik: Graf Ottomar von der Recke-Volmerstein ließ 1856/57 die Gebäude renovieren und machte das Ensemble zu einem schicken Wasserschloss im damals schwer angesagten neugotischen Stil, geprägt von Türmchen.
Ein Turm musste einfach sein
Der trutzig wirkende Turm geht auf diese Zeit zurück. Er ist reine Zierde. Die gräfliche Familie wendete ihr Interesse nach 1870 ihren Besitzungen in Schlesien zu. Auf Schloss Werdringen blieb ein Verwalter.
Zur NS-Zeit zog hier die „Deutsche Arbeitsfront“ ein. 1939 öffnete eine Außenstelle des Friedrich Harkort-Museums.
1977 kaufte die Stadt Hagen das desolate Schloss und sorgte für umfangreiche Renovierungen. Ein Bürgerverein unterstützte die Kommune tatkräftig. 2004 öffnete dann das Museum für Ur- und Frühgeschichte mit Beständen der Stadt Hagen.
Hier ein „Checkpott“-Video vom Wasserschloss:
Link:
Die leider sehr spartanische Seite des Museums für Ur- und Frühgeschichte auf dem Wasserschloss Werdringen