Werbeversprechen sind schon etwas tolles.
Man muss kein verspuktes Castle in Schottland kaufen oder einen tattrigen Burgherrn, bzw. die entsprechende pferdegesichtige Erbin ehelichen, um einen klangvollen Adelstitel nebst modischem Tartan sein eigen nennen zu können.
Es braucht auch keine windigen Titelhändler mehr, die ihre Dienste gegen dicke Bündel von Dollarnoten oder Bitcoin andienen. Nein. alles was man benötigt, sind ein paar Mausklicks und eine Kreditkarte mit ca. 60 Euro Guthaben.
Und schon hat man einige Tage später eine schmucke Urkunde und den „Ausweis“ eines Laird oder Lord of Glencoe, respektive einer Lady of Glencoe im Briefkasten.
Die Titel darf man in der Öffentlichkeit ungeniert führen und sich auch am Flughafenschalter entsprechend ausweisen (und ausrufen: „der Herr Lord of Glencoe zum Schalter 7 bitte“).
So versprechen es die Verkäufer von „scottish4U“.
Mehr Aufmerksamkeit für Lords und Ladies?
O-Ton: „genießen Sie als Laird, Lord oder Lady of Glencoe auch bei Veranstaltungen, Reservierungen oder Check-Ins, etc. mehr Aufmerksamkeit“.
Nunja, die Aufmerksamkeit, die jemand auf sich zieht, der mit einem Fantasieausweis den Sicherheitsbereich eines Flughafens betritt, dürfte dem frisch gebackenen Laird möglicherweise wenig Freude bereiten.
Möglich wird der „ganz legale“ Titelerwerb, weil die schottischen Adelstitel an den Landbesitz geknüpft sind. D.h., wer eine Länderei besitzt, ist automatisch Lord/Lady von XY.
Der Trick der heftig bei Facebook werbenden Titelverkäufer besteht nun darin, ihr Highland-Landstück in viele Mini-Parzellen zu zerteilen. Jedem der Käufer eines 30 x 30 Quadratzentimeter großen Gevierts wird der klangvolle angeblich „echte“ Titel gleich mit verkauft.
Das ist schon etwas weit hergeholt, da das Land einige Kilometer vom bekannten Tal Glencoe entfernt liegt. Und öffentlich anerkannt ist dieser „Titel“ auch nicht.
Adelsschlag durch König Charles: Eher schwierig
Denn in den britischen Adelsstand kommt man nun mal nur qua Geburt, durch Erbe nach Aussterben einer verwandten Familie oder mittels einer Ernennung durch König Charles. Dieser und seine verstorbene Mutter Queen Elizabeth II. – hatten bislang davon Abstand genommen, deutsche Quadratfußbesitzer schottischen Gestrüpps auch noch dafür zu adeln.
Also alles Geschäftemacherei wie der Verkauf von Grundstücken auf dem Mond oder Mars? Nunja, zumindest soll ja ein Teil der Einnahmen der auf den Kanalinseln beheimateten Firma in Naturprojekte fließen. Das Land selbst gehört einem Biologen.
Glencoe-Lords gibt es viele…
Und die Materialien der schottischen Titelhändler machen zumindest einen recht hochwertigen Eindruck.
Wer also unbedingt „Adelstitel“ wie Lord of Glencoe und die damit einhergehende lebenslange Mitgliedschaft in einem „schottischen VIP-Club“ verschenken will (eine „Lordschaft Glencoe“ hat es übrigens nie gegeben), kann dies gern tun (Link zu „scottish4U„), ohne herbe finanzielle Einbußen fürchten zu müssen.
Er soll sich nur nicht wundern, wenn beim Karten-Reservieren in der Oper schon diverse andere Glencoe-Lords vor ihm in der Schlange stehen.
Das Geld für die Titel fließt offenbar
Angeblich haben 2016 bereits 7500 Menschen den Lady oder Lord of Glencoe-Titel gekauft.
Oder sie haben ihn geschenkt bekommen, darunter Nelson Mandela, Kate Moss, Philip Schofield, Ozzy Osbourne und Liz Hurley. Das ergibt Einnahmen von mindestens 285.000 Euro. Eine äußerst profitable Geschäftsidee also.
Vor Ort, in der Region Glencoe, ist man über den Landverkauf alles andere als glücklich, schreibt die Zeitung „The Scotsman“: „This makes a mockery of Scottish history. It’s abuse of a historical term“, zitiert die Zeitung einen Bürger: („Das ist eine Veralberung schottischer Geschichte. Es ist der Missbrauch eines historischen Begriffs“).
Die Geschäfte mit dem virtuellen Titel scheinen ja glänzend zu laufen. 2016 kostete der „Lord of Glencoe“-Titel noch 37,99 Euro. 2021 sind es bereits 59,99 Euro.
PS: Nein, ich bin auch kein verbriefter „Lord of Glencoe“. Ich habe da auch keine Pläne und bekomme keine Prozente…
Links zum Weiterlesen:
Der Bericht vom Emma Cowing im „The Scotsman: „£30 title to lord it over Glencoe“ ist dort leider nicht mehr kostenfrei verfügbar, sondern nur noch via Google Cache abrufbar.
Aus „20 Minuten.ch“: „Lord für 43 Franken: Titelhändler ärgern Schotten“
Mehr dazu auch im Blog „Lord Glencoe“
Na da sollte man sich schon etwas genauer informieren. Es gibt z.B keine Lord Titel in Schottland. Lord ist ein englischer Adelstitel u. wird in Schottland nicht vergeben. Was aber sehr wohl in Schottland vergeben wird ist der Titel Laird. Dieser wird vergeben wenn man sich in den schottischen Highlands ein Stück Land kauft.
Nach schottischem Recht geht der Titel, auch wenn man nur im Besitz einer kleinen schottischen Parzelle ist, mit auf den neuen Käufer über.
Ach zur Ergänzung, natürlich sind die im Internet angebotenen Parzellen nicht dazu geeignet den Titel Laird zu tragen.
Das schottische Heroldsamt, der Court of the Lord Lyon, hat die so erworbenen „Adelstitel“ bereits 2004 für gegenstandslos erklärt.
Wer aber gewillt ist in Schottland Land zu kaufen, kann selbstverständlich auch den Titel erwerben, allerdings wohl kaum für 30€. Der Titel Laird ist nichts anderes als ein Gutsherr, dementsprechend sollten dann auch Grundstücksgröße ausfallen.
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