Die letzten Tage vor dem Brexit-Referendum hatte ein Team der BBC genutzt, um noch schnell ein paar Szenen für ihr Hexenabenteuer „The Worst Witch“ („Eine lausige Hexe“) in Deutschland zu drehen.
Und zwar auf Burg Hohenzollern.
Teile der Burg wurden dazu zur Graustein Akademie (im Original: „Cackle’s Academy“), der Ausbildungsstätte angehender Hexen. Also eine Hexenschule.
Wer sich jetzt an die Hogwarts-Schule für Zauberei und Hexerei erinnert fühlt, liegt ganz richtig.
Die ab 1974 erschienen Geschichten der Autorin Jill Murphy um die chronisch untalentierte Hexenschülerin Mildred Hoppelt sollen Joan K. Rowling bei ihren Harry-Potter-Romanen durchaus inspiriert haben.
Hexen auf Burg Hohenzollern
Auf der Hexenschule geht es ebenso wie auf Hogwarts um fies-strenge Magie-Lehrer(innen), Zaubersprüche mit reichlich chaotischen Auswirkungen und die Bedeutung von Freundschaft.
Das Lieblings-Fortbewegungsmittel der Schülerinnen ist natürlich der fliegende Reisigbesen.
Die Jung-Hexen müssen allerdings erst eine Besenflug-Prüfung bestehen, um damit abheben zu dürfen…
Laut Hohenzollern’scher Zeitung rückte Regisseur Brian Grant in dieser Woche mit einem Team aus 13 Kollegen und Schauspielerinnen an, um drei Tage lang auf der Burg zu filmen.
Aufnahmen per Drohne
Dabei kam auch mehrfach eine Kamera-Drohne zum Einsatz (obwohl man mit Drohnen auf der Burg bislang eher schlechte Erfahrungen gemacht hat).
Gedreht wurde im Burghof, auf der Bastei und auf dem Fahnenturm. Die Burg wurde während der Dreharbeiten nicht gesperrt. Anders als beim internationalen Dreh zum Hollywoodstreifen „A cure for wellness“ im Sommer 2015.
Das Filmteam war besonders an Außenaufnahmen interessiert. Burg Hohenzollern wurde für die BBC/ZDF-Koproduktion wegen ihrer vielen Türme ausgewählt, heißt es aus England.
Es ist nicht die erste Verfilmung der Hexenromane. In den späten 1990er/frühen 2000er Jahren entstand bereits eine britische TV-Serie mit insgesamt vier Staffeln, die heute etwas altertümlich wirkt.
In Deutschland waren die Hexenromane kaum bekannt. Die ersten „The Worst Witch“-Folgen im TV liefen hierzulande ab 1999 unter dem Titel „eine lausige Hexe“ im Kinderkanal KiKa.
In der deutschen Version durfte Mildred Hoppelt ihren Namen behalten, ihre Freundinnen heißen auf dieser Seite des Kanals Edith Nachtschatten und Mona Mondschein. Es hätte schlimmer kommen können.
Esther Edel plant Übles
Ihre Gegenspielerin, sozusagen die weibliche Draco Malfoy bei Graustein, hört auf den Namen Esther Edel, ist immer Klassenbeste – und plant natürlich Übles für Mildred.
Die rächt sich schon mal, indem sie die fiese Esther in einen Regenwurm verwandelt (Folge 2).
Von der Serie „The Worst Witch“ sind zunächst zwölf Folgen für BBC, ZDF und Netflix geplant. Seit dem 30. Juni 2018 kann man die neue Staffel bei ZDFtivi sehen.
Inzwischen (2020) ist die dritte Staffel unter dieser Adresse verfügbar.
Angesichts des Erfolgs der „The Worst Witch“-Serie werden fleißig weiter Staffeln über die Abenteuer dem vom Pech verfolgten Jung-Hexe gedreht.
Man darf gespannt sein, ob die Briten nach dem Brexit noch einmal auf Burg Hohenzollern drehen.
Hier geht es zur 1999er Version von „Eine lausige Hexe“:
Die Burg Hohenzollern-Geschichte
Wohl schon im elften Jahrhundert stand auf dem Berg bei Hechingen – 858 Meter über dem Meeresspiegel eine Burg. Hier liegt auch der Ursprung der fränkischen, später brandenburgisch-preußischen Hohenzollern-Dynastie, deren Begründer Friedrich I. kam 1191 durch Heirat an die Burggrafschaft Nürnberg.
Da sich die Herrscherfamilie schon im Mittelalter gern intensiv untereinander und mit ihren Nachbarn herumstritt, fiel die erste Festung auf dem Hechinger Berg einem unrühmlichen Schicksal anheim.
Schwäbische Reichsstädte (Rottweil und andere) eroberten Burg Zollern im Jahr 1423 nach einjähriger Belagerung und zerstörten die Anlage auf Befehl König Sigismunds.
Besagter König Sigismund, der den Wiederaufbau gleich „auf ewige Zeiten“ verbot, war auch Kurfürst von Brandenburg.
Eine kleine Ironie der Geschichte, denn die Region Brandenburg sollte bei den Hohenzollern ja noch eine große Rolle spielen.
Die schwäbischen Grafen von Hohenzollern ließen ihre Hechinger Burg nach knapp 30 Jahren wieder errichten. Unterstützt wurden sie dabei vom örtlichen Adel, der den aufstrebenden Städten gerne seine Macht demonstrierte.
Angst vor den mächtigen Nachbarn
Die Hohenzollern spielten eine eher kleine Rolle im Konzert der Mächtigen im Reich. Sie lehnten sich an die Habsburger Kaiser an, immer in Sorge von den mächtigen Württembergern geschluckt zu werden. Die Burg, die sie immer weiter zur Festung ausbauen, war ihr wichtigster Rückzugsort.
Das half aber am Ende auch nicht viel. 1634 eroberten die Württemberger die Bergburg dann doch. Danach machten sich hier oben die Habsburger breit. 1744/45 kamen die Franzosen, danach waren wieder die Habsburger zur Stelle.
1798 zogen die Österreicher ab. Sie hinterließen eine rasch verfallende Ruine.
Romantiker-König war interessiert
Dass man heute eine Art Märchenburg auf dem Bergkegel stehen sieht, die sich bestens als Drehort für Hexen-Internate eignet, ist dem Romantiker und Mittelalter-Fan Friedrich-Wilhelm IV. zu verdanken, seines Zeichens König von Preußen.
Der ließ historische Gebäude gern wiedererrichten (etwa Schloss Stolzenfels am Rhein). Die Hohenzollern-Stammburg lag ihm natürlich ganz besonders am Herzen.
Die Grundsteinlegung wurde auf dem Ruinengelände über Hechingen übrigens kurz nach Niederschlagung des demokratischen Aufbegehrens von 1848 gefeiert: 1850.
Der Bau der neuen schwäbischen Hohenzollern-Burg dauerte 17 Jahre. Bauherr Friedrich-Wilhelm konnte nur noch den Baufortschritt in den ersten zehn Jahren verfolgen. Die Fertigstellung im Jahr 1867 sollte er nicht mehr erleben.
Sein Bruder, der spätere Deutsche Kaiser Wilhelm, weihte die neugotische Vorzeige-Ritterburg in seiner Funktion als Preußenkönig ein.
Auch wenn er und sein Kanzler Bismarck den Spleen des verstorbenen Romantiker-Königs für kostspieligen Schnickschnack gehalten haben dürfte. Jetzt war sie nun mal da und mehrte den Ruhm der Familie.
Die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs, als sich die Front näherte, überstand die eher abgelegene Burg Hohenzollern unbeschadet.
Der damalige Chef des Hohenzollernhauses, Kaiserenkel Prinz Louis Ferdinand holte 1952 einen Teil der Bestände aus dem zerstörten Berliner Schloss Monbijou nach Schwaben. Sein Arbeitszimmer auf der Burg kann heute beim Rundgang besichtigt werden.
Museum auf Burg Hohenzollern
Im Burgmuseum kann man neben diversen Kronen in der Schatzkammer eine zerbeulte Tabaksdose sehen, mitsamt der Bleikugel, die Louis Ferdinands Vorfahr, den Alten Fritz, am 12. August 1759 in einer der großen Schlachten des Siebenjährigen Krieges beinahe getötet hätte.
Wenn da nicht die Tabaksdose in der königlichen Brusttasche gewesen wäre.
Die damaligen Bleigeschosse waren bei weitem nicht so durchschlagsstark wie heutige Munition. Glück für den Preußenkönig.
Dahinter hängt der etwas durchlöcherte blau-rote Rock mitsamt Adlerorden. Auch diverse andere kostbare Tabaksdosen (allerdings ohne kriegsbedingte Dellen) des Schlesien-Eroberers sind im Burgmuseum ausgestellt.
Kleid von Königin Luise
An die weiblichen Mitglieder der Hohenzollern-Dynastie wurde ebenfalls gedacht.
Die Ausstellung zeigt auch das lange Schleppenkleid, das Königin Luise bei ihrem Treffen mit Napoleon im Juli 1807 in Tilsit getragen haben soll.
Preußen hatte wenige Monate zuvor bei Jena und Auerstedt sein Waterloo erlebt. Luise bat beim Franzosenkaiser um maßvolles Vorgehen bei den von Preußen zu erfüllenden Friedensbedingungen.
Napoleon blieb unbestimmt. Der galante Kaiser machte der Königin jedoch Komplimente wegen ihrer Garderobe.
Der Auftritt nützte übrigens nichts. Preußen bekam im Frieden von Tilsit äußerst harte Bedingungen auferlegt.
Königssärge in der Burg
Auch die Särge von Friedrich II. und von seinem Vater, dem „Soldatenkönig“, nahm Louis Ferdinand 1952 mit. Er ließ sie (gegen den erklärten Willen des Alten Fritz) nebeneinander in der Kapelle aufstellen.
Erst im Jahr nach der Deutschen Einheit 1991 sollten sie nach Potsdam zurückkehren. Inzwischen ruhen die ehemaligen Preußenkönige wieder mit weitem Abstand getrennt voneinander.
Fotos vom Reisekaiser
Ein Turm der Anlage ist dem bekanntesten Hohenzollern, Kaiser Wilhelm II., gewidmet.
Obwohl sein Vater an den Folgen ausgiebigen Tabakkonsums 1888 im entscheidenden Moment gestorben war, verschenkte der eitle Monarch reihenweise kostbare Zigaretten-Etuis, versehen mit seiner exaltierten Signatur, auch mal mit wertvollen Steinen verziert.
Hofschranzen nahmen auch ehrfürchtig Fotografien der kaiserlichen Person in den unterschiedlichen Kostümierungen in Empfang – oft mit Widmung und im kostbaren Rahmen.
Eine reiche Auswahl der aus Steuergeld bezahlten hochherrschaftlichen Luxus-Geschenke wird auf der Burg gezeigt.
Sie dürfte das Herz aller überzeugten Monarchisten höher schlagen lassen. Inwieweit das auch für Reichsbürger interessant ist, ist nicht bekannt.
Wohlgefühlt haben sich die hier weilenden Hohenzollern-Herrschaften wohl nur im Sommer. Denn beim Bau der imposanten Anlage war bewusst auf eine Heizung verzichtet worden, die das historische Ambiente nur gestört hätte.
Es gibt lediglich, vermutlich der anheimelnden Optik geschuldet, ein paar Kamine.
Risiko Erdbeben
Ein ernsthafteres Problem ergibt sich aus der Lage der Burg Hohenzollern in einer seismisch recht aktiven Gegend, dem sogenannten Hohenzollerngraben. 1911, 1970, 1978 und 2003 erschütterten Erdbeben die Burg mit Stärken von bis zu 5,8 auf der Richter-Skala (1978).
Die 1970er-Jahre-Beben beschädigten die Anlage empfindlich. Die Beseitigung der Schäden nach dem Beben vom 3. September 1978 um 6.08 Uhr in der Früh dauerte acht Jahre. Die Sanierung kostete umgerechnet etwa sechs Millionen Euro.
Vor Beginn der Corona-Pandemie zählte die Burg rund 900.000 Besucher pro Jahr. Ein Drittel davon kam aus Asien. Daran will man auf der Burg nun anknüpfen.
Mehr Infos zur Burg Hohenzollern, zu Öffnungszeiten und Preisen steht auf der Burg-Website. Inzwischen gibt es auch eine Burg-App.
PS: „Eine lausige Hexe“ wird inzwischen auch im Programm von Netflix angeboten.