Schloss Schnaditz im nordsächsischen Bad Düben ist in noch ziemlich, naja, urtümlichem Zustand.
Seit der Wende steht das historische Gebäude mit dem integrierten Wehrturm leer. Im August 2014 hat eine sechsköpfige, deutsch-amerikanische Investorengruppe das verfallende Denkmal für nur 120.000 Euro von der Gemeinde gekauft.
Ihr ambitionierter Plan beinhaltet den Einbau von 28 Appartments, Restaurant, Veranstaltungssaal – und ein kleines Museum. Kosten: Rund 3,9 Millionen Euro. Bevor die Arbeiten losgehen können, müssen die Finanzierung gesichert sein und die diversen Genehmigungen vorliegen, die Grundlage der endgültigen Baugenehmigung sind.
Daran hapere es noch, schreibt die Leipziger Volkszeitung.
Die Investoren setzen darauf, dass 30 Prozent der Summe aus der Infrastruktur-Förderung des Freistaats Sachsen kommen…
Das Schloss geht auf eine Wasserburg zurück, die um 1237 im Ufersumpf der Mulde errichtet wurde. Schlossbesitzer waren so namhafte Familien wie die von Bülow, von Steuben, von Einsiedel und die Junker von Zaschnitz.
Letzterem hat Heinrich von Kleist in seinem „Michael Kohlhaas“ ein eher unrühmliches literarisches Denkmal gesetzt. Es basiert auf einer tatsächlichen Begebenheit.
Gefolgsleute des Schnaditzer Schlossbesitzers aus der Familie Zaschnitz/Zaschwitz hatten 1532 ganz in der Nähe zwei Pferde des historischen Händlers Michael Kohlhase beschlagnahmt, mit der fälschlichen Begründung, sie seien gestohlen.
Kohlhase hielt das (zurecht) für glatten Straßenraub und klagte. Der Junker auf Schnaditz blieb im folgenden Prozess derart dickköpfig, dass Kohlhase ihm und schließlich ganz Sachsen den Krieg erklärte.
Kleist nutzte die Geschichte als Rahmenhandlung für seinen Bestseller – aus von Zaschnitz machte der Dramatiker den Wenzel von Tronka. Schloss Schnadnitz wurde zur „Tronkaburg“, die der fiktive Kohlhaas in Flammen aufgehen ließ.
Das Schicksal blieb dem realen Schloss erspart. Die Besitzer verdienten ihr Geld auch weniger durch Pferdediebstahl als durch die Destillation von Schnaps in der Brennerei (diese soll jetzt zum Restaurant werden).
Von 1792 bis 1940 war das Schloss im Besitz der sächsischen Beamtenfamilie Martini.
Das wurde im Zweiten Weltkrieg wichtig, denn Walter Martini war der Ehemann von Marie Oster: Schwester des hohen Abwehroffiziers Hans Oster, einem der führenden Köpfe des militärischen Widerstands um Graf Staufenberg.
Oster hatte sich nach dem gescheiterten Anschlag auf Hitler vom 20. Juli 1944 nach Schnaditz zurückgezogen. Hier wurde er am nächsten Tag verhaftet und im April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet.
Der letzte Besitzer wurde 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet. Das Schloss wurde Flüchtlingsunterkunft, Gemeindeverwaltung und Kindergarten – und rottete vor sich hin. Nach der Wende beschleunigte sich der Niedergang.
Zufälligerweise lernte dann die US-Amerikanerin Helga van Horn – auf der Suche nach einem kleinen historischen Anwesen – den Bad Dübener Eberhard Krahnefeld kennen. Der schwärmte vom Schloss in Bad Düben.
Schließlich tat sich van Horn mit Hans Ramp (Schloss Wendischbora), Donald Gardner, James Hengels, Jason Gage und Manfred Pawlik zusammen, um Schloss Schnaditz zu sanieren und auszubauen. Am Ende soll auch ein kleines Museum eingerichtet werden, das an Generalmajor Hans Oster und seinen Kampf gegen Hitler erinnern soll.
Weiterlesen:
Ilka Fischer schreibt in der Leipziger Volkszeitung: „Schloss Schnaditz: Millionen-Sanierung gerät ins Stocken“. Der Artikel ist nicht mehr verfügbar.
Ein weiterer Artikel in der LVZ: „Schloss Schnaditz: Investor will Brennerei zur Gaststätte umbauen“ ist ebenfalls nicht mehr online verfügbar.
UPDATE JANUAR 2019: Der Verkauf des Schlosses an eine Investorengruppe ist von der Stadt rückgängig gemacht worden. Das Schloss wurde im Dezember 2018 zwangsgeräumt.
Mehr dazu in einem eigenen Burgerbe-Artikel.