Der Freistaat Sachsen möchte Schloss Grillenburg bei Tharandt in der Sächsischen Schweiz verkaufen. Das einstige Jagdschloss soll im Doppelpack mit dem aus NS-Zeiten stammenden Neuen Jägerhaus (im Besitz der Stadt) veräußert werden.
Mit der gemeinsamen Käufersuche lassen sich die Behörden erstmal Zeit. Das Exposée soll erst Anfang Oktober vorliegen. Das meldet die „Freie Presse“.
Wieviel beide Immobilien zusammen kosten sollen, ist noch nicht bekannt.
Stiftung wollte umziehen
Ein Schlag ist das in erster Linie für die sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt (Lanu). Sie betreibt im Schloss das „Museum des Waldes“ (zurzeit wegen der Renovierung ausgelagert).
Die Stiftung sollte eigentlich 2017 von Dresden nach Tharandt umziehen und Räume im Jagdschloss beziehen. Das hält der Freistaat nun aber für zu teuer.
Land Sachsen und Stadt möchten, dass beide Objekte nach einem Verkauf zumindest teilweise öffentlich zugänglich bleiben. Die Zeiten des Wald- und Jagdmuseums im Schloss dürften hingegen mit dem Verkauf vorbei sein.
Das Jagdschloss ließ Kurfürst August von Sachsen nach 1553 auf älteren Fundamenten errichten. Was für ein Gebäude sich hier zuvor ab dem 13. Jahrhundert befunden hat, ist nicht klar.
Es entstand ein Komplex aus Fürstenhaus, Jägerhaus, Schösserei (Aufbewahrungsort der Steuerregister) und Wohnungen für die Bediensteten.
Nach einem Brand 1654 wurde die Anlage noch erweitert. Von den historischen Gebäuden blieb nur die Schösserei bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts stehen.
Schloss mit Biedermeier-Fassade
1855 ließ sie König Johann von Sachsen zum Jagdschloss umbauen. Auch außen wurde das Gebäude aufgehübscht. Es bekam seine bis heute erhaltene Biedermeierfassade.
Johann war bereits als Prinz derart unbeliebt, dass es bei seinem Auftauchen in Leipzig 1845 zu Tumulten kam. Sächsisches Militär reagierte mit der Erschießung von acht Zivilisten. Der Fall ging als Leipziger Gemetzel in die Geschichte ein und sorgte deutschlandweit für Empörung unter Demokraten.
1918 war es vorbei mit den königlichen Jagdpartien in der Sächsischen Schweiz. Das Schloss wurde zur Herberge des Evangelisch-Lutherischen Jungmännerbundes Sachsen.
Ein Schlosscafé offerierte Kaffee und Kuchen. Und auf dem nahen Schlossteich konnte man Gondel fahren. 1925 zog dann die Sächsische Bauernhochschule ein.
Ihre Zeit währte nur elf Jahre, dann waren die Nazis an der Macht und das Schloss fand ab 1936 seine Bestimmung als „Sächsischer Jägerhof“. Alles im Haus sollte nun wieder an die Zeiten als Jagdschloss erinnern.
Zu DDR-Zeiten zogen dann Forstwissenschaftler der TU Dresden im Jagdschloss Grillenburg ein. Mit der Zeit hatte sich so viel Jagdausrüstung angesammelt, dass die Wissenschaftler dort eine „Forstliche und Jagdkundliche Lehrschau“ eröffneten.
500 Quadratmeter des Schlosses wurden mit Jagdwaffen, Wilderer-Fallen, Förster-Uniformen, ausgestopften Tieren, etc. bestückt.
2004 wurde aus der Lehrschau das „Museum des Waldes“, betrieben von der Akademie der sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt.
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Aber bereits 2008 mussten alle 500 Exponate wegen der anstehenden Schlosssanierung ausgelagert werden. 2010/11 wurde das Dach erneuert.
Ein Türmchen mit Wetterfahne als Dachaufsatz wurde nach Plänen von 1855 liebevoll rekonstruiert. Weitere Arbeiten sind für 2015/2016 geplant.
Da das Museum ohnehin geschlossen ist, rechnen die Landesbeamten offenbar nicht damit, dass der nun angekündigte Schlossverkauf zu Protesten führen könnte. Das Schicksal des Waldmuseums ist derweil völlig unklar.
Weiterlesen:
Hier geht es zum Artikel von Stephan Lorenz hinter der Paywall der „Sächsischen Zeitung“: „Verkaufsoffensive für das Schloss in Grillenburg“