Ein Mauerring mit 17 mächtigen Rundtürmen: Die Festung Chateau Angers im Anjou gibt sich derart übertrieben wehrhaft, als ob hier in Kürze die Heere der Mongolen, Sarazenen und Engländer gemeinsam zum finalen Sturm auf Frankreich antreten werden.
Sie ist aber eigentlich „nur“ Ausdruck der Angst des französischen Königs vor den eigensinnigen Bretonen, die damals ein unabhängiges Herzogtum bevölkerten.
Ludwig IX. „der Heilige“ ließ hier um 1230 eine gigantische Befestigung rund um den einstigen Palast der Grafen von Anjou hochziehen. Zugang boten zwei Tore, jeweils gesichert mit doppelten Fallgattern: eins zur Stadt Angers und eins in die freie Landschaft.
Hier wollte Ludwig tausende Soldaten sammeln, um loszuziehen und die störrischen Bewohner der Bretagne mit Schwert und Lanze ein für alle mal bändigen.
Da aber gerade andere Aufgaben wichtiger waren, fiel der Krieg, für den Chateau Angers gebaut worden war, aus. Da stand es nun auf seinem Plateau über dem Fluss Maine und wurde ein Sitz der Herzöge von Anjou.
Die Herzöge von Anjou fühlten sich hier ausgesprochen sicher und richteten sich häuslich ein.
Im 15. Jahrhundert blühte hier das höfische Leben. René der Gute (1409 bis 1480), bekannt als Le bon Roi René, sorgte für kulturelle Durchmischung, war er doch auch König von Neapel.
René baute als Eingang zum fürstlichen Wohnbereich das sogenannte Chatelet, eine Art Torgebäude mit spitzen Türmchen.
Daneben steht die Kapelle von 1410.
Der schwer übergewichtige König saß gern auf der Galerie seines Palasts und schaute durchs Fenster den Festivitäten im Schlosshof zu, ohne sich extra hinunterbewegen zu müssen.
Die Galerie hatte er extra einbauen lassen.
Die Wände in zugigen Burgen und Schlössern behängte man damals gern mit bunten Teppichen. Beliebt waren dabei religiöse Motive.
Im Schloss ist ein 100 Meter langer Teppich-Zyklus von 4,50 Meter Höhe erhalten geblieben, für den in den 1950er-Jahren ein abgrundtief hässlicher Betonkasten aufs Schlossgelände geklotzt worden ist. Hier hängt nun im Dämmerlicht der 70-teilige „Zyklus der Apokalypse“.
Als Auftraggeber gilt Ludwig I., Herzog von Anjou, der Großvater des „guten Königs René“. Er hatte, was gerade schwer in Mode war, einen Ritterorden gegründet, und brauchte für die Feiern die passende Deko. Möglicherweise sollte der Wandteppich der Hofgesellschaft genau diese bieten.
1382 soll das monumentale Textilkunstwerk fertig gewesen sein: Damals um ein Drittel länger und von leuchtenden Farben.
Während der Revolution wurde der Bilder-Zyklus zerschnitten, zu Tischdecken und Multifunktionstüchern verarbeitet – und als Frostschutz-Abdeckung für die Orangenbäume im Garten verwendet (dort wächst heute auch Wein).
1843 konnte der Bischof von Angers die erhaltenenen Teile zurückkaufen.
Der sogenannte Mühlenturm diente im Mittelalter als Gefägnis. 60 Häftlinge sollen hier auf engem Raum eingekerkert gewesen sein.
Heute erinnert eine eindrucksvolle, schon fast geisterhaft zu nennende Installation des Künstlers Pascal di Péri in dem Turm an das Schicksal der Namenlosen und ihre Qualen.
Die Installation zeigt, wie das Mauerwerk die aufgesogen Schreie der Elenden wieder abzugeben scheint. Es heißt „Confessions of the rocks“.
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Informationen zu Öffnungszeiten, Eintritt, etc. auf der Schloss-Homepage (frz./engl.). Chateau Angers ist auch auf Facebook.
Und hier ein paar Video-Bilder von Chateau Angers: