Burg Brandenstein und Japan-Graf Siebold



Burg Brandenstein in Schlüchtern-Elm / Foto: Wikipedia / MacElch (Rainer Kunze) / CC-BY-CA 3.0
Burg Brandenstein in Schlüchtern-Elm / Foto: Wikipedia / MacElch (Rainer Kunze) / CC-BY-CA 3.0

Mitte September ist traditionell bundesweiter „Tag des Offenen Denkmals“. Hunderte Schlösser und Burgen machen mit. Wo soll man da hin? Hier mal ein Burgerbe-Tipp für Hessen:

Auf einem Hügel nahe des osthessischen Schlüchtern liegt die überschaubare Burg Brandenstein. Touristenströme verirren sich eher nicht hierher. Das Holzgerätemuseum ist vielleicht nicht so der Renner. Aber mit der Burg und der Familie ihres Besitzers, Constantin von Brandenstein-Zeppelin, verbinden sich spannende Geschichten.

Der heutige Eigentümer ist nämlich Urenkel des Luftschiffbauers Ferdinand Graf von Zeppelin und Ururenkel des Japanforschers Philipp Franz von Siebold. Und dem Andenken an eben jenen weitgereisten Grafen ist auf der Burg ein Zimmer mit allerlei fernöstlichen Erinnerungsstücken gewidmet.

Schneidig: Denkmal für den jungen Grafen Siebold in Nagasaki / Foto: Public Domain
Schneidig: Denkmal für den jungen Grafen Siebold in Nagasaki / Foto: Public Domain
Rückblick, Januar 1830: Mit Schimpf und Schande überhäuft, verlässt der 33-jährige Graf sein geliebtes Nippon auf einem Schiff. Ausgewiesen und verbannt „auf Lebenszeit“.

Diverse Freunde lässt er im Gefängnis, seine japanische Geliebte und die zweijährige Tochter blieben mit Ausreiseverbot zurück.

Was war passiert?

Im August 1823 hatte Graf Dr. Siebold seinen Dienst als Arzt und Lehrer in der niederländischen Handelsniederlassung Dejima auf einer Insel in der Bucht von Nagasaki angetreten. Er therapierte auch Japaner und machte Eindruck, da er keinerlei Honorar für seine Behandlung forderte.

Das Japan dieser Zeit war von der Außenwelt abgeschottet. Das galt besonders für den Informationsaustausch: Der Verkauf von praktisch allen japanischen Sachbüchern, Atlanten und Landkarten an Ausländer war strengstens verboten.

Doch der Adelige war eine universal interessierte Forschernatur und wollte buchstäblich alles über das Land wissen. Patienten waren froh, ihm ihren Dank in Form von „verbotenen“ Geschenken ausdrücken zu können. Siebold engagierte Helfer, die ihm Pflanzen und Tierskelette besorgten.



Siebold-Briefmarke der japanischen Post
Siebold-Briefmarke der japanischen Post

Bekannt ist, dass Graf Siebold 53 Schüler und mehr als 20 einheimische Gelehrte in Medizin und anderen Wissenschaften unterrichtet hat. Ein Netzwerk, das er geschickt zur wissenschaftlichen Erforschung der Inseln nutzte. Mit der Japanerin Kusumoto O-Taki hatte er eine Tochter.

Höhepunkt seines Aufenthalts war 1826 eine Reise zum Shogun nach Edo. Eine solche offizielle Tour war für Ausländer überhaupt die einzige Möglichkeit das Innere des Landes kennenzulernen. Siebold ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen.

Die Dienstzeit des Arztes endete im August 1828. Kistenweise wanderten Siebolds Schätze in die Laderäume der Cornelius Houtman. Dummerweise brach kurz vor dem Auslaufen ein Taifun los, und das Schiff wurde an Land getrieben. Jetzt hieß es: Die gesamte Ladung muss von Bord.

Klar, dass dabei Siebolds illegale Ausfuhren entdeckt wurden. Die japanischen Behörden konnten es kaum fassen: aktuelle Landkarten ihres Reiches lagen da neben Büchern, religiösen Gegenständen, Waffen und Münzen.

Bhuddastatue, die ein Siebold-Sohn aus Japan mitgebracht hat / Foto: Wikipedia / Immanuel Giel / CC-BY-SA 3.0
Buddhastatue, die ein Siebold-Sohn aus Japan mitgebracht hat / Foto: Wikipedia / Immanuel Giel / CC-BY-SA 3.0

Die Obrigkeit des Shoguns statuierte angesichts dieses dreisten, vielfachen Gesetzesbruchs ein Exempel: „Etwa 50 Personen, die mit ihm einen engeren Umgang gepflegt hatten, wurden mit harten Strafen bis hin zur Verbannung bedacht„, heißt es im sehr ausführlichen Siebold-Artikel bei Wikipedia.

Siebold gestand, verriet niemanden und wurde schließlich nach endloser Verhandlung ausgewiesen und auf Lebzeiten aus Japan verbannt. Erst 1858 durfte er erneut einreisen und seine Tochter wiedersehen.

Siebold gilt als einer der Vorkämpfer für die Öffnung Japans zum Westen. Seine Berichte sind wichtige Zeitzeugnisse aus der Edo-Periode. Heute ist der Graf in Japan hochgeachtet. In in Narutaki (Nagasaki) gibt es ein Siebold Memorial Museum. Deutschland und Japan ehrten den Forscher mit Briefmarken.

Seine Tochter Kusumoto Ine (1827-1903) war die erste japanische Frauenärztin und Geburtshelferin nach westlichem Vorbild. Ihr Leben wiederum war die Inspiration für das Musical Ine, das 2004 in Würzburg Premiere feierte.

Auf Burg Brandenstein wird an den umfassenden Austausch erinnert, den Siebold mit Japan begonnen hat. Seine Söhne setzten ihn im diplomatischen Dienst fort. Prunkstück der Ausstellung ist die Buddhastatue „Monju Bosatsu“, die Siebold-Sohn Heinrich 1880 nach Deutschland holte.

Im Burggarten wachsen allerlei Pflanzen, die Siebold erstmals in Japan angesiedelt hat, das waren zum Beispiel Hortensien, Forsythien, Funkien, Schlingknöterich oder Ahorne.

Weitere Infos zur Burg stehen auf der Homepage von Burg Brandenstein