Zum Inhalt springen
Startseite » Schloss Ludwigsburg: Witwensitz für 1000 Gulden

Schloss Ludwigsburg: Witwensitz für 1000 Gulden




Der Glanz der alten Zeiten blättert ab, ist aber noch sichtbar...
Schloss Ludwigsburg: Der Glanz der alten Zeiten blättert ab, ist aber noch sichtbar… / Fotos: Burgerbe.de

Die Ehe von Pommern-Herzog Ernst Ludwig muss harmonisch gewesen sein. Oder er wollte seine Gattin mit neuen Aufgaben ablenken.

Jedenfalls schenkte der Herzog seiner Frau Sophia Hedwig im Jahr 1586 den Weiler Darsim zwischen Greifswald und Wolgast nebst 1000 Gulden, um dort ein standesgemäßes Schloss zu bauen, das später zeitweise ihr Witwensitz werden sollte.

Die dankbare Herzogin baute ein durchaus repräsentatives Schlösschen in den Weiler – und benannte das Dorf nach dem Tode ihres spendablen Gatten zum Andenken an diesen gleich in Ludwigsburg um.

So heißt der Ort noch heute.

Schloss und Gut wechselten in den folgenden Jahrhunderten noch einige Male die Besitzerfamilie. Das Gebäude wuchs dabei um eine Etage und erhielt einen Festsaal im ersten Stock.


Um das Anwesen herum ließ der damalige Besitzer, der schwedische Oberstleutnant Friedrich Ernst Sebastian von Klinckowström Ende des 18. Jahrhunderts einen spätbarocken Park anlegen.

Militär lässt Tempel bauen

Schoss Ludwigsburg: Die Fassade hat schon viel mitgemacht
Schoss Ludwigsburg: Die Fassade hat schon viel mitgemacht

Auf einen nahen Hügel ließ er einen runden, klassizistischen Apollotempel als Hingucker und Ausguck in Richtung Ostsee errichten. 1810 kaufte der Greifswalder Kaufmann Johann Weißenborn das Gut.

Seine Erben behielten das Schloss, das zu dieser Zeit nur in der warmen Jahreszeit bewohnbar war.

Anfang des 20. Jahrhunderts bekam das Schloss dann die sehnlich erwartete Zentralheizung und sogar Strom. Im Zweiten Weltkrieg wurden Zeitungsarchive im Schloss gelagert.

Bevor die Rote Armee Vorpommern erreichte, gelang es den Weißenhorns, sich nach Westen abzusetzen. Kaum waren die Eigentümer weg, plünderten Unbekannte die Inneneinrichtung des Schlosses.

Die Familie wurde kurz nach Kriegsende enteignet.

Die DDR-Behörden brachten erstmal jahrzehntelang Flüchtlinge im Schloss unter und ließen die Gebäude verfallen – wie so viele andere Burgen und Schlösser in ihrem Machtbereich.

1974 musste der baufällige Apollotempel abgerissen werden. Der Park verkam.



Die Sanierung des Schlosses würde 4,2 Millionen Euro kosten
Die Sanierung des Schlosses würde 4,2 Millionen Euro kosten
Bis zur Wende konnten die Bewohner der umliegenden Dörfer im Festsaal noch neueste Ostblock-Streifen auf der Leinwand bewundern, und im Keller brutzelte das Essen für die Landarbeiter der örtlichen LPG „Helles Ufer“ vor sich hin.

1992 kaufte die Familie Weißenhorn das Schloss zurück. Die Weißenhorns arbeiten nun zusammen mit einem Förderverein (der Nebengebäude gepachtet hat) an der Sanierung der Anlage.

Das Dach konnte bereits repariert werden, zwei Teiche wurden wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt.

Heute ist das Schloss immerhin der einzige weitgehend unverändert erhaltene Renaissancebau der einst im Stettiner Schloss residierenden Pommern-Herzöge.

Die Rückseite des Schlosses
Die Rückseite des Schlosses

Es kann besichtigt werden. Vier Mal im Jahr findet ein „Kräuter- und Räuchermarkt“ statt. Es gibt regelmäßige Ausstellungen in den Wirtschaftsgebäuden und Konzerte: Das Schloss ist dabei, wieder so etwas wie ein kultureller Mittelpunkt der Gegend zu werden.

Für die Zukunft von Schloss Ludwigsburg gibt es große Pläne: Nach der Sanierung könnte es Museum und Begegnungsstätte werden.

In der Langzeitplanung der Region ist sogar die Entwicklung eines „Norddeutschen Romantikzentrums“ im Schloss vorgesehen. Das sind nun jedoch – angesichts des aktuellen Zustands des Gebäudes – Luftschlösser. Der Glanz der alten Zeit blättert zusehends ab.

Aber er ist zumindest noch zu erahnen…

Hier geht es zur Homepage des Fördervereins
Weitere Infos zum Schloss bei vorpommern.de


Schloss für 1 Euro gekauft

Update 2020: Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat Schloss Ludwigsburg nun für den symbolischen einen Euro gekauft. Das Finanzministerium schätzt die Kosten der Sanierung auf 40 Millionen Euro.

NDR.de berichtet: „Schloss Ludwigsburg geht offiziell ans Land“ (nicht mehr online verfügbar).

Zum Schloss gehören noch Wirtschaftsgebäude (rechts)
Zum Schloss gehören noch Wirtschaftsgebäude (rechts)

Schloss Ludwigsburg von oben:



Ein Gedanke zu „Schloss Ludwigsburg: Witwensitz für 1000 Gulden“

  1. Einige Bemerkungen von einem Insider aus Ludwigsburg:
    Der Begriff Weiler wird für Ludwigsburg bzw. Darsim oder Dersem gewöhnlich nicht verwendet. Die Schwartzsche Chronik spricht von Dorf und „Dorfschafft“.
    Zum Ortsnamen:Nach der Überlieferung hat die Herzogin von „ihrem Ludwigshoff“ gesprochen, aus dem dann unser Ludwigsburg geworden ist.
    ZU den Etagen: Der Bauhistoriker Holst hat in seine Untersuchungen ermittelt, das das Gebäude bereits zweistöckig errichtet worden ist. Im oberen Stock im Langteil hat sich ein „Tanzboden“ befunden, dessen Wandmalereien noch heute erkennbar sind.
    Zu Weissenborns in den Westen: Familie Weissenborn war gegenüber der Reichsführung reserviert, sehr christlich eingestellt und human gegenüber Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern. Zu den polnischen Schnittern hatten einige Ludwigsburger sogar persönliche Beziehungen aufgebaut.
    So nimmt es nicht Wunder, dass Familie Weissenborn nicht, wie viele andere Gutsherren das Weite gesucht oder sich und die Familie erschossen haben, als im April ´45 etwa 40 russische Kosaken in Ludwigsburg einmarschiert sind. Weißenborns haben nach der Besetzung des Schlosses in einem ihrer Gutsarbeiterhäuser im Dachgeschoss Quartier genommen und das weitere Geschehen verfolgt, dabei sind sie von den Russen nicht behelligt und von anderen auch in keiner Weise denunziert worden, wie es damals häufig der Fall war.
    Erst als erkennbar war, dass ihr Besitz verloren war, sind sie erst zu Verwandten nach Mecklenburg und dann nach Niedersachsen gegangen. Auch in der DDR Zeit haben sie ständig zu einigen alten Ludwigsburgern Kontakt gehalten.
    Apollotempel: Man sieht in nicht in Richtung Ostsee sondern zur „Dänischen Wieck“ als Teil des Greifswalder Boddens.
    Zum „Ostblockstreifen Bewundern“: Ein sehr einseitige Angabe. Ich selbst habe in der Zeit der 50er Jahre ohne Fernsehen westdeutsche Filme französiche und auch amerikanische Streifen, die damals Kassenschlager waren, in diesem sogenannten Dorfkino ansehen können ,Kartenpreis 50Pf. Natürlich aber auch den „Thälmannfilm“ und den „Stillen Don“.
    Die letzten beiden Abschnitte: Sie sind nun 2018 nicht mehr zutreffend, wie auch in den Medien zu lesen war.
    Das Schloss und die Schlosshofanlage sollen nun für einen symbolischen Preis an das Land M-V gehen. Wie es heißt, liegen in Schwerin 20 Mio für den Aufbau des Schlosses bereit, und es soll dann eine Außenstelle des Pommerschen Landesmuseums in Greifswald werden.

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.