Foto: LWL/S. Brentführer
Seit 2004 untersucht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit dem Lippischen Landesmuseum die 1190 bis 1194 erbaute Burg der einstigen Edelherren zur Lippe.
Bei der Kampagne 2011 gab es kurz vor Schluss einen Überraschungsfund: Archäologen entdeckten eine kunstvoll gearbeitete Schachfigur von internationalem Rang.
Vor allem die Wohngebäude der Burgherren und der Burgbewohner standen – und damit auch das älteste Gebäude der Falkenburg.
Ein einfacher Holzbau aus dem späten 12. Jahrhundert, den die Wissenschaftler zunächst für eine Bauhütte im Zuge der Errichtung der Burganlage gehalten hatten.
Hochwertige Funde
In den Resten eines abgebrannten Holzbaus fanden sie auch eine sehr seltene Schachfigur. Foto: LWL/ T. Pogarell
Er entpuppte sich bei der Ausgrabung durch die hochwertigen Funde und Ausstattungsgegenstände jedoch als erstes Gebäude auf dem Burgberg und sogar als das erste Heim des Burgherrn – wahrscheinlich ein Provisorium, in dem Bernhard II. zur Lippe während der Bauarbeiten an der Burg gewohnt hatte.
„Ausgerechnet in diesem Gebäude, das zunächst so unscheinbar wirkte, haben wir die bislang frühesten und schönsten Funde gemacht“, so Grabungsleiter Dr. Hans-Werner Peine.
„Neben Hausrat wie Scheren und einfacher Gebrauchskeramik fanden wir hier auch kunstvoll gearbeitete Möbelbeschläge aus vergoldetem Buntmetall – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass dieses Gebäude der hochrangigsten Person auf der Burg vorbehalten war.“
Die seltene Schachfigur
Foto: LWL/S. Brentführer
„Diese Figur, die wir anhand der Kleidung als Darstellung eines Bischofs identifizieren können, ist in dieser Ausführung ein extrem seltener Fund“, weiß Kreisarchäologin Dr. Elke Treude vom Lippischen Landesmuseum.
„Solche Spielfiguren waren im Hochmittelalter meistens stark stilisiert – so naturgetreu gearbeitet gibt es nur eine handvoll vergleichbarer Funde auf der ganzen Welt“, so sie Archäologin.
Der Bischof saß ursprünglich auf einem Thron, der leider ebenso wie der Kopf der Figur verloren gegangen ist. Er besetzte in den Partien die Position des Läufers.
„Im 12. Jahrhundert wurden die stilisierten Figuren mit militärischer Bedeutung, wie sie im Orient üblich waren, im europäischen Raum durch Figuren des wirklichen Lebens ersetzt“, meint LWL-Archäologe Peine.
„Statt Streitwagen und Streitelefanten eroberten dann Könige und Bischöfe, Ritter und Bauern das Schachbrett.“
Parallele zu Fund aus Schottland
Sie wurden vermutlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Norwegen hergestellt und gelten als die besterhaltenen mittelalterlichen Spielsteine.
Sie sind somit etwa ebenso alt wie der Bischofs-Läufer aus der Falkenburg. Und auch bei der schottischen Variante sind die Läufer als Bischöfe dargestellt: 10,2 Zentimeter hoch.
Dass der Falkenburg-Bischof kein Gesicht mehr hat, ist äußerst schade, denn die Lewis-Figuren fallen durch ihre lebendige Mimik auf: Die meisten Spielfiguren betrachten das Spielgeschehen mit einem reichlich bestürzten Gesichtsausdruck.
Kein Wunder, sie werden ja auch häufig geschlagen.
Wenn sie nicht gerade auf Ausstellungen unterwegs sind, kann man sich die Spielsteine im Britischen Museum in London und im Schottischen Nationalmuseum in Edinburgh ansehen.
Der Text entstammt weitgehend der Pressemeldung „Dem Burgherrn ins Gemach geschaut“ des LWL, die ich mit ein paar Gedanken zu den Lewis-Schachfiguren angereichert habe. Die Figuren sollte man sich unbedingt anschauen, falls man mal vor Ort in London/Edinburgh ist.
Hier ein Video zur Grabung auf der Detmolder Falkenburg: