Die Evenburg: Ein Zuckerbäckerschloss in Ostfriesland



Die Evenburg in Leer macht sich gut in Schwarz-Weiß / Foto: Burgerbe

Winter-Idyll in Ostfriesland: Malerisch steht die Evenburg im verschneiten Park im Stadtteil Leer-Loga. Schnee liegt auf den Türmchen der verspielten Fassade.

Der Wassergraben ist zugefroren. Zusammen mit den knorrigen, alten Bäumen des Parks und den Brücken über die Gräften ergeben sich eindrucksvolle Fotomotive.

Ob man das Gebäude besichtigen kann? 2013 jedenfalls Fehlanzeige. Die Brücke zum Haupttor ist mit einer Kette versperrt, an der ein Schild hängt: „Baustelle“.

Dahinter steckt eine lange Geschichte mit viel Ärger und hoffentlich bald einem (teuer erkauften) Happy End.

Der Landkreis Leer (seit 1975 Besitzer des Schlösschens) möchte die Anlage zum „Zentrum für historische Gartenkultur“ machen. Doch die Sanierung der Räume wird immer aufwendiger.

3,4 Millionen Euro sollte der Umbau bis März 2013 an Kreis- und niedersächsischen Landesmitteln nun kosten, meldet die Neue Zeitung.

Zuletzt hatte die Beseitigung von Hausschwamm Mehrkosten von 190.000 Euro verursacht.

Die kompletten Holzdielen im Obergeschoss mussten laut Neuer Zeitung abgebaut und behandelt werden. Die sie tragenden Balken seien auch befallen, konnten aber vor Ort durch Heißluft vom Schwamm befreit werden.

Evenburg mit zugefrorenem Wassergraben
Evenburg mit zugefrorenem Wassergraben
Weiterer Ärger droht im Park. Der Landesverband der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) wirft dem Landkreis vor, den Park „verkommen zu lassen“.

Es geht um den Vorwurf, dass der durch die 1999 erfolgte Sanierung der Wassergräben veränderte Wasserstand den Parkbäumen zusetzt.

Das Schloss, wie man es heute sieht, hat mit der ursprünglichen Anlage nicht mehr viel zu tun. Das Vorgänger-Gebäude entstand in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges und war kurz nach dem Friedensschluss fertig (1642-1650).



Blick durch die Parkbäume
Blick durch die Parkbäume auf die Rückfront
Bauherr Erhard Reichsfreiherr von Ehrentreuer von Hodrieth benannte die Burg nach dem Vornamen seiner Frau Eva. Der Geburtsname der Gattin war weniger geeignet, da sie eine geborene „von Ungnad“ war.

Der Reichsfreiherr war Kommandant der damaligen im nahen Emden stationierten niederländischen Truppen – und ein begabter Spieler. Die Lehnsrechte für das umgebende Land soll er als Bezahlung von Spielschulden von Graf Ulrich II. von Ostfriesland verliehen bekommen haben.

Falls sich der Landkreis das mit dem Gartenkunstcenter ja nochmal anders überlegt, wäre also auch eine edle Spielbank dem Anwesen angemessen…

Erbin der Evenburg und der Ländereien war die Tochter der beiden, Maria von Ehrentreuter. Sie heiratete 1665 den 24-jährigen ostpreußischen Haudegen, Gustav Wilhelm von Wedel, der gerade auf dem Weg war, die Türken in Ungarn zu bekriegen.

Von Wedel machte im Dienst des Bischofs von Münster und des Königs von Dänemark eine steile Militärkarriere und brachte es bis zum Organisator der Verteidigung Norwegens. Von Wedel baute eine Vorburg an, als Unterbringung für Diener.

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Überreste aus dieser Zeit (inklusive viel zerschlagenen Porzellans) kamen 2004 bei einer Grabung im Park ans Licht. Das Ehepaar hatte sechs Kinder, was die Grundlage für den Fortbestand ihrer Familie für die nächsten Jahrhunderte schuf.

Die von Wedels hatten 200 Jahre später keine Freude mehr an der inzwischen arg heruntergekommenen Evenburg. 1860 ließen sie sie kurzerhand abreißen und sich vom Architekten Richard Stüve ein Wasserschloss im gerade bei den deutschen Herrscherhäusern hochbeliebten neogotischen Stil in den Park setzen.

Drei Jahre zuvor war Schloss Marienburg bei Hannover als ein Vorbild in diesem Stil entstanden (heute würde man es in Richtung Steampunk verorten).

Die vordere Fassade
Die vordere Fassade

Nach 1932 zog die Familie aus. Postkarten aus dieser Zeit zeigen das Schloss märchenhaft efeuumrankt, die vordere Fassade wirkt noch viel verschnörkelter als heute. Im Krieg wurde es Lazarett und beschädigt.

Vor allem die verspielte Dachkonstruktion mit vielen Türmchen und Erkern litt unter den Bomben. 1975 kaufte der Landkreis Leer der Familie das Schloss für sieben Millionen Mark ab.

evenburg9Der Kreis renovierte das Schloss und richtet ein Studienseminar für Gymnasiallehrer ein. In die erhaltene Vorburg zog die Kreismusikschule.

Und nun der große Plan, der immer teurer wird. Im Frühjahr 2013 soll in der Burg besagtes Zentrum für Gartenkunst entstehen:
„Es sind sowohl eine Dauerausstellung als auch Wechselausstellungen zu Gärten in Deutschland geplant.

Dazu kommen noch – wie schon in der Vergangenheit mit Erfolg praktiziert – Veranstaltungen, die das gesamte Ensemble der Evenburg einbeziehen. Stichworte: „Musik im Park“.“, schrieb die Ostfriesen-Zeitung im Mai 2011. Auch der Anbau eines Wintergartens sei geplant.

Man darf gespannt sein, ob sich dieser Zeitplan angesichts der neuen Probleme noch halten lässt – und wo die Kosten für die öffentliche Hand am Ende wirklich liegen…

Adresse:
Evenburg, Am Schlosspark 25,
26789 Leer (Ostfriesland)

Fotos: Burgerbe.de