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Schloss Chillon – Inselburg mit düsterer Vergangenheit



Chateau Chillon von Süden
Chateau Chillon von Süden
Eine Felseninsel in einem See nahe wichtiger Grenzen, Handelswege und Pässe. Eigentlich logisch, dass so eine Stelle schon früh befestigt wurde. Ein solcher Inselfelsen liegt wenige Meter vom Ostufer des Genfersees enfernt, umrahmt von Alpengipfeln: das schweizerische Chateâu de Chillon.

Eine der malerischsten Lagen für eine Burg, die ich mir vorstellen kann. Der vielgereiste Lord Byron sah das offenbar auch so, schrieb ein Gedicht – und ließ gleich im Kerker sein Autogramm da.

Ausgrabungen brachten hier bereits Funde aus der Bronzezeit zutage. Die ältesten Bauten wie der Hauptturm stammen aus dem 11. Jahrhundert (damit ist der Kern der Burg stolze tausend Jahre alt).

Der Bergfried wurde noch zwei Mal aufgestockt und ist heute 25 Meter hoch. Die erste schriftliche Erwähnung stammt von 1150. Zu dieser Zeit gehörte die Anlage den Grafen (später den Herzögen) von Savoyen und kontrollierte den Handelsweg entlang des Ostufers des Sees und somit die Straße zum Grossen St.-Bernhard-Pass.

 Schloss Chillon - von Norden
Schloss Chillon – von Norden
Die Insel liegt nur etwa zehn Meter vom Ufer entfernt. Der See bildet also praktischerweise den Burggraben. Drei halbrunde, landseitige Türme stammen von 1255. Zu dieser Zeit war der heutige Aufbau der Burg mit drei Innenhöfen bereits festgelegt. Ab 1290 diente das Burggewölbe auch als Gefängnis.

Die Burg wechselte nur zwei Mal den Besitzer: 1536 verloren die Savoyarden die Anlage an die Berner (ein erster Angriff, 60 Jahre zuvor, war gescheitert).

1798 ging die Schlossinsel schließlich kampflos in den Besitz des Kantons Waadt über, dem sie noch heute gehört.

Die neuen Besitzer nutzen die (militärisch mittlerweile nutzlosen) Räumlichkeiten ab 1838 als Lager für Kriegsgerät, als Hospital und – wieder – als Gefängnis.

Ein Erwerbszweig der zur Aufsicht eingesetzten Gendarme war das Herumführen neugieriger Reisender, die sich die malerische Burg genauer ansehen wollten.

Bereits im Juni 1816 war Lord Byron zu Besuch. Der Romantiker war offenbar hingerissen von dem Gemäuer und seiner Geschichte und schrieb einige Wochen später das 392-Zeilen-Gedicht „Der Gefangene von Chillon“ (hier ein Link zum Originaltext: „The Prisoner of Chillon„).



Darin geht es um die historische Figur des schweizerischen Patrioten Francois Bonvivard (1493-1570). Der Prior von St. Victor in Genf hatte gegen die Herrschaft der Savoyer opponiert und war von diesen 1530 im Gewölbe von Schloss Chillon eingekerkert worden. Erst als die Berner 1536 Chillon eroberten, wurde der Geistliche befreit.

Schloss Chillon - von Norden
Schloss Chillon – von Norden

Beim Rundgang wird ein schwerer Eisenring an einer Säule gezeigt, an den der Gefangene die komplette Zeit angekettet gewesen sein soll.

Da er keine Sicht nach draußen hatte, soll er jahrelang gedacht haben, er sei in einem feucht-kalten Verlies unterhalb des Wasserspiegels des Sees eingekerkert – und sich entsprechend panisch vor einer Überflutung gefürchtet haben. Gruselige Vorstellung.

Als der befreite Bonvivard zurückkehrte, fand er seine Priorei zerstört vor. Die Stadt Genf gewährte ihm eine Pension, nahm ihn in den Stadtrat auf und gab ihm den Auftrag, eine Geschichte der Stadt zu schreiben. Das gelang ihm auch, das Werk wurde dann allerdings erst 1831 veröffentlicht. Die Schweizer haben es halt nicht immer so eilig.

Eugene Delacroix - Der Gefangene von Chillon (Wikipedia/gemeinfrei)
Eugene Delacroix – Der Gefangene von Chillon (Wikipedia/gemeinfrei)
Der findige Byron machte daraus die Geschichte eines einsamen Märtyrers für die Freiheit und traf damit den Nerv der Zeit. Eugène Delacroix fertigte 1834 ausgehend von Byrons Gedicht ein Gemälde an. Es hängt heute im Louvre und erinnert in seiner Art an eine Heiligen-Darstellung.

Lord Byron hinterließ auf Schloss Chillon auch noch eine dauerhaft sichtbare Spur. Er ritzte seinen Namen in die Säule, an die der arme Bonvivard angekettet gewesen sein soll. Da kann man ihn heute noch lesen.

Ich gehe jetzt mal davon aus, dass das stimmt, und dass da nicht irgendein Trinkgeld-gieriger Burgführer des 19. Jahrhunderts dem Byron-Schriftzug ein bisschen nachgeholfen hat… (siehe das kleine Foto ganz unten)

Als in den darauf folgenden Jahrzehnten die Eisenbahnlinie am Seeufer gebaut wurde, wäre Schloss Chillon dieser verkehrstechnischen Revolution fast zum Opfer gefallen und zum Steinbruch geworden. Glücklicherweise protestierte ein Abgeordneter der Nationalversammlung und verhinderte den Frevel.

Schloss Chillon: Blick vom Bergfried auf den Genfer See.
Schloss Chillon: Blick vom Bergfried auf den Genfer See.

Mit der archäologischen Untersuchung und Rekonstruktion der reichlich heruntergekommenen Anlage wurde dann ab 1897 Albert Naef (1862-1936) beauftragt, einer der ersten schweizerischen Burgenforscher, der sehr gute Arbeit leistete.

Heute ist Schloss Chillon eines der meistbesuchten (und fotografierten) historischen Gebäude der Schweiz mit jährlich mehr als 300.000 Besuchern. Wobei ich nicht den Eindruck hatte, dass die Anlage überlaufen war…

Tipp:
Nach dem Besuch empfiehlt sich ein Spaziergang am Seeufer, z.B. vier Kilometer nach Montreux, von wo Züge nach Lausanne und Genf fahren.


Link: Die Homepage der Burg gibt einen ausführlichen Überblick über die Geschichte der Anlage unter der Herrschaft von Savoyen, Bern und Waadt.


Größere Kartenansicht

Lage: Schloss Chillon / Château de Chillon, Avenue de Chillon 21, CH-1820 Veytaux

Weitere Bilder von Schloss Chillon:

chateau_Chillon44

Fotos: Burgerbe.de (Anklicken zum Vergrößern)



2 Gedanken zu „Schloss Chillon – Inselburg mit düsterer Vergangenheit“

  1. Pingback: Osterwochenende 2014 | Amanda

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