Ein gut zu verteidigendes Plateau, hoch über der Mosel-Mündung in den Rhein – diese Lage wussten die Ur-Rheinland-Pfälzer schon vor tausenden Jahren zu schätzen. Bekannt ist, dass der Ehrenbreitstein schon 4000 v. Chr. besiedelt war.
Bereits in der Bronzezeit, um 1000 v. Chr., wurde der einzige Zugang zu der hohen Ebene mit Holzpalisaden gegen das Eindringen Unbefugter gesichert. Auch die Römer hinterließen hier oben, in Sichtweite ihres Kastells Confluentes (im heutigen Stadtzentrum von Koblenz) Munition.
Um das Jahr 1000 herum stand wieder eine Befestigung auf dem Plateau. Sie ging bald in den Besitz der Erzbischöfe von Trier über, die 1129 auch für die erste Erwähnung der Burg sorgten. Der Ehrenbreitstein galt als sicherste Feste des Erzbistums. Im Krieg wurden hier jahrhundertelang gern die kostbarsten Reliquien der Erzbischöfe in Sicherheit gebracht (1657 – 1794 lag dort z.B. der Heilige Rock).
Erzbischof Hillin von Fallemanien ließ die Burg nach 1160 ausbauen, einen fünfeckigen Bergfried und – extrem wichtig – eine Zisterne anlegen. Unter der Regierungszeit des Erzbischofs und Kurfürsten Richard von Greiffenklau zu Vollrads (1511-1531) wurde aus der mittelalterlichen Burg eine Festung. Er rüstete den Ehrenbreitstein auch erstmals mit Kanonen aus.
Die Riesen-Kanone
Beim Schießgerät war der Kirchenmann nicht kleinlich. 1524, im ersten Jahr des Bauernkriegs ließ er in Frankfurt/Main eine zwölf Tonnen schwere Belagerungskanone, den Greif (Typ Scharfmetze), gießen und diese auf dem Ehrenbreitstein stationieren. Die Monster-Kanone konnte 80 Kilogramm schwere Kugeln ins Tal feuern. Sie hat dies wohl auch einige Male getan.
Nach einigem Hin- und Her – Napoleon ließ sie etwa in den Pariser Invalidendom schaffen, die Nazis raubten sie 1940 zurück – steht sie heute wieder auf dem Ehrenbreitstein.
Um 1600 wurde die Festung durch eine weitere Bastion am Flussufer ergänzt.
Es waren unsichere Zeiten damals. Speziell für die Machthaber kleiner Kirchenstaaten, die den Söldnerheeren der Kontrahenten des Dreißigjährigen Krieges nicht viel entgegenzusetzen hatten – und auch noch von einer aufmüpfigen Bevölkerung bedroht wurden.
Als Trier dem Erzbischof Philipp Christoph von Sötern als Aufenthaltsort nicht mehr sicher genug erschien, ließ er sich 1626 bis 1629 sich in der Ufer-Bastion, im Schutz des mächtigen Ehrenbreitstein das repräsentative Schloss Philippsburg errichten.
Im Notfall konnte er von da flugs in die Festung flüchten und Belagerer mit einer Kanonade des Greif‘ erschrecken. So lautete umindest die Theorie.
Nah an der Grenze des Reiches gelegen, steuerte Kurtrier traditionell einen frankreichfreundlichen Kurs. Das passte natürlich den kaiserlichen Habsburgern gar nicht.
Die für den Bau des Schlosses ausgepressten Bürger Triers nutzten den Zwist, um 1630 den Versuch zu starten, die geistliche Herrschaft abzuschütteln.
Sie riefen den Kaiser gegen den Erzbischof zu Hilfe, der die Stadt liebend gern von den spanischen Niederlanden her einnahm. Von Soter saß im Schatten des Ehrenbreitstein und schmollte.
Der Dreißigjährige Krieg
Um seine Herrschaft in den Kriegswirren zu schützen, schloss der Erzbischof 1631 einen Vertrag mit den kaiserfeindlichen Mächten Frankreich und Schweden.
Der Vertrag erlaubte den Franzosen, die Festung Ehrenbreitstein kampflos zu besetzen, was sie natürlich prompt – im Juni 1632 – erledigten.
Und das aufmüpfige Trier nahmen die Franzosen gleich auch ein und übergaben es wieder an von Soter. Der dankbare Gegenreformator machte daraufhin Kardinal Richelieu zum Koadjutor – der ihm im Falle seines Todes nachfolgen würde.
Für die Franzosen kam damit eine der Kurfürstenstimmen in Reichweite.
Der Kaiser konnte sich das verständlicherweise nicht bieten lassen. Seine Spanier eroberten 1634 Trier zurück, nahmen 1635 den Erzbischof gefangen und schafften es im Jahr darauf, Koblenz und den Ehrenbreitstein in ihre Gewalt zu bringen. Die Franzosen eroberten die Festung 1637 allerdings wieder zurück.
Sie hatten allerdings nicht mit der Hartnäckigkeit der Kaiserlichen gerechnet, für die die Festung am Hauptverbindungsweg zwischen habsburgischen Stammlanden und den spanischen Niederlanden, einfach zu wichtig war als dass man sie den Franzosen überlassen konnte.
Der Mann, der in solchen Fällen gerufen wurde, war der Reitergeneral Jan von Werth, auch bekannt als der „Franzosenschreck“. Er ließ sich auf keinen Kampf mit den verschanzten Franzosen ein, sondern hungerte sie aus. Im Juni 1637 musste der Ehrenbreitstein kapitulieren.
Bis zum Westfälischen Frieden blieb er nun fest in der Hand der kaiserlichen Seite. Erst 1650 wurde er wieder an Kurtrier übergeben.
80 Jahre später begann Erzbischof Franz Georg von Schönborn-Buchheim mit dem Ausbau des Ehrenbreitstein zu einer Barock-Festung. Neue Gräbensysteme und Batterien entstanden. Die Festung erwies sich nun als so stark, dass die französischen Revolutionstruppen nach 1794-1799 vier Mal vergeblich gegen ihre Mauern anrannten.
Wieder war es am Ende erst der Hunger, der die Verteidiger im Januar 1799, nach fast einjähriger Blockade, zur Aufgabe zwang. Da die Franzosen nun das linke Rheinufer annektierten, der Ehrenbreitstein aber dummerweise auf der rechten, also „falschen“ Seite lag, entschlossen sie sich zur Sprengung der Anlage.
Das taten sie so gründlich, dass auch das darunter liegende Schloss Philippsburg in Trümmer fiel (mit Ausnahme des bis heute existierenden Dikasterialbaus).
Der Wiener Kongress besiegelte dann endgültig das Ende des Kurfürstentums Trier. Koblenz und der Ehrenbreitstein gehörten nun zur preußischen Rheinprovinz. Und die Preußen hatten natürlich eine Vorliebe für strategisch wichtige Festungen.
Im Auftrag von König Friedrich Wilhelm II. entstand so von 1817 bis 1828 die damals hochmoderne Festung Ehrenbreitstein – erbaut nach der „neupreußischen Befestigungsmanier„.
Deren Grundgedanke war eine vieleckige Struktur. Die einzelnen Bastionen sollten einander Feuerschutz geben können, und selbst die Eroberung eines oder mehrer Werke sollte nicht zum Verlust der Festung führen, sondern, im Gegenteil, den Gegner nur weiterem Feuer aussetzen.
Der Ehrenbreitstein war dabei nur ein Teil der groß angelegten Festung Koblenz, einer der größten Verteidigungsanalgen des damaligen Europas.
Im Kriegsfall sollten 1500 Soldaten mit 80 Geschützen den Ehrenbreitstein verteidigen. Der größte Teil der preußischen Festung auf dem Plateau ist bis heute erhalten.
Doch der Krieg, für den der Ehrenbreitstein gebaut worden war, fand 1870/71 in Frankreich statt. Die Festung über dem Rhein musste sich nicht mehr bewähren. 1890 stellte Preußen sie außer Dienst.
Nach dem Ersten Weltkrieg besetzten zunächst US-Truppen, später Franzosen (bis 1929) den Berg. Von einer ursprünglich geplanten Schleifung der Werke sah man glücklicherweise ab.
Im Zweiten Weltkrieg erinnerte man sich an den Ehrenbreitstein als Rückzugsort für Kunstschätze. Allerdings erwiesen sich die Dächer der Bastionen als nicht bombensicher genug.
Im Felsen unter der Festung entstand ein Luftschutzbunker für 10.000 Menschen. Flakgeschütze feuerten von hier aus auf den alliierten Bomberstrom. Die Festung überstand den Krieg dann ohne nennenswerte Schäden.
Nach dem Krieg fiel die Festung Ehrenbreitstein an das neu gegründete Bundesland Rheinland-Pfalz. Die Festung kann heute ganzjährig besichtigt werden.
Auf dem Ehrenbreitstein findet sich seit 1956 das Landesmuseum Koblenz. Es gibt auch eine Jugendherberge, die 2010 – frisch renoviert – neu eröffnet werden soll. Die Festung ist seit 2002 als Teil des Mittelrheintals Welterbe der Unesco.
Seit 2011: Per Seilbahn zur Festung
Vor 2011 kam man nur zu Fuß, per Auto oder Sessellift auf das Plateau. Seit die Festung Teil der Bundesgartenschau in Koblenz war (15. April bis 16. Oktober 2011), ist eine weitere Möglichkeit hinzugekommen: Eine Kabinenseilbahn, die 3500 Gäste pro Stunde vom Rheinufer am Deutschen Eck zur 120 Meter hoch gelegenen Festung hinaufbringen kann. Spektakulärer Ausblick inklusive.
Dahinter steckt der Gedanke, dass ansonsten für die Besucher 50 Busse notwendig gewesen wären, sie sich im 90-Sekunden-Rhythmus zum Festungsplataeu hochquälen müssten, was die Öko-Bilanz der Buga ordentlich verhagelt hätte.
Kritik am Seilbahn-Plan gab es lediglich, weil er die Fällung von sechs Bäumen am Rheinufer voraussetzte.
Um den Welterbe-Status nicht zu gefährden, sollte die Seilbahn 2014 wieder abgebaut werden. Doch das Prestigeprojekt war dann so erfolgreich, dass man es einfach stehen ließ.
Links: Festungs-Homepage, Wikipedia-Eintrag zur Festung Ehrenbreitstein (sehr ausführlich)
Wenn ich mir so manche gewaltigen Festungsanlagen so ansehe, mag ich gar nicht dran denken, die die damals erbaut wurden…
Danke für den interessanten Bericht. Wieder bischen was gelernt :)
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