Es ist eine dieser betongeworden Abstrusitäten, über die kommende Generationen nur den Kopf schütteln werden: Die Wertheimer Verwaltung möchte die Ruine der Burg Wertheim über der Stadt – ernsthaft – durch einen Schrägaufzug erschließen. Dafür ist der Bau einer 160 Meter langen, von Betonpfeilern getragenen Trasse nötig.
Die Fahrt würde knapp zwei Minuten dauern. Der Gemeinderat hat sich dafür ausgesprochen, Oberbürgermeister Stefan Mikulicz (CDU) möchte mit Hilfe des Aufzugs „mehr aus der Stadt machen“. Der Gemeinderat stimmte nach dreistündiger, hitziger Debatte grundsätzlich zu.
Die Bürgerinitiative „Pro Wertheim“ läuft dagegen Sturm und fürchtet die Verschandelung des Burgbergs. Unterstützt wird sie vom lokalen Ortsverband der Grünen. Nun ist der Streit da.
Die Initiative startete ein Bürgerbegehren, um einen Bürgerentscheid herbeizuführen. 1848 Stimmen hätten die Aktivisten bis zum 1. September sammeln müssen. Wie Klaus Schwitt per Kommentar mitgeteilt hat, konnte die Initiative über 4000 Unterschriften sammeln. Ziel ist, den Gemeinderat zur Rücknahme des Schrägaufzug-Plans zu zwingen. Sollten die Gemeinde-Juristen jetzt nicht tricksen und z.B. 60 Prozent der Unterschriften für ungültig erklären, müsste die Stadt sich dem Bürgerentscheid stellen.
Das Verrückte ist, dass es bereits eine Straße zur Burg gibt. Man könnte diese ausbauen und/oder dort einfach einen Pendelbusdienst einrichten – dazu gibt es sogar Elektro-Fahrzeuge. Aber nein, der Gemeinderat bevorzugt die ganz große Lösung, die man sich auf diversen Dienstreisen, z.B. in Kufstein, angesehen hat. Die Denkmalbehörden haben keine Bedenken, da die Betonträger ja nicht in der Burg, sondern nur im Burgberg verbaut werden.
Also ich war ja mal da und kann nur davor warnen, den Berg mit Betonpfeilern zuzupflastern (ja, liebe Befürworter, es gibt da verschiedene Vorschläge, ich weiß. Und auf Euren Plänen sieht das ja auch alles total hübsch aus).
Aber die Burg Wertheim hat einen besonderen Reiz, weil sie eben oberhalb der Stadt auf ihrem Felssporn „thront“. Wie man es wagen kann, an diesem Bild optisch zu kratzen, ist mir schleierhaft.
Ich habe so ein bisschen den Verdacht, dass da ein paar Provinzbeamte den Planern auf den Leim gehen, die keine Baukosten, aber horrende Touristen-Zahlen nach dem Bau des Aufzugs vorhersagen. Nett vom Betreiber, die 1,3 Millionen Euro Baukosten vorstrecken zu wollen.
Aber Leute, die Wirtschaft besteht nicht aus gemeinnützigen Unternehmern. Nicht alles, was auf dem Papier toll und billig aussieht, ist es dann in der Realtät auch.
Das Engagement der Bürger sehe ich äußerst positiv. Ich hoffe mal, dass sich letztlich die Vernunft in Form des Bürgerentscheids durchsetzt und das Rathaus mitsamt Bürgermeister einen gehörigen Denkzettel bekommt. Manchmal muss man Städte nun mal auch vor der eigenen Verwaltungsspitze schützen.
PS: Damit das klar ist – „Pro Wertheim“ hat nichts mit der rechtsextremistischen „Pro Köln“-Gruppe, bzw. der Wertheimer Bürgerinitiative gegen einen Moscheebau.
Nachtrag vom 11.1.2009: Der Druck der Bürger zeigte Wirkung: Der Schrägaufzug ist – erstmal – vom Tisch. Nach Angaben der städtischen Seite Wertheim.de hat der Stadtrat am 1. Dezember 2008 den entsprechenden eigenen Beschluss aus dem Sommer zurückgenommen. Nun soll neu geplant werden. Nach Angaben der Stadt habe sich damit der Bürgerentscheid erübrigt.
Foto: Meins
Vielen Dank für den Artikel von außerhalb. Es ist wirklich grau-sam, was unsere Politiker unter „Aufwertung“ verstehen.
Gruß aus dem (noch) idyllischen Wertheim.
Also ich bi auch gegen den Schrägaufzug ,mein Vorschlag ist ein Aufzug in den Atombunker/Parkhaus Einzubauen die wäre möglich und würde in keinerweise das jetzige schöne Bild der Stadt verändern.Ich werde dies auch in unserem Stadtmagazin nochmals Vorschlagen und meine Solidarität zu den Gegenern des Bauvorhaben äussern.
liebe Grüsse aus Wertheim
Y.Kamanmaz
Wertheimer Familie Seit 1965
Das Vorhaben ist verrückt! Ist es nicht mehr möglich, auch nur ein paar Schritte zu Fuß zu laufen? Zumal der Ausblick dabei bestimmt schöner zu genießen ist, wie in einem verglasten Aufzug…
Schön, dass es so eine aktive Bürgerinitiative gibt. Schade, dass Politiker oft dazu neigen, nicht auf die Bürger zu hören.
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