Schlichte Backstein-Romanik: Das Kloster von Jerichow / Foto: Wikipedia/Manfred Heyde/CC BY-SA 3.0Der Deichbruch bei Fischbeck im Juni 2013 hatte die Lage für Tangermünde entschärft. Doch nun ergießen sich Millionen Liter Elbwasser pro Sekunde in die Altmark. 7000 Menschen werden evakuiert. Teile von Sachsen-Anhalt und Brandenburg werden zum See. Tausende Bundeswehrsoldaten sind im Einsatz.
Mehrere Städte sind nun sozusagen „von hinten“ aus bedroht. Dazu gehört Jerichow südlich der Deichbruchstelle – bekannt durch sein historisches Kloster. Der Elbdeich liegt nur wenige Meter vom Kloster entfernt. Er hielt bislang stand.
Das Wasser hat die Bundesstraße 107 zwischen Jerichow und Fischbeck überflutet. Zur Stunde nähert sich die Flut von Norden der Stadtgrenze Jerichows.
Das THW ist vor Jerichow im Einsatz und versucht, die Dämme zu halten und unterspülte Stellen zu reparieren. Das meldet die Online-Ausgabe der Meinerzhagener Zeitung.
Wie der Sender „n-tv“ meldet, will die Landesregierung von Sachsen-Anhalt den Einsatz nun selbst koordinieren, weil sich die Lage im Jerichower Land so zugespitzt hat. Eine enge Koordination mit dem Nachbar-Bundesland Brandenburg und ein größerer Bundeswehreinsatz seien notwendig.
Die Zeitung Volksstimme meldet am Montag um kurz nach 18 Uhr, dass 37 Feuerwehrleute aus Wutha-Farnroda, Ruhla und Hörselberg-Hainich nach Parey und Jerichow unterwegs sind.
Ihre Aufgabe wird die Sicherung der Dämme im Bereich des Zusammenflusses von Elbe und Havel sowie des Elbe-Havel-Kanals sein.
Der Kreuzgang von Kloster Jerichow / Foto: Wikipedia/Ingo2802/CC BY-SA 3.0Das 7000-Einwohner-Städtchen ist historisch bedeutsam: 1144 gründete sich hier ein Prämonstratenser-Chorherren-Kloster. Stiftskirche und Klausur entstehen im Stil der Backsteinromanik. Hochwasser ist hier ein „alter Bekannter“.
1336 wurde die Stadt durch die Fluten der Elbe fast vollständig zerstört. 1552 brachte die Reformation das Ende des Klosters, der Dreißigjährige Krieg ließ einige Jahrzehnte später erhebliche Verheerungen zurück.
Dass die Gebäude heute so gut erhalten sind, verdanken sie dem geschichtlich interessierten Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. (er ließ die Klosterkirche restaurieren) – und dem harten Alkohol.
Um 1870 wurden die Stiftsgebäude nämlich als Brauerei, Sprit- und Branntweinbrennerei genutzt. 1902 zog ein psychiatrisches Krankenhaus ins Kloster (heute AWO-Fachkrankenhaus). Das Fachkrankenhaus wurde wärhend des Hochwassers geschlossen.
In die Sanierung des Klosters sind nach der Wende mehrere Millionen Euro an Stiftungs- und Denkmalschutzmitteln geflossen. Ein Einbruch der Elbe ins Kloster wäre eine Katastrophe.
Nachtrag 20.6.2013: Die Deiche bei Jerichow haben gehalten. Am 17. Juni haben in Jerichow die Aufräumarbeiten begonnen, da sich das Wasser immer mehr zurückzieht. Deichwachen müssen in Jerichow und Klietznick nicht mehr laufen. Die Grundschule Jerichow hat wieder geöffnet.
Tangermünde bei „normalem“ Pegelstand: Burg und Altstadt grenzen an die Elbe. Foto: Burgerbe.deDer Scheitel des Elbe-Hochwassers hat die historische Altstadt von Tangermünde in Sachsen-Anhalt im Juni 2013 passiert.
Die Stadt in der Altmark, bekannt durch ihre große Burg/Schloss-Anlage, rief Freiwillige zum Füllen von Sandsäcken auf (inzwischen hat sich das erledigt, die Stadt dankt den Helfern).
Aufgrund der dramatischen Hochwasserlage in der Stadt Meißen musste die Albrechtsburg Anfang Juni „bis auf weiteres“ schließen. Nach Durchzug der Flut wurde am 10. Juni 2013 wieder geöffnet. Inzwischen hat die Burg ihre Öffnungszeiten sogar erweitert: Sie gelten jetzt auch bis Freitagabends. Das teilt die Verwaltung der Burg auf ihrer Website mit.
Wegen der Jahrhundertflut mussten eine Lesung mit der Schauspielerin und Entertainerin Désirée Nick, die „Lange Lesenacht“ sowie die Eröffnung der sechswöchigen Sonderausstellung „Eine Märchenreise mit Hans Christian Andersen“ (ursprünglich geplant für den 6. Juni) verschoben werden. Nach Hochwasser: Albrechtsburg Meißen wieder offen weiterlesen →
Das Schloss Luisium im Dessau-Wörlitzer Gartenreich / Foto: Wikipedia/Doris Antony/CC BY-SA 3.0
Heute (Sonntag) morgen eine gute Meldung: Der Pegel von Elbe und Mulde bei Dessau fällt seit der Nacht. Ein Dammbruch bei Groß Rosenburg hat keine Auswirkungen auf Dessau-Roßlau. Das meldet der Katastrophenstab heute (Sonntag) um 8.45 Uhr.
Zitat: „Insoweit bleibt die Lage weiterhin beherrschbar und die sinkenden Flusspegel sorgen für zusätzliche Entspannung“. Die Elbe ist in zehn Stunden um zehn Zentimeter zurück gegangen. In Dessau-Roßlau gilt weiter Katastrophenalarm.
Der Rekord-Pegel der Elbe bedroht jedoch weiter das Unesco-Weltkulturerbe Dessau-Wörlitzer-Gartenreich und das Schloss Luisium. Gartenreich und Schloss sind für Besucher gesperrt und wurden mit Sandsäcken gesichert.
Vor dem Schloss stehen zusätzlich Spundwände. Sicherheitshalber wurden die Gemälde aus dem Erdgeschossbereich des Schlosses entfernt. Das meldet der MDR.
Das Schloss wurde am Sonntag angesichts der prekären Lage des Ringdeichs mit drei Sickerstellen zwangsgeräumt. Zuvor hatte ein gut gemeinter Facebook-Aufruf des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle hunderte Helfer zum Luisium mobilisiert.
Doch der Katastrophenstab wusste davon nichts, und die Helfer störten eher als das sie Nützliches tun konnten – und brachten die brenzlige Situation am empfindlichen Deich weiter durcheinander.
Teilweise diskutierten die Helfer mit den Deichschützern vor Ort und kritisierten deren Maßnahmen. Arg! Die Mitteldeutsche Zeitung bringt dazu einen ausführlichen Artikel: „Chaos nach Facebook-Aufruf„.
Der Höchststand der Elbe in Dessau-Roßlau (Leopoldshafen) wurde am Samstag mit ca. 7,42 Meter erreicht, die Mulde steht laut Landesbetrieb für Hochwasserschutz am Sonntag Abend bei Dessau-Brücke bei 5,34 Meter (Pegel in Sachsen-Anhalt).
Die automatischen Pegel in Dessau-Muldbrücke und Dessau-Leopoldshafen sind ausgefallen. Es wird jetzt manuell gemessen. Das meldet die Seite der Stadt Dessau. Der Pegel der Elbe bei Dessau hat die Rekordwerte von 2002 noch deutlich überschritten.
Ein Deich an der Mulde wurde provisorisch durch überdimensionale Sandsack-Kissen verlängert, die sich nur mit schwerem Gerät transportieren lassen. 33.000 Sandsäcke liegen noch in Reserve. Einige Ortschaften wurden evakuiert. Schloss Großkühnau wurde von Freiwilligen mit Sandsäcken gesichert.
Sie legten dazu einen 180 Meter langen Sandsack-Deich an. Der neue Hochwasserschutz in Großkühnau ist glücklicherweise vor einigen Tagen fertig geworden.
Die Lage am Schloss Luisium war tagelang unübersichlich. Berichte, wonach der das Schloss schützende Ringdeich zu brechen drohte, werden vom Katastrophenstab nicht bestätigt.
Das in freundlich hellen Farben gestrichene Schloss Luisium ist ein kleines Landhaus im englischen Stil aus dem Jahr 1774. Fürst Leopold III. von Anhalt-Dessau hatte es seiner Gattin Luise geschenkt, daher rührt der Name.
Beim großen Hochwasser 2002 ergossen sich die Fluten bis ins Schloss – es war von allen Gebäuden des Gartenreichs am stärksten betroffen. Mit Bundes- und Landesmitteln wurden die Schäden beseitigt.
Schloss Großkühnau wird durch eine Sandsackbarriere geschützt / Foto: Wikipedia/M_H.DE/CC BY-SA 3.0
Schloss Großkühnau wurde 1780 für Prinz Albert Friedrich von Anhalt-Dessau (1750–1811), errichtet und war für die damalige Zeit einfach und solide eingerichtet. Lediglich der Festsaal im ersten Obergeschoss war mit Malereien dekoriert.
Der zum Schloss gehörende Kühnauer Park wurde am Südufer des Kühnauer Sees und auf künstlichen Inseln im See angelegt. Er bildet den westlichen Abschluss des Dessau Wörlitzer Gartenreiches.
Mit dem Timing der Flut hat man in Dessau indes Glück: Die moderne Hochwasserschutzanlage in Dessau-Großkühnau ist erst von zwei Wochen in Betrieb genommen worden. Bei Dessau gibt es häufig Hochwasserprobleme, da hier die Mulde in die Elbe mündet.
Mehr zu den Maßnahmen der Verwaltung des Gartenreichs gegen die Fluten steht in einem ausführlichen Artikel der Mitteldeuschen Zeitung: „Die Elbaue ist ein Spiegel„. Aktuelle Nachrichten bringt die Mitteldeutsche Zeitung: „Helfer schützen das Schloss Großkühnau„.
Unklar ist die Lage rund um Schloss Mühlberg im Landkreis Elbe/Elster in Brandenburg. Die Kleinstadt rund um das 1545 wieder aufgebaute Schloss wird nach Angaben des Tagesspiegel seit Freitag Nachmittag zwangsgeräumt, da die Deiche nicht mehr sicher seien. Die Anwohner waren seit Mittwoch zunächst aufgefordert worden, ihre Häuser freiwillig zu verlassen. Die Elbe stand zwölf Zentimeter unterhalb der Deichkrone. Es gibt mehrere Sickerstellen. Taucher sind im Einsatz.
Wie die Mitteldeutsche Zeitung meldet, gibt es einen Unfalltoten unter den Hochwasserhelfern. Ein 74-Jähriger starb nach einem Verkehrsunfall in Wittenberg/Elster. Er ist damit der dritte Tote des Hochwassers 2013.
Das Video zeigt die Sicherung des Gartenreichs und von Schloss Luisium mit Behelfsdeichen aus Sandsäcken.
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