Ein Dresdner Auktionshaus hat den Auftrag bekommen, das Halbe Schloss in Langenleuba-Niederhain zu versteigern. Es gehört einem Spanier. Die Auktion findet bis zum 4. Juni 2018 statt.
Als Startgebot für das völlig heruntergekommene Gebäude mit 1340 Quadratmeter Nutzfläche und 4100 qm Grundstück hat die Sächsische Grundstücks-Auktionen AG nur 1000 Euro festgesetzt.
Ein Schnäppchen? Nunja, gerade ist das Schloss von der örtlichen Bauaufsicht wegen akuter Einsturzgefahr gesperrt worden.
Vierter Besitzerwechsel in drei Jahren
Laut MDR Thüringen steht – sollte sich ein Käufer finden – der vierte Besitzerwechsel innerhalb von nur drei Jahren an.
2015 kam das Schloss übrigens für 22.000 Euro unter den Hammer, gestartet war man mit 5000 Euro.
Der Versteigerer schwärmt derweil von der „zahlreichen, originalen Ausstattung“ aus der Barockzeit, die das Schloss noch beherberge.
Das Halbe Schloss ist eines der typischen Beispiele für eine misslungene Privatisierung. Der Besitzer, der im Herbst 2015 die Versteigerung anstrengte, war nämlich die bundeseigene Gesellschaft für Immobilienaufgaben.
Deren Beitrag zum Denkmalschutz: Sie ließ ein grünes Netz über Teile der reich verzierten Fassade spannen, damit niemand von herabfallenden Teilen verletzt würde.
Dann ließ sie das Schloss mit dem kuriosen Namen versteigern: In der Hoffnung, ein Schnäppchenjäger würde in die Substanz investieren. Die durch Untätigkeit drohende Gefahr war bestens bekannt. Die Immobilie steht seit 2014 auf der Liste der gefährdeten Kulturgüter in Thüringen.
Vorkaufsrecht nicht genutzt
Die Bundesgesellschaft verkaufte damals also an einen Privatmann. Der 1800-Einwohner-Flecken Langenleuba-Niederhain sah sich außerstande, sein Vorkaufsrecht auszuspielen.
Daraufhin passierte jahrelang … nichts. Bis heute. Vielleicht ändert sich das ja mit einem neuen Schlossherren, bzw. einer neuen Schlossherrin…
Das Schloss geht auf eine mittelalterliche Wasserburg zurück. Das heutige Schloss entstand daraus in den Jahren 1707 bis 1711 im Auftrag von Johann von Kuntsch – im Schnellbauverfahren. Er ließ ein von Wasser umgebenes Barockschloss als Vierflügelanlage im Regence-Stil ins Altenburger Land setzen. Als Zentrum eines Ritterguts.
Testamentarisch legte er fest, dass die Erträge des Ritterguts nach seinem Tod Bildungszwecken zugute kommen sollen. Er gab das Haus dazu in eine Stiftung, d.h. die Familie durfte das Anwesen nicht einfach zu Wohnzwecken nutzen. Seit dem 19. Jahrhundert waren dort Schulen beherbergt.
1838 ließ die Familie den Südflügel der Anlage wegen Baufälligkeit abreißen und den Wassergraben verfüllen. Der stehengebliebene, dreiflügelige Rest wird seitdem „Halbes Schloss“ genannt.
Sie wurden 1946 durch die sowjetische Besatzungsmacht enteignet. Das Schloss wurde eine „volkseigene“ Immobilie.
Erst Schule, dann Leerstand
Zu DDR-Zeiten wurde das Schloss u.a. bis 1965 als Schule genutzt. Seit 1980 steht es leer. Die Wirtschaftsgebäude blieben erhalten. In den 2000er Jahren wurden durch die alten Besitzer nur noch Notsicherungen vorgenommen.
PS: Das Auktionshaus hatte das Schloss für 1000 Euro im Portal Immobilienscout24 eingestellt (der zuvor hier stehende Link ist inzwischen offline).
Und hier ein paar Videoaufnahmen:
Weiterlesen:
Der Bericht des MDR Thüringen zum geplanten Schlossverkauf: „,Halbes Schloss‘ im Altenburger Land wird wieder versteigert“ ist nicht mehr online.
Update:
2022 hat sich ein Verein zum Erhalt des Schlosses gegründet, der „Halbes Schloss Langenleuba-Niederhain e.V.“, der eine sehr informative Website betreibt.
Ab 2023 soll mit Sanierung des Schlosses begonnen werden. Stiftung Denkmalschutz und Freistaat Thüringen fördern das Projekt.
Reinhören für mehr Infos:
Der empfehlenswerte Podcast „Guthauspod“ widmet eine Folge dem Halben Schloss. Ausführlich interviewt wird der Architekt Philipp Hesse aus Greiz, der das Schloss mit dem Verein sichern und zu neuem Leben erwecken will.