Sanierung und Umbau von Schloss Tinz in Gera stehen vor dem Abschluss: Das Barockschloss der Grafen von Reuß-Gera im italienischen Stil wird Aushängeschild des Campus der Berufsakademie Gera.
Land Thüringen und EU lassen sich den denkmalgerechten Umbau und die Herrichtung der Außenanlagen 6,4 Millionen Euro kosten.
Der Festsaal des Schlosses wurde wieder in voller Höhe freigelegt. Dort wird die Bibiliothek der Akademie einziehen, die zurzeit noch die Aula blockiert.
Studenten und Dozenten sollen inmitten von Rokoko-Luxus-Deko arbeiten: „Stuck an den Decken des Schlosses, Säulen, Lüster und Wandfarben in pastellenem Grün sollen denkmalgerecht wiederhergestellt werden“, schreibt die Ostthüringer Zeitung.
Der Bodenbelag: Natürlich Parkett, wie damals, als die Fürsten von Reuß ihre Mätressen zum Tanz aufforderten.
Auch der Charakter als Wasserschloss soll wieder hervorgehoben werden. Zu DDR-Zeiten waren die Wassergräben 1975 zugeschüttet und die sich kunstvoll darüber spannenden Brücken abgerissen worden. Aus dem Schlosspark wurde eine Kleingartenanlage.
Wieder ausheben wollte man die Gräben nicht: Flache, mit Wasser gefüllte Bassins sollen nun ihren Verlauf andeuten.
Duales Studium neben dem Schloss
Die Berufsakademie befindet sich seit 1998 in Bauhaus-artigen Gebäuden direkt neben dem – bis zum Beginn der Sanierung im Jahr 2012 völlig heruntergekommenen – Schloss. Sie bietet ein duales Studium: Studierenden haben gleichzeitig einen Ausbildungsvertrag mit einem der Partnerunternehmen / -träger der Akademie.
Für Geras Oberbürgermeisterin ist das sanierte Schloss als „Visitenkarte der Stadt“ eminent wichtig.
Die Reuß’schen Fürsten hatten das Schloss 1748 errichtete Schloss nur bis 1827 für Wohnzwecke genutzt. Dann zog nur noch gelegentlich das Militär ein, in Kriegszeiten wurde das Schloss zum Lazarett.
Das Haus Reuß hatte hier bis zum Herbst 1918 das Sagen. Dann tauchten plötzlich Revolutionäre auf, die ihre Sache ernst nahmen, und enteigneten die konsternierten Adeligen (für damalige deutsche Verhältnisse ein ziemlich ungewöhnlicher Vorgang).
Das Schloss Tinz wurde in den Folgejahren ein Bildungszentrum, eine – wie Franz Walter auf Spiegel Online schreibt – „proletarische Kaderschmiede in der Weimarer Sozialdemokratie“.
In fünfmonatigen Kursen wurde jeweils rund 50 junge Genossinnen und Genossen ohne höhere Schulbildung ein Curriculum von Geschichte über Soziologie bis hin zu Wirtschaft und Psychologie eingebimst.
Nazis schlossen SPD-Kaderschmiede
Die Nazis schlossen die Schule 1933 umgehend. Die SED nutzte das Schloss für Lehrgänge ihrer „Arbeiterhochschule“. Nach der Wende zog dann das Landgericht Gera ein, das auf einen Neubau wartet.
Und nun soll im Schloss Tinz wieder an die Bildungstradition angeknüpft werden…
Weiterlesen:
Die Ostthüringer Zeitung verfolgt die Sanierung kontinuierlich:
„Künftig studieren im Schloss in Gera-Tinz“
„Wieder Wasser für das Wasserschloss in Gera“