Auf dem Charlottenburger Schloss endete die Ausstellung „FRAUENSACHE. Wie Brandenburg Preußen wurde“ der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Damit erinnerte die Stiftung an den Beginn der Hohenzollern-Herrschaft in Brandenburg vor 600 Jahren.
Im Mittelpunkt stand der Anteil der weiblichen Mitglieder der Dynastie in Kultur, Politik und Gesellschaft.
Zu den Aufgaben der Prinzessinnen, Königinnen und Kaiserinnen gehörte auch, hohe militärische Posten zu bekleiden. Und das, obwohl es keine weiblichen Soldatinnen in Preußen gab.
In der Berliner Ausstellung wurde dieser Aspekt unter anderem durch die Präsentation der aufwändig gefertigten Uniform von Victoria Luise (1892–1980), Tochter von Kaiser Wilhelm II., thematisiert.
Schwester mit sechs Brüdern
Die attraktive Victoria Luise war das jüngste Kind des Kaiserpaars, wodurch sie im besonderen Fokus der Öffentlichkeit stand. Sie wuchs mit sechs(!) Brüdern auf. Nach eigener Aussage war ihr „größter Kummer, dass sie kein Junge war“.
Ihr ältester Bruder Kronprinz Wilhelm war als Sportler ihr Idol. Am 24. Mai 1913 heiratete Victoria Luise Ernst August von Braunschweig, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Prinz von Hannover (das die Preußen im „Deutschen Krieg“ annektiert hatten). Ernst-August von Hannover (senior) ist ihr Enkel.
1910 ernannte der Kaiser die 18-jährige Prinzessin zum Chef des 2. Leibhusaren-Regiments.
Zuvor „gehörte“ es ihrer Großmutter, der „99-Tage-Kaiserin“ Victoria, Tochter von Queen Victoria.
Vorschriftsmäßig in Uniform gekleidet, meldete sich Victoria Luise bei ihrem natürlich auch mit einer Paradeuniform kostümierten Vater, der ihr die Ernennungsurkunde überreichte. Danach empfing sie zum ersten Mal die Offiziere ihres Regiments.
Zu den Kaisertagen 1910 in Danzig hatte Victoria Luise ihr Regiment dem Kaiser vorzuführen. Bei solchen Heerschauen saß Victoria bis zu fünf Stunden lang im Sattel.
Paraden, Paraden, Paraden
Neben Frühjahrsparaden, denen Victoria Luise nur vom Schloss aus zusah, standen Geburtstagsparaden für den Kaiser, Paraden am Sedanstag (2. September, zum Gedenken an Sieg von Sedan über die Franzosen 1870), Rekrutenvereidigungen durch den Kaiser, Paraden auf dem Tempelhofer Feld, Kaisermanöver etc. im preußischen Kalender.
Die Uniform galt allgemein als Ausdruck männlicher Stärke und sogenannter preußischer Tugenden wie Tapferkeit, Gehorsam und Pflichtbewusstsein.
Die besondere Art von höfisch-militärischer Repräsentation band in Preußen auch Königinnen und Prinzessinnen eng an die Armee.
Die Uniform Victoria Luises (Bild oben – ist eine Prinzessinnen-Variante der als besonders männlich geltenden schwarzen Husarenuniform. Geradezu ein Fetisch im Militarismus.
Sie besteht aus einem Rock, einer Attila (Jacke) mit geflochtenen weißen Schnüren. Zugehörig, aber nicht ausgestellt, sind ein mit Pelz besetzter Dolman (eine Art Cape) und eine Pelzmütze mit weißem Totenkopfsymbol.
Postkarten mit der Prinzessin
Auch wenn Victoria Luise nur selten die Gelegenheit erhielt, ihre Uniform zu tragen, wurden gerade diese Auftritte von ihr im Bild, vor allem als Postkarten, verbreitet.
Das Bild Preußens ist bis heute stark vom Image des Militärstaats geprägt. Uniform und Pickelhaube sind im kollektiven Gedächtnis fest mit Preußen verbunden. Tatsächlich war der preußische Hof frühzeitig stark von den Formen des Militärs bestimmt.
Auswärtige Besucher Berlins fanden es bemerkenswert, dass selbst weibliche Familienmitglieder der Hohenzollern sich öffentlich in Uniform zeigten und als Regimentschefs militärische Posten bekleiden.
So trugen gerade die Hohenzollern-Prinzessinnen zu dem Eindruck bei, die preußische Gesellschaft sei bis in den letzten Winkel durchmilitarisiert.
Von 1806 bis 1919 gab es in Preußen 28 weibliche Regimentschefs – eine europaweit einzigartige Erscheinung. Die prestigeträchtige Chef-Rolle von Königinnen, Prinzessinnen und Herzoginnen diente nicht nur zur engen Bindung der Armee an das Haus Hohenzollern.
Sie intensivierte auch dynastische Kontakte und diente zur Herrschaftsfestigung in Krisensituationen. Zwar eröffnete die Ehrenstellung als Regimentschef den Frauen neue Repräsentationsspielräume, ihre vorwiegend karitativ-sozialen Aufgaben blieben jedoch dieselben wie bisher.
Königin wird Dragoner-Chefin
Rückblick: 1806, mitten im Krieg gegen Napoleon, ernannte Friedrich Wilhelm II. seine Frau Luise, die klar Stellung gegen Frankreich bezog, zum Chef des Dragoner-Regiments Nr. 5, das fortan „Dragoner-Regiment der Königin“ genannt wurde.
Zur Abnahme der Parade trug Luise erstmals eine Uniform in blau mit roten Aufschlägen, Rabatten, silbernen Litzen und einem blauen Rock. Seit Luise galten alle Königinnen von Preußen als Chef des „Regiments der Königin“.
Elisabeth von Bayern war nach ihrer Krönung 1840 der nächste Chef des Regiments, das inzwischen Uniformen in Weiß und Rot trug. Elisabeth passte sich auch hier farblich an, zeigte allerdings in erster Linie ein soziales und finanzielles Engagement, das seit den Befreiungskriegen auch als Zeichen patriotischer Gesinnung galt.
1861 wurde Königin Augusta nicht nur Chef des Königin-Regimentes, sondern auch eines weiteren. Auch sie engagierte sich vor allem sozial und karitativ und kümmerte sich v. a. um die Versorgung der Familien von in Gefangenschaft geratenen Soldaten.
Die Königinwitwe und die Kronprinzessin erhielten ebenfalls ihre eigenen Regimenter.
Diese verstärkte Entwicklung der Regimentsverleihung ist nicht zuletzt vor dem sog. Preußischen Verfassungskonflikt zu sehen, in dem es um die Finanzierung einer Heeresform und ihrer Vergrößerung ging, die zwischen König und Parlament äußerst strittig war.
Königliche Regimenter aber konnten schwieriger aufgelöst werden, wodurch der Militärstaat erhalten blieb.
Quelle
Dieser Text ist weitestgehend eine Pressemitteilung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin/Brandenburg zur Ausstellung im Charlottenburger Schloss.
Das Original steht hier: „FRAUENSACHE: Eine Prinzessin in Uniform“