Der Bildhauer und Maler Not Vidal will dem Haus Hessen für acht Millionen Euro Schloss Tarasp im Schweizer Engadin abkaufen. Zurzeit wird der Kaufvertrag ausgearbeitet.
Am 13. September wird es dazu einen Volksentscheid geben. Das melden FAZ und NZZ. Das spektakulär gelegene Schloss bei Scuol (Schuls) gilt als Wahrzeichen der Region – und ist eng mit Deutschland verbunden.
Von 1900 bis 1916 gehörte es dem Dresdner Hersteller des Mundwassers Odol – danach dem Haus Hessen-Darmstadt.
Vidal, der aus der Nähe stammt, denkt über die Einrichtung eines Kunst- und Kulturzentrums in Schloss und Schlosspark nach.
Die Gemeinde will jährlich 200.000 Euro zum Betrieb des Schlosses beisteuern. 2003 hatten die Adeligen das sanierungsbedürftige Schloss noch für rund 31 Millionen Euro an den betuchten Käufer bringen wollen.
Der Kauf und die öffentliche Förderung können in der Urdemokratischen Schweiz allerdings nur nach einem Volksentscheid rechtskräftig werden. Dieser soll am 13. September stattfinden.
Das rätoromanisch „Chastè da Tarasp“ genannte Burgschloss zählt jährlich etwa 14.000 Besucher. Seine Wurzeln reichen in die Zeit um 1040, als Graf Ulrich I. auf dem 100 Meter hohen Hügel am Inn eine Burg errichten ließ-
1464 kam die ganze Grafschaft an das österreichische Haus Habsburg, woraufhin ein jahrhundertelanger Ärger begann. die Unterengadiner wollten nämlich keinen österreichischen Vorposten und drohten mit Belagerungen. Die Habsburger bauten die Burg im 16. Jahrhundert als Grenzfestung aus.
Es half nichts: 1612 stürmten Bündner Bürger die Burg und verwüsteten sie. 1625 folgte dann ein Brand nach einem Blitzschlag. Aber Tarasp blieb auch nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs Habsburgisch (und damit katholisch). Von diesen Zeiten kündet noch die großformatige Inschrift „Hie Estereih“.
Das österreichische Wappen auf den Schlossmauern und die Inschrift „Hie Estereih“.
Erst mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs 1803 mussten die Habsburger ihrer letzte Enklave in der helvetischen Republik räumen.
Damit hatte die Burg ihre strategische Bedeutung freilich verloren und verfiel nach Auszug der letzten Bewohner 1815. Der Kanton Graubünden verkaufte die heruntergekommene Anlage an Privatleute.
Die Besitzer wechselten mehrfach. Im Jahr 1900 kaufte der Dredsdner Industrielle Karl August Lingener („Odol“) die Burg. Er ließ sie jahrelang im damals (und heute wieder) schwer angesagten Stil des Historismus renovieren. In der Waffenkammer wurde eine Konzertorgel eingebaut und auf dem Schlosshügel ein Park angelegt.
Nach seinem Tod 1916 fiel das Schloss an den Großherzog von Hessen-Darmstadt. Dessen Erben hatten seit Jahren gehofft, dass der Verkauf an eine Stiftung für ca. 15 Millionen Euro zustande kommen würde. Das klappte aber nicht.
Weiterlesen:
Peter Jankowsky schreibt in der Neuen Zürcher Zeitung: „Schloss Tarasp: Künstler Not Vital will Wahrzeichen kaufen“
Für die FAZ berichtet Jürgen Dunsch: „Haus Hessen verkauft sein Schweizer Schloss“