Die Schweizer sind erfinderisch. Was macht man zum Beispiel mit einer eingebunkerten Artilleriestellung auf 2050 Meter Höhe im Gotthard-Massiv, wenn weder Deutschland noch Italien (und nicht einmal russische „Freiwillige“) Interesse zeigen, den strategisch wichtigen Alpenpass zu okkupieren?
Nun, man spart sich die Fränkli zum Unterhalt der 200-Mann-Besatzung (1999 passiert) und macht aus der Festung San Carlo das schicke Seminarhotel La Claustra („das Kloster“). Die Idee hatte der Künstler Jean Odermatt.
Hotel unter neuer Leitung
Eine Stiftung hat circa fünf Millionen Franken in den Umbau der Bunker in ein Vier-Sterne-Erlebnishotel investiert – und ging prompt daran zugrunde.
Nach mehreren Insolvenzen angesichts enormer Betriebskosten und eingeschränkter Öffnungszeiten (Anfang Mai bis Ende Oktober) hat sich das Hotel mit seinen 17 Zimmern für 30 Gäste nun unter der neuen Leitung stabilisiert.
Inzwischen hat der Unternehmer Rainer Geissmann in dem Labyrinth aus Stollen und Kavernen das Sagen.
Verlorengegangen sei hier unten noch kein Gast. Es könne höchstens sein, dass sich einer bis zum Weinkeller verlaufe (die Armee hat 2000 Weinflaschen hinterlassen).
Das Bunkererlebnis wird auf der Hotel-Website so angepriesen:
„Heute sind betuchte Menschen bereit, viel zu bezahlen, um im Berg, wo nur Fels, Licht und Wasser sind und kein Handyempfang und kein Fernsehgerät, reduziert auf das Wesentliche, zusammenkommen, sich austauschen, Visionen zu entwickeln und sich zur Gemeinschaft formen“
Der Artilleriebunker San Carlo verfügte über als Felsen getarnte 10,5-cm Geschütze, die erhalten sind sowie über diverse Maschinengewehre und Granatwerfer.
Die San-Carlo-Position war als Unterstützungsstellung der eigentlichen Gotthardfestung konzipiert. Diese liegt im Berg gegenüber und kann im Sommer besichtigt werden.
Mehr zu schweizerischen Bunkern hier im Blog: „Festung Ebersberg: Wo die Schweizer Hitlers Wehrmacht stoppen wollten“
Weiterlesen:
Die Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts hat einen langen Text zum Projekt La Claustra gebracht, aber auf jegliche Bebilderung verzichtet (vermutlich soll so die Fantasie der Leser angeregt werden. Außerdem sind verlassene Bunker bekanntlich eh dunkel): „Hotel-Festung unter den Felsen“
Hintergründe zur Versteigerung der Festung gibt die Neue Zürcher Zeitung (Artikel aus Dezember 2012): „Festungshotel hat wieder eine Zukunft“
Die Website des Seminarhotels
Die NZZ berichtet auch im Video über das Bunkerhotel:
Lage der schweizerischen Festung oberhalb des St. Gotthard-Tunnels: