Im leer stehenden Schloss Schenkendorf in Brandenburg hat es am Montag gebrannt. Die Feuerwehr aus Mittenwalde brauchte 1,5 Stunden, um die Flammen zu löschen. Das meldet die Märkische Allgemeine.
Über Schäden in dem 46-Zimmer-Anwesen wurde zunächst nichts bekannt.
Das neoklassizistische Schloss 15 Kilometer südlich von Berlin hat vor allem unter Freunden von Vampirgeschichten Berühmtheit erlangt. 1995 hatte der schillernde Ottomar Rodolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco das Schloss gekauft.
Er war der – nach eigenen Angaben – letzte Träger des Namens des legendären transsylvanischen Fürstengeschlechts, das sich seit nunmehr 45. Generationen mit einem hartnäckigen Imageproblem herumschlägt.
Vlad Dracula auf Schloss Dracula
Jedenfalls kostete Vlad Dracula Prinz Kretzulesco den vampirischen Klang seines Namens reichlich aus. Der Juwelier und CDU-Kreistagsabgeordnete benannte das Anwesen in flugs „Schloss Dracula“ um.
Er veranstaltete dort Ritterspiele, Mittelaltermahle, Ausstellungen und sogar Blutspendepartys zugunsten des DRK.
Auch ein übertrieben weiß geschminkter Vampirdarsteller gehörte zum Programm. Er tauchte traditionell auf, indem er knarrend den Deckel eines Sarges öffnete.
Dabei soll er sehr überzeugend gewesen sein. Zu überzeugend: „Als eine amerikanische Besucherin daraufhin einen Herzinfarkt erlitt, wurde der Programmpunkt jedoch gestrichen“, schrieb In-Berlin-Brandenburg.com.
Auch musikalisch betätigte sich Schlossherr Prinz Dracula szenetypisch düster: mit einem Gastauftritt als Co-Sänger bei der Band Corvus Corax.
Mit bürgerlichem Namen hieß der 2007 verstorbene Schlossbesitzer übrigens Ottomar Berbig. Er war ein waschechter Berliner mit Sinn für Tourismus-Förderung.
Adeliger Name durch Adoption
Berbig hatte sich von der letzten Trägerin des geschichtsträchtigen Namens adoptieren lassen, einer 96-jährigen Rumänin.
Leider reichten der gruselige Ruf des Vlad-Tepes-Nachfahren und viele gute Ideen am Ende nicht aus: 2006 wurde das Schloss mitsamt Orangerie, Biergarten, Pförtnerhäuschen und großzügigem Park unter Zwangsverwaltung gestellt.
Im Oktober 2009 folgte die Zwangsversteigerung für 268.000 Euro an eine Dresdner Vermögensverwaltungsgesellschaft.
Im Schloss stecken aber noch mehr Geschichten: Bauherr war 1896 der liberal-konservative Berliner Verleger Rudolf Mosse, der es als Sommersitz nutzte. In seinem Zeitungskonzern erschienen u.a. das renommierte Berliner Tageblatt unter Chefredakteur Theodorf Wolff, die Berliner Morgenzeitung und der satirische Ulk.
Bis zu seinem Tod stand Mosse in scharfem Gegensatz zu den reaktionär-antisemitischen Kräften um Medienunternehmer Alfred Hugenberg, denen Erfolg und politische Einstellung des Juden Mosse nicht passten.
Schenkendorf wurde eine Begegnungsstätte für Intellektuelle, Politiker und Wissenschaftler. Der Verleger starb hier 1920 an einem Herzschlag.
Schloss-Rückgabe nach 1990
Familie Mosse wurde durch die Nazis enteignet. Die DDR gab den Besitz nicht zurück, sondern nutzte ihn durch die Nationale Volksarmee. Erst nach der Wiedervereinigung erhielt ein Mosse-Enkel die Anlage zurück. Er verkaufte sie 1995 an den „Dracula-Verwandten“.
Zurzeit ist das Tor verrammelt. Das Schloss wird nicht genutzt. Daher deutet vieles auf Brandstiftung hin. Nicht dass noch das Gerücht aufkommt, es steckte die Rache eines untoten Dracula-Prinzen dahinter…
Die dpa verbreitet die Geschichte bundesweit (hier via „B.Z.“): „Brand im Schloss eines Dracula-Nachfahren“
Der MDR drehte 2004 einen Beitrag über Schloss Schenkendorf:
Hier ein Videoreport vom Draculaschloss-Tor von 2013: