Bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts war eine Schiffsreise auf dem Mittelmeer mit dem stets präsenten Risiko verbunden, dieselbe auf den Sklavenmärkten von Algier, Tunis oder Tripolis zu beenden.
In den nordafrikanischen Häfen lauerten dutzende leichte Piraten-Galeeren, bereit, die voll beladenen Handelsschiffe auf den Seewegen zwischen den christlichen Mittelmeer-Anrainern abzufangen.
Ein Stützpunkt der Piraten war das beschauliche Hammamet an der Küste des heutigen Tunesien, heute ein Touristen-Mekka mit garntiert badewannenwarmem Mittelmeer vor der Tür. Eine erste Befestigung entstand hier bereits im 9. Jahrhundert.
Unter dem Hafsiden-Herrscher Uthman wurde sie um 1463 bedeutend erweitert. Die Mauern der Festung (Kasbah) hatten nun die Außenlänge von jeweils etwa 50 Metern. Auch die restliche Altstadt war (und ist) mit einer Mauer umgeben.
Dummerweise waren inzwischen durchschlagskräftige Feuerwaffen erfunden worden, weswegen die Anlage grundlegend umgebaut und mit Kanonenplattformen ausgerüstet werden musste.
Statt sich auf massive Steinmauern zu verlassen, die bei Beschuss zersplitterten, setzte man auf Wälle aus festgestampftem Sand, gestützt von Mauerwerk.
Da blieben die Kanonenkugeln erst mal stecken, und den Verteidigern flog nur noch der Sand um die Ohren.
Die Mauern sind 12,50 Meter hoch und vier bis sechs Meter dick. Um 1610 sollen in dem Geviert 60 Mann stationiert gewesen sein.
Interessant wurde es hier in letzten Drittel des 17. Jahrhunderts.
Putsch ging schief
Der Militärbefehlshaber (Dey) von Tunis, Ali Laz, erhob sich gegen den Statthalter des türkischen Sultans Bey Murad und versuchte, die Macht an sich zu reißen.
Das Ganze ging ordentlich schief. Und türkische Statthalter verstanden damals auf diesem Gebiet keinerlei Spaß.
Ali Laz ging angeblich nach Hammamet ins Exil. Nach anderen Quellen wurde er hingerichtet. Ich halte ja letzteres für glaubhafter.
Seine letzte Ruhe fand er ab 1673 in der Festung. Sein Putschversuch sollte nicht der letzte gewesen sein.
Wenige Jahre später, 1705, wurden die Muradiden durch einen Militäraufstand gestürzt.
Ali Laz‘ Grabnachbar im Innenhof ist übrigens Sidi Bou Ali, ein Teilnehmer am „Heiligen Krieg“ gegen die Christen des 15. Jahrhunderts. Sein Grabmal hat sich erhalten – im Gegensatz zu dem des Putschisten.
Im 18./19. Jahrhundert standen auf den Festungsmauern 20 großkalibrige Kanonen. Eine bedeutende Garnison hielt potenzielle Invasoren auf Abstand.
Nach dem Ende der Piraterie um 1830 verfiel das Fort. Heute präsentiert es sich allerdings gut restauriert mit einem kleinen Andenken-Laden im baumbestandenen Innenhof.
Man kann auf die erhöhte Artillerieplattform hinaufsteigen und auf den breiten Mauern herumschlendern.
Nicht wundern: Irgendwie haben viele Besucher leider Spaß daran gefunden, ihre Namen in die Innenseite der Mauern zu ritzen, die von Einkerbungen nur so übersäht sind.
Die Sanierung hat sich auch deshalb gelohnt, weil man von hier den besten Blick über eine Reihe blendend weißer Dächer und Kuppeln hat, die sich vor das tiefblaue Meer schieben.
Ich empfehle daher die Nebensaison…
PS: Ich war vor der Revolution da. Die Stadt hat die Absetzung der kleptokrtischen Ben-Ali-Clique wohl ganz gut überstanden und ist weiter eine Reise wert.
Links: Wikipedia-Eintrag zu Hammamet
Literaturtipp zur Piratengeschichte in der Region: Salvatore Bono, Piraten und Korsaren im Mittelmeer, Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert, Stuttgart 2004/2009
Fotos: Burgerbe.de(Anklicken zum Vergrößern)